Neidenstein: Herzen schlagen für alte Gemäuer

Sanierungsprogramm eine kleine Erfolgsgeschichte - Leidenschaft und handwerkliches Geschick gefragt

28.06.2013 UPDATE: 28.06.2013 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden
Albrecht Huge (rechts) zeigte Bürgermeister Frank Gobernatz den Schober in seinem Hof, den er fachgerecht wieder herstellen möchte. Foto: Jürriens
Neidenstein. (bju) 2015 läuft das Landessanierungsprogramm aus. "Bisher eine echte Erfolgsgeschichte", freut sich Bürgermeister Frank Gobernatz über die Fördergelder, die sich aus 60 Prozent Finanzhilfe vom Land und 40 Prozent Eigenanteil der Gemeinde zusammensetzen. Seit Beginn im Jahr 2007 sind 39 öffentliche und private Projekte mit rund 1,7 Millionen Euro gefördert worden, so die Info von der Stadtentwicklung STEG. Mehr als 1,5 Millionen Euro an privaten Gesamtinvestitionen seien bei den abgeschlossenen Modernisierungsverträgen geflossen.

"Auch die regionalen Handwerksbetriebe profitieren von den Geldern", weiß Gobernatz. Neben der Gemeindehalle und den dazugehörigen Parkflächen seien auch immer mehr alte Häuser von ihren Eigentümern saniert worden. Historische Bausubstanz, die den wesentlichen Charme und Charakter des Burgdorfs ausmachen und vor allem in dem 12,5 Hektar großen Sanierungsgebiet mit Altort reichlich vorhanden ist.

"Ohne die Fördergelder wäre das in diesem Zeitrahmen und auch in diesem Umfang nicht möglich gewesen", lautet die einhellige Meinung von drei Neidensteinern, die sich mit Häusern aus dem 18. bzw. 19. Jahrhundert in das Wagnis Sanierung gestürzt haben. Einer von ihnen ist Sascha Ihrig. "Dort oben", sagt er und zeigt in Richtung Epfenbacher Berg, "hätte ich auch ein neueres Haus kaufen können. Aber ich bin ein Altortkind und wollte hier nicht weg."

Im Mai 2010 hatte er das Haus, Baujahr 1879, in der Daisbacher Straße erworben. "Viele Bekannte hatten mit dem Kopf geschüttelt, als sie davon erfuhren", erinnert er sich. Doch der Landschaftsgärtner ließ sich nicht beirren und steckte von Beginn an viel Herzblut in das Projekt. Der 36-jährige entkernte die ehemalige Wäscherei und entwickelte während der Sanierung die Ideen zum Umbau. Für ihn ist wichtig, dass das Alte und das Moderne harmonieren. Ein Durchbruch zur nebenstehenden Scheune weist auf zukünftige Ausbauten hin. "Der Kalkputz ist großartig und erzeugt ein wunderbares Klima im Haus." Seit April wohnt Ihrig hier mit seiner Freundin und schmiedet gerade Pläne für einen kleinen Garten und für den Innenhof, "der den ganzen Tag Sonne hat." Saniert hätte er auch ohne LSP-Gelder, aber dadurch hatte er gerade qualitativ ganz andere Möglichkeiten.

Die hat auch Albrecht Huge genutzt. Galgenbuckel 1, nicht gerade ein einladender Straßenname, aber seit dem Huge hier Hand angelegt hat, bleibt auch der eine oder andere Spaziergänger stehen und staunt über das Anwesen. "Es ist schön, wenn man positive Rückmeldungen bekommt. Das motiviert." Das große alte Scheunentor habe er aus Waibstadt bekommen, zeigt er stolz auf das dunkel-braune Holz, das die neue weiße Fassade noch heller erscheinen lässt. Einiges musste er dabei zurechtstückeln, aber mit dem Ergebnis sei er zufrieden.

Auch Huge ist ein Visionär, wenn es um sein Haus, einem ehemaligen landwirtschaftlichen Hof aus dem Jahr 1796, geht. Huge schwärmt von den alten Eichenbalken des "Schobers", den er selbstständig wieder "gerade gestellt" habe. Die dreistündige Aktion sei spannender als jeder Tatort gewesen, erzählt er. "Alles ohne Schrauben und dennoch stabil."

Keine 250 Meter weiter in der Neuen Straße findet man das Haus von Ralf Scholl aus dem Jahr 1887. LED - Licht und Eichenbalken verweisen auch hier auf die Mischung von "modern und traditionell." Seit 2008 sanieren vor allem sein Vater und er selbst das Haus, das einst seinem Großvater gehörte. Wie ein Rohbau habe das Haus nach der Entkernung ausgesehen. "Die Fördergelder haben vieles vereinfacht", zeigt er sich zufrieden und lobt auch die problemlose Zusammenarbeit mit der STEG. In diesem Jahr soll noch eingezogen werden, fiebert Scholl doch ein wenig diesem Ziel entgegen, auch wenn der bekannte Werbespruch "Es gibt immer was zu tun" auch hier zutrifft. Leidenschaft, praktischer Sachverstand, handwerkliches Geschick und etwas Mut und Verrücktheit seien gute Voraussetzungen für den Kauf eines alten Hauses, so die drei unisono.

Den enormen Zeitaufwand und die nervliche Belastung, die dann doch ab und zu auftritt, dürfe man aber nicht vergessen. "Aber es lohnt sich", sagt Huge stellvertretend für die anderen. Eine weitere schöne Erfahrung machen sie gerade mit älteren Einwohnern, mit denen sie ins Gespräch kommen. "Irgendjemand kennt immer einen, der hier schon gewohnt hat und freut sich dann, dass das historische Gebäude erhalten bleibt."

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