Prozess in Sinsheim

Epfenbacherin schlug wohl nicht mit dem Hammer auf den Freund ein

Verfahren wegen schwerer Körperverletzung endet mit Freispruch - Angeklagte und Geschädigter machten unterschiedliche Angaben - "Beweislage reicht nicht aus"

18.06.2020 UPDATE: 19.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Das Amtsgericht in Sinsheim. Foto: Barth

Epfenbach/Sinsheim. (fro) Mit einem Hammer soll eine 25-jährige Epfenbacherin ihrem damaligen Freund während eines Streits geschlagen und verletzt haben. Zuvor soll an dem Januarmorgen dieses Jahres eine von ihr geworfene Glasflasche den Mann nur knapp verfehlt haben. Gefährliche Körperverletzung lautete die Anklage der Staatsanwaltschaft bei dem Verfahren, das jetzt vor dem Sinsheimer Amtsgericht verhandelt wurde.

"Ich habe nicht mal einen Schraubenzieher", verteidigte sich die junge Frau, die ohne einen Anwalt erschienen war, vor Richterin Husmann. Sie stritt alle Vorwürfe ab. Da sie zwei kleine Kinder habe, lägen Werkzeuge in ihrer Wohnung sowieso nicht herum. Laut der Schilderung der Angeklagten sei es schon am Vorabend zu einem Streit mit ihrem Ex-Freund gekommen. Der habe nicht gewollt, dass sie bis spätabends ihrem Job in der Gastronomie nachgehe, weil er sich sonst um die Kinder, die die Frau mit einem anderen Mann hat, hätte kümmern sollen. Dies habe er aber nicht gewollt, sagte der Geschädigte, der später als Zeuge aussagte.

Die Frau sprach davon, am nächsten Morgen von dem Mann geschubst worden zu sein. Zu dem erneuten Streit war es gekommen, weil sich die Frau dann trennen wollte. Dies habe der Mann aber nicht akzeptiert. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau auch seit "ein paar Wochen" schwanger, habe das Kind dann allerdings nicht ausgetragen. Während des Streits habe ihr Ex-Freund auf ihr gelegen und sie habe sich mit Händen und Füßen gewehrt, sagte die Frau. Dabei sei dann die Glasflasche vom Küchentisch auf den Boden gefallen und zersprungen. Wie die Verletzungen des Mannes zustande kamen, wisse sie nicht. Ein Messer habe sie nicht in der Hand gehalten, antwortete sie auf Nachfrage der Richterin. Das sei "jetzt ein bisschen schwierig, weil Sie was völlig anderes" als in der Anklageschrift sage, konstatierte die Richterin.

Auch der Geschädigte hatte eine eigene Version der Ereignisse, die ein Dolmetscher übersetzte. Man habe gestritten "wie eine Familie". Wegen ihrer Schwangerschaft, vermutete der Geschädigte, sei seine Ex-Freundin "nicht so normal" gewesen. Einem Flaschenwurf sei er ausgewichen, dann habe er die Scherben aufsammeln wollen. Dabei habe die Frau ihm mit einem Hammer auf den Oberkörper geschlagen.

Am nächsten Tag habe er dann große Schmerzen gespürt und sei im Krankenhaus behandelt worden. Schmerzmittel habe er nicht genommen. Die Frau habe er nicht angegriffen oder geschlagen, er habe lediglich "heftig" ihre Arme festgehalten, um ihr den Hammer wegzunehmen.

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Bei der Polizei hatte der Mann zunächst von einem Messer gesprochen. Dies bestritt er vor Gericht allerdings – es könnte sich um einen Übersetzungsfehler handeln, mutmaßte er. Die Anzeige hatte er mit einem Bekannten aufgegeben, der besser Deutsch könne. Die Frau sei bei dem Gerangel auf den Boden gefallen. Er habe sich, als er dann die Wohnung verlassen habe, aber noch erkundigt, ob alles okay sei. Er habe sie auch gar nicht anzeigen wollen, das habe er erst getan, nachdem er von der Anzeige der Frau erfahren habe.

Am Ende wurde die Frau freigesprochen. Trotz der Aussagen der beiden Polizisten aus Waibstadt und Sinsheim, die die Anzeigen aufgenommen hatten, ergab sich für Staatsanwältin und Richterin kein schlüssiges Bild der Tat. Es stehe "Aussage gegen Aussage", weshalb die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer den Tatvorwurf zurückzog. Die Richterin begründete den Freispruch damit, dass die Frau den Streit "glaubwürdig geschildert" habe. Der Geschädigte habe jedoch "nicht plausibel" argumentiert. "Die Beweislage reicht hier einfach nicht aus."

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