Oberbürgermeisterwahl Weinheim

Offiziell! Fridi Miller geht gegen Wahlsieg von Just vor

Kandidatin legt Einspruch ein – Just will nicht Amtsverweser werden – Fetzner muss wohl Amtsgeschäfte übernehmen

21.06.2018 UPDATE: 21.06.2018 17:00 Uhr 2 Minuten, 58 Sekunden

Fridi Miller (parteilos). Fotos: Alex/privat

Von Philipp Weber, Matthias Kehl und Annette Steininger

Weinheim/Hirschberg. Uwe Herzel machte es am Donnerstagmittag offiziell: "Der Einspruch ist uns fristgerecht zugegangen. Er wird nun geprüft", sagte der Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe im RNZ-Gespräch. Fridi Miller (48) hat ihren Ankündigungen Taten folgen lassen. Die mit 0,23 Prozent Stimmenanteil gescheiterte Kandidatin hatte bereits kurz nach der Weinheimer OB-Wahl am 10. Juni angekündigt, den haushohen Sieg des amtierenden Hirschberger Bürgermeisters Manuel Just (68,4 Prozent) nicht anzuerkennen.

Sie wirft ihm im Zusammenhang mit einem Schreiben an Erstwähler Verstöße gegen die seit 25. Mai geltende Datenschutzgrundverordnung vor - und macht darüber hinaus weitere Kritikpunkte wie "Wahlmanipulation" geltend.

Aufgrund von Millers Vorgehen wird Just sein Amt wohl nicht wie geplant am 13. August antreten können. Damit bleibt er den Hirschbergern vorerst als Bürgermeister erhalten. Denn er werde nicht für die Rolle des Amtsverwesers in Weinheim zur Verfügung stehen, teilte er gestern mit. Der Grund: Ihm und seiner vierköpfigen Familie drohen erhebliche versorgungsrechtliche Risiken.

Manuel Just ist als amtierender Bürgermeister der Gemeinde Hirschberg seit elf Jahren Beamter auf Zeit: "Ab zwölf Jahren erhält man versorgungsrechtliche Ansprüche", erklärt er. Mit Annahme der Amtsverweser-Position würde Just also das Risiko eingehen, besagte Ansprüche zu verlieren.

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Manuel Just. Foto: Kreutzer

Just wäre angesichts des klaren Wählervotums gerne auch als Amtsverweser angetreten - und hätte in dieser Position die endgültige Klärung von Millers Einspruch abgewartet. Er habe bereits damit gerechnet, erklärte er. So habe er mit dem Rechtsaufsichtsbehörden sowie dem Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg die Voraussetzungen für eine Rolle als Amtsverweser geprüft.

"Leider mit ernüchterndem Ergebnis, ich bin auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen", so ein hörbar enttäuschter Just. Denn: "Der Wechsel zwischen zwei Dienstherren - der Kommune Hirschberg und der Stadt Weinheim - sowie die Tatsache, dass ich bereits Beamter auf Zeit bin, unterscheidet mich von anderen Bürgermeistern, die in solchen Fällen die Möglichkeit des Amtsverwesers wahrnahmen."

Bei einem theoretisch möglichen Erfolg von Millers Wahlanfechtung müsste neu gewählt werden - mit neuen Kandidaten und einem ungewissen Wahlergebnis. Er könne als verantwortungsvoller Familienvater keinen derart unsicheren Wechsel auf die Zukunft eingehen, betonte Just im Gespräch.

Die Wahlanfechtung kann auch gravierende Auswirkungen auf Hirschberg haben. Denn ob der von der Verwaltung anvisierte Termin für die Bürgermeisterwahl, 7. Oktober, gehalten werden kann, steht in den Sternen.

Wie Hauptamtsleiter Ralf Gänshirt auf RNZ-Anfrage sagte, wird der Hirschberger Gemeinderat daher auch nicht, wie ursprünglich geplant, am kommenden Dienstag über den Wahltermin entscheiden.

RP-Sprecher Herzel konnte und wollte gestern keine Angaben machen, wie lange seine Behörde für die Bearbeitung von Millers Einspruch braucht. Die sachliche Bearbeitung übernehme das Referat "Kommunales". Die Dauer des Verfahrens hänge vom Inhalt der Kritikpunkte ab - und davon, wie viel Recherchearbeit nötig ist, um diese zu prüfen.

Sollte das RP den Einspruch ablehnen, hat Miller die Möglichkeit, "binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlprüfungsbescheids" Anfechtungsklage zu erheben. Zuständig wäre dann das Verwaltungsgericht in Karlsruhe.

Die aktuelle Stadtspitze Weinheims akzeptiert Justs Entscheidung, heißt es in einer Pressemitteilung. "Das ist sachlich und persönlich absolut nachvollziehbar und richtig", so der amtierende OB Heiner Bernhard (60, SPD).

"Dass OB Bernhard nicht als Amtsverweser zur Verfügung stehen wird (auch das wäre rechtlich möglich, Anm. d. Red.), hat er bereits vor dem OB-Wahltermin mitgeteilt. Das ist auch dokumentiert", teilt Stadtsprecher Roland Kern mit.

Damit bleibt nur eine Alternative: Erster Bürgermeister Torsten Fetzner nimmt - ganz im Sinne der Gemeindeordnung - seine Position als Erster Beigeordneter und ständiger Stellvertreter des OB wahr.

"In dieser Funktion wird er die Amtsgeschäfte des Oberbürgermeisters übernehmen und dem Rathaus vorstehen, bis die OB-Wahl Rechtskraft erlangt", so die Mitteilung der Stadt. Fetzner hätte dann alle Befugnisse des Oberbürgermeisters, allerdings keinen Sitz und keine Stimme im Gemeinderat.

"Die Übernahme der Amtsgeschäfte sehe ich für meine Person als unproblematisch an" erklärte Fetzner. Als ständiger Vertreter des OBs habe er diese Rolle schon öfter einnehmen müssen "und, wie ich denke, auch ordentlich erledigt". Trotzdem hoffe er auf eine baldige rechtliche Klärung von Millers Einspruch.

Zu ihrem Verhalten wollte Fetzner nicht viel mehr sagen, außer dass dies "Millers gutes Recht" sei - unabhängig von den Erfolgsaussichten ihres Vorgehens. Stadtsprecher Kern wiederum will klargestellt wissen, "dass die Wahl aus Sicht der Stadt ordnungsgemäß und rechtskonform vonstattengegangen ist". Die Behandlung dieses Falls obliege aber nun dem RP.

Eine grundsätzliche Anmerkung kann sich die amtierende Stadtspitze allerdings nicht verkneifen: "Wir halten es für für bedenklich, dass unser Rechtsstaat eine Wahlanfechtung in dieser Form überhaupt zulässt." Insbesondere wenn sie von einer Kandidatin komme, die völlig aussichtslos abgeschnitten hat. "Das kostet den Steuerzahler Geld und kann nicht im Sinne unserer Demokratie sein!"

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