Stadtsprecher Michael Ullrich im Spiegelsaal, wo die letzten Restaurationsarbeiten laufen. Foto: Geschwill
Von Sabine Geschwill
Leimen. Die Arbeiten im "schönstem Zimmer der Stadt", dem Spiegelsaal im historischen Rathaus, nähern sich ihrem Abschluss. "Derzeit werden der Boden des Saals noch aufgearbeitet und letzte Arbeiten in den angrenzenden Zimmern erledigt", sagt Leimens Pressesprecher Michael Ullrich. Er rechnet hierfür mit maximal zwei Wochen. Dann wird eingeräumt und der Saal kann wieder genutzt werden. Das bedeutet: Der Spiegelsaal im um das Jahr 1800 errichteten klassizistischen "Palais Seligmann", das seit 1871 in Leimen als Rathaus genutzt wird, steht dann auch wieder – unter Berücksichtigung der Corona-Auflagen – für standesamtliche Trauungen und Empfänge zur Verfügung.
Der prächtige Saal mit seinen Gemälden, Kaminen, der kunstvollen Stuckgestaltung und Wandbespannung ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. Den großen Barockspiegeln hat er seinen Namen zu verdanken. Um den denkmalgeschützten Spiegelsaal vor Schäden zu schützen, war es nötig geworden, neben den Gemälden mit Motiven aus der griechischen Mythologie auch die textile Wandbespannung zu restaurieren. Im Zuge der Elektrosanierung des Rathauses wurden gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege bei einer Befunduntersuchung die notwendigen Konservierungsmaßnahmen festgestellt.
Das Herzstück des vor über 200 Jahren von Aron Elias Seligmann erbauten Palais wurde dann parallel zur Elektrosanierung des historischen Rathauses umfassend restauriert. Unter der Leitung von Diplom-Restauratorin Christiane Böke machte sich ein Team freischaffender Restauratoren verschiedener Fachgebiete an die Arbeit. "Die Restauratoren haben in den zurückliegenden Monaten Großartiges geleistet", lobt Ullrich.
Seit November 2019 wurde an der Restaurierung des Saales gearbeitet. Die Wandbespannungen und Gemälde wurden ausgebaut, sorgsam gereinigt, Risse ausgebessert, Deformationen geglättet, Fäden zur Ergänzung größerer Flächen eingewebt und Einzelfäden verklebt. Auffällige Retuschen wurden entfernt und in fachgerechter Arbeit ersetzt. Löcher wurden sorgsam gekittet und sogar Lichtschalter, die in früheren Jahren ohne Rücksicht auf die Kunst in die Wandbespannung eingebaut worden waren, verschwanden. So wurde der Originalzustand wiederhergestellt. Für Schäden jeder Art wurde eine professionelle Methode zur Ausbesserung angewandt.
"Das Konzept der Konservierung und Restaurierung zielte darauf ab, Schäden zu beheben und den Bestand zu erhalten", erklärt der Stadtsprecher. Vom bisherigen Resultat ist Ullrich begeistert. Er bietet übrigens regelmäßig Führungen im historischen Rathaus an und schlüpft dabei in die Rolle des Erbauers Aron Elias Seligmann. "Interessant sind neue Befunde, die sich durch die Arbeiten ergeben haben", erklärt er.
Durch den Ausbau der Gemälde kam unter der Wandbespannung die ursprüngliche Raumgestaltung zum Vorschein: Mintgrüne Felder mit weißen Stuckrahmungen wurden sichtbar. Die Felder zeigen jedoch starke Setzrisse und Wasserschäden. Denkbar ist laut Ullrich, dass der Saal aus diesem Grund womöglich anlässlich eines Familienfestes renoviert und mit der heutigen Wandbespannung versehen wurde. Hierfür kämen zwei Hochzeiten von Töchtern des Hauses infrage, die nachweislich 1802 und 1815 stattfanden, weiß der Stadtsprecher.
Der Mannheimer Maler Peter Ferdinand Deurer schuf die Gemälde im Spiegelsaal, die allesamt der griechischen Mythologie entstammen. Bei näherer Betrachtung dieser Werke wurde deutlich, dass offensichtlich bei einer vorherigen Restaurierung des Saales die über den Kaminen hängenden Bilder vertauscht wurden: Sie zeigen das Zwillingspaar Castor und Pollux sowie die Geschwister Kaunos und Byblis. "Das hat man an der Licht- und Schattenführung der Bilder festgestellt", erklärt Ullrich. Nachdem sie gereinigt und ausgebessert worden waren, wurden nun alle Gemälde wieder an ihrem ursprünglich zugedachten Platz aufgehängt.
Für die fachgerechte Konservierung des Spiegelsaals und seiner Gemälde hatte der Gemeinderat einstimmig 120.000 Euro bewilligt. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt das Vorhaben mit 30.000 Euro aus Mitteln der Lotterie Glücks-Spirale. "Wir haben dankenswerter Weise noch einen Zuschuss über 37.540 Euro vom Landesamt für Denkmalpflege erhalten", informiert der Stadtsprecher. Ob die Gelder die Gesamtkosten der umfangreichen Arbeiten decken werden, kann Michael Ullrich derzeit noch nicht sagen: "Momentan werden die Schlussrechnungen gestellt. Daher wissen wir noch nicht, wie viel es letzten Endes geworden ist."