Kaum jemand kommt hier derzeit heraus oder herein: das Seniorenheim „Rheinblick“ in Nußloch. Foto: Alex
Von Lukas Werthenbach
Nußloch. Insbesondere Senioren trifft die Corona-Krise hart: Ab dem Alter von 60 Jahren steigt laut Robert Koch-Institut im Fall einer Covid 19-Infektion die Gefahr eines "schweren Krankheitsverlaufs". Entsprechend scharfe Einschränkungen werden für ältere Menschen empfohlen und teilweise angeordnet. Im Seniorenheim "Rheinblick" etwa gilt seit dieser Woche ein generelles Besuchsverbot. Umgekehrt sollen auch die 78 Bewohner mit einem durchschnittlichen Alter von 83 Jahren das Grundstück in den nächsten Wochen nicht mehr verlassen.
In normalen Zeiten ist das Haus Rheinblick in der Hauptstraße stets frei zugänglich: Bis vor Kurzem öffneten sich die Schiebetüren tagsüber automatisch für jeden, der davor stand. Jetzt nicht mehr. "Für uns war das eine schwere Entscheidung, weil wir in der Regel ein Konzept der offenen Häuser praktizieren", sagt Alexandra Heizereder, Pressesprecherin der Evangelischen Heimstiftung. Die Firma betreibt 87 Pflegeheime in Baden-Württemberg, darunter auch das Haus Rheinblick. "Nur noch Mitarbeiter, Ärzte, Seelsorger und der Hospizdienst kommen nach Absprache mit der Hausdirektion rein", so Heizereder. "Ausnahmen für einzelne Angehörige können wir zum Beispiel bei Sterbebegleitung genehmigen." Doch selbst hier gelte die Einschränkung, dass dies nicht für etwaige Besucher in Betracht käme, die sich in den vergangenen vier Wochen in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten hätten.
"Die allermeisten Bewohner haben Verständnis dafür", berichtet Heizereder nach ersten Gesprächen mit den Leitungen der Häuser in ganz Baden-Württemberg. Viele Senioren hätten gefragt, ob denn nun auch ihre Fußpflege- und Friseurtermine ausfielen. "Darauf müssen sie jetzt erst mal verzichten", laute dann die Antwort.
Doch auch die Senioren sollen das Haus Rheinblick nun nicht mehr wie gewohnt verlassen. "Natürlich dürfen sie raus in den Garten unserer Einrichtung", erklärt Heizereder. "Aber wir wollen möglichst jeden Kontakt der Bewohner mit der Außenwelt vermeiden." Ein Ausflug in den Supermarkt oder in einen nahe gelegenen Park sei demnach nicht erlaubt. Zumindest "soweit man die Freiheit einschränken kann", ergänzt "Rheinblick"-Direktorin Sandra Pfeifer auf Nachfrage: "Es handelt sich letztlich um Mieter im Haus, wir können ja niemanden einsperren." Ob es schon Diskussionen zwischen Personal und möglicherweise weniger verständnisvollen Bewohnern gegeben habe, will Pfeifer nicht beantworten. Jedenfalls habe auch das Nußlocher Haus einen schönen Garten mit Sitzmöglichkeiten, der den Senioren jederzeit offen stehe.
Pfeifer betont, dass es sich bei Senioren im Zusammenhang mit dem Coronavirus um eine "Hochrisikogruppe" handele. Mit Lebensmitteln und Mahlzeiten versorgt würden die Bewohner ohnehin. "Und wenn jemand Schokolade oder seinen Lieblingsjoghurt haben will, lässt sich das auch über die Einrichtung bestellen", sagt die Pressesprecherin. So gebe es keinen Grund, das Seniorenheim zu verlassen. "Wir sind da flexibel im Umgang", sagt Heizereder. Zudem berichtet sie, dass die "Senioren nicht gerade Schlange stehen, um rauszugehen".
Besonders schwer sei die neue Situation eher für die Angehörigen, die etwa Oma, Opa, Onkel oder Tante nicht mehr besuchen dürften, berichtet sie. Daher solle nun möglichst jeder Bewohner auf Wunsch mit Angehörigen telefonieren können. Teilweise auch digital: "Manche nutzen auch schon länger Skype", so Heizereder. Und natürlich gebe es jetzt eine "intensivere Sozialbetreuung", sodass alle Senioren mehr Freizeitaktivitäten angeboten bekommen – zumindest auf dem Grundstück des Seniorenheims.