Abschied am Flughafen in Skopje (von links): Amela Memedi, Petra Groesser, Haris Kalburi und Ilka Schlüchtermann. Foto: privat
Neckargemünd. (cm) "Wir können nicht zulassen, dass sie so sang- und klanglos zu Ende geht", sagt Ilka Schlüchtermann vom Neckargemünder Asylkreis. Gemeint ist die Geschichte von Amela Memedi und Haris Kalburi in Deutschland. Die beiden Flüchtlinge waren im vergangenen November nach vier Jahren in Deutschland abgeschoben worden. Der abgelehnte Asylantrag sorgte besonders für Wirbel, da die 28-Jährige ausgebildete Krankenschwester ist und damit einen gefragten Beruf ausübt. Der Vorstoß der Landesregierung, Flüchtlinge, die eine Ausbildung im Pflegebereich absolvieren, nicht abzuschieben, kam für sie zu spät. Denn ihre Ausbildung war schon abgeschlossen. Um den Jahreswechsel haben die beiden Roma Besuch in ihrer Heimat bekommen, in die sie gar nicht zurückwollten - und zwar aus ihrer neuen Heimat, in der sie gerne geblieben wären: aus Neckargemünd.
Ilka Schlüchtermann und Petra Groesser, die Vorsitzende des Asylkreises, sind für zwei Tage nach Mazedonien geflogen. "Wir wollten zeigen, dass wir für Amela und Haris da sind und für ihre Rückkehr kämpfen", sagen sie. "In den drei Jahren, in denen wir die beiden betreut haben, hat sich eine Freundschaft entwickelt." Mit im Gepäck hatten sie das Geld aus dem Verkauf des Wohnungsinventars und jenes von Neckargemündern, die das Paar unterstützen möchten. "Nach der Abschiebung haben wir die Wohnung aufgelöst, weil niemand mehr verantwortlich war", berichten Groesser und Schlüchtermann. Außerdem hatten die Flüchtlingshelferinnen noch persönliche Dinge des Paars dabei. "Bei der Abschiebung konnten sie schließlich nur mitnehmen, was sie tragen konnten", erklärt Schlüchtermann.
Der Kontakt ist seitdem nie abgerissen. Fast täglich tauscht sich Amela Memedi mit Groesser und Schlüchtermann per E-Mail aus. Als klar war, dass keine schnelle Rückkehr möglich ist, vereinbarten sie den Besuch. Die Neckargemünderinnen flogen als Touristen nach Mazedonien. Am Flughafen in Skopje wurden sie von Amela und Haris abgeholt. Zusammen ging es nach Tetovo, etwa eine halbe Stunde von der Hauptstadt entfernt. Dort lebt Amela nun mit ihren Eltern in einer kleinen Wohnung in sehr beengten Verhältnissen. "Sie schläft in einem Bett mit ihrer Mutter, der Vater auf dem Sofa", berichtet Schlüchtermann.
Damit geht es der Familie noch vergleichsweise gut. Bei einem Stadtrundgang sahen Groesser und Schlüchtermann, wie schlecht die Roma in Mazedonien gestellt sind. Die Mitglieder der Volksgruppe sind an den Rand der Gesellschaft gedrängt. "Sie leben meist in Bretterbuden in Bettlersiedlungen am Rand der Stadt, die im Kontrast zu den blinkenden Hotels und Spielcasinos nur unweit entfernt stehen", erzählt Schlüchtermann. "Da herrscht das blanke Elend, das man sonst nur aus dem Fernsehen in Indien oder Südamerika kennt." Mütter würden mit ihren Kindern bis spät in die Nacht betteln und junge Leute das Land verlassen.
Die Benachteiligung bekommen auch Amela und Haris zu spüren, wie Schlüchtermann erzählt. Die 28-Jährige hat zwar eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert, bekommt aber als Roma keine Stelle. Haris, früher Polizist, lebt seit seiner Rückkehr in einem angemieteten Zimmer und traut sich kaum auf die Straße. "Er wurde vor seiner Flucht von Albanern überfallen und bedroht", erzählt Schlüchtermann. "Aus Angst traut er sich nur noch mit Kapuze und Sonnenbrille raus." An die Polizei könne er sich nicht wenden, da Korruption weit verbreitet sei. "Niemand traut dort dem anderen", berichten die Flüchtlingshelferinnen.
"Amela und Haris haben in Deutschland alles richtig gemacht", sagt Schlüchtermann. Das Paar hatte zuletzt eine eigene Wohnung in Neckargemünd, die es selbst bezahlte. Haris arbeitete in Vollzeit bei "Rudis Radladen" als Zweiradmechaniker, Amela absolvierte ein Praktikum im Heidelberger Bethanien-Krankenhaus, das sie einstellen wollte - es fehlte aber die Arbeitserlaubnis.
Beide könnten dort wieder anfangen. Doch die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr ist gering. Denn durch die Abschiebung besteht eine Einreisesperre von drei Jahren. Diese verhindert, dass Amela und Haris legal als "Arbeitsmigranten" nach Deutschland zurückkehren. Diesen Weg will Amelas Schwester gehen. Sie lebte mit Mann und Kindern in Karlsruhe und musste Deutschland nach einem abgelehnten Härtefallantrag wieder verlassen. Da sie der Abschiebung zuvor kamen und "freiwillig" ausreisten, ist ihre Einreisesperre nicht ganz so lang.
"Wir waren nach der Rückkehr aus Mazedonien sehr frustriert, sind aber fest entschlossen und wollen nun alles versuchen, dass die Einreisesperre verkürzt wird", so Schlüchtermann. "Drei Jahre halten Amela und Haris nicht durch."