Das Bild der Neckargemünder Altstadt wird auch künftig frei von Photovoltaikanlagen bleiben. Der Gemeinderat stimmte für ein Verbot in der Gestaltungssatzung. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. "Ihr seid ja Helden!" Ex-Grünen-Stadtrat Thomas Schmitz verließ mit einem Kopfschütteln in Richtung seiner ehemaligen Kollegen den Sitzungssaal des Rathauses. Auch den aktuellen Stadträten der Grünen waren die Enttäuschung und der Frust anzusehen. Was war passiert? Der Gemeinderat hatte gerade für ein Verbot von Photovoltaikanlagen in der Gestaltungssatzung für die Altstadt gestimmt. Und es war knapp: Die Entscheidung fiel mit zehn Ja- und sechs Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen.
Es war keine Überraschung, dass sich der Gemeinderat noch einmal im Detail mit der Satzung beschäftigen musste. Denn nachdem das Gremium im letzten Sommer die Offenlage der Satzung beschlossen hatte, waren sechs Stellungnahmen von Behörden und Privatpersonen eingegangen - allein drei beinhalteten das umstrittene Verbot von Photovoltaikanlagen. Die gewichtigste kam vom Klimaschutzbeirat der Stadt. Dieser war einstimmig der Ansicht, dass das Verbot durch einen Zusatz zu ergänzen ist: "Zugelassen sind jedoch angepasste, in die Dächer integrierte Photovoltaikanlagen, die das Erscheinungsbild der Altstadt nicht beeinträchtigen."
Der mit der Erstellung der Satzung beauftragte Architekt Thomas Thiele sagte, dass der Ausschluss "in diesem eng umgrenzten Stadtbereich" eine "grundsätzliche Frage" sei. Er selbst halte das Verbot für gegeben und sinnvoll. Die Frage sei bei den Vorberatungen intensiv diskutiert und mit den Genehmigungsbehörden erörtert worden. Diese hätten die Möglichkeit bestätigt, da "insbesondere die Gestaltung der Dächer maßgebend für die homogene Gesamtwirkung der Dachlandschaft" sei. Thiele: "Das Verbot war ein gemeinsam erarbeiteter Vorschlag."
"Wir können dem nicht folgen", sagte Petra Groesser (Grüne). Sie störte vor allem, dass die Satzung zwischen Photovoltaik- und erlaubten Solarthermieanlagen zur Warmwasserbereitung unterscheide. Das zusätzlich vorgebrachte Argument für das Verbot, nämlich dass Photovoltaikanlagen auch woanders betrieben werden könnten, weil der Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird, bezeichnete sie als "Denke von Vorgestern". Groesser: "Heute wird der Strom in erster Linie im eigenen Haus verbraucht."
Die Grünen-Rätin führte außerdem das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) an, dass Hauseigentümer beim Austausch der Heizungsanlage zwingt, künftig 15 Prozent der Heizwärme aus erneuerbarer Energie zu gewinnen. In vielen kleinen Altstadthäusern würde Solarthermie wegen des großen Platzbedarfs oder fehlender Statik für einen Wasserspeicher nicht infrage kommen. Häufig bleibe nur Photovoltaik, um die Vorgabe zu erfüllen. Sie könne das Verbot vor allem für die Nebengassen nicht verstehen, da diese Dächer nicht einsehbar seien, so Groesser: "Es wird nicht die ganze Altstadt glitzern."
Die Satzung gelte zehn bis 15 Jahre und die technische Entwicklung gehe weiter, gab sie zu bedenken. Manche Photovoltaikanlagen seien schon heute gewellt wie Ziegel und würden kaum auffallen. "Ein Verbot entspricht nicht der heutigen Zeit und wäre eine Einschränkung für die Bürger." Groesser verwies auf den "hochgradig besetzten Klimaschutzbeirat". In Bezug auf die Bedenken auf das historische Stadtbild meinte Groesser: "Irgendwann werden auch Photovoltaikanlagen historisch."
Ihr Fraktionskollege Hermino Katzenstein forderte eine Gleichbehandlung mit Solarthermieanlagen. Die Anlagen seien von Aussichtspunkten nicht zu sehen, da diese nicht im Süden liegen. "Da macht keiner eine Anlage hin." Es seien ohnehin nicht viele Anlagen zu erwarten. "Wer eine wollte, hätte sie wegen der sinkenden Förderung schon längst installiert." Außerdem sei auf den meisten Dächern wegen Gauben gar kein Platz. Katzenstein verwies auch auf das neue Klimaschutzleitbild als Selbstverpflichtung des Rates.
Winfried Schimpf (SPD) meinte, dass ihn seine eigene Solarthermieanlage auf einem Altstadtdach stören würde. Solarthermie- und Photovoltaikanlagen würden optisch kaum einen Unterschied machen. "Wir sind von Bergen mit Aussichtspunkten umgeben", gab er zu bedenken. Schon eine einzige spiegelnde Anlage würde die Altstadt-Ansicht von der Rothsnasenhütte oder dem Neckarriedkopf aus kaputt machen, meinte auch Bürgermeister Frank Volk. Für optisch unauffälligere Versionen könne er sich jedoch "erwärmen", so Schimpf. Christian Rupp (CDU) meinte, dass Wärmepumpenanlagen stattdessen "fatal" wären: "Einen Ventilator zur Hauptstraße kann ich mir noch weniger vorstellen."
Architekt Thiele gab zu bedenken, dass Photovoltaikanlagen eine größere Fläche benötigen als Solarthermieanlagen. Er kenne zudem keine zufriedenstellenden "ins Dach integrierte Versionen". Stadtbauamtsleiterin Susanne Lutz betonte, dass nur ein generelles Verbot oder eine generelle Freigabe möglich sei - eine Zulässigkeit mit Einschränkungen sei zu unbestimmt. "Wir müssten bei einer Erlaubnis in Kauf nehmen, dass die Dächer zugepflastert werden und die Dachlandschaft sich verändert", sagte sie. "Wir haben es dann nicht mehr in der Hand." Das wollte die Mehrheit dann doch nicht.