Freie Schule ist jetzt auch Aufbaugymnasium
Dossenheim. Damit bieten die "LernZeitRäume" ab sofort sämtliche Bildungsabschlüsse an und sind de facto eine Gemeinschaftsschule
Dossenheim. "Wir mussten lange warten - aber nun wurde unsere Geduld belohnt", strahlt Signe Brunner-Orawsky. In ihren Händen hält die Leiterin der Freien Schule LernZeitRäume in der Bergstraßengemeinde das Papier, das Anlass der Freude ist: die Urkunde des Landes, die der Dossenheimer Privatschule bescheinigt, ab sofort ein staatlich genehmigtes siebenjähriges Aufbaugymnasium zu sein. Damit ist die Reformschule bereits jetzt de facto das, was sich in den nächsten Jahren als neue Schulform in Baden-Württemberg etablieren soll - sie ist eine Gemeinschaftsschule.
Als solche ist bei der Freien Schule gemeinsames Lernen von Klasse eins bis Klasse zehn Programm; danach kann künftig "draufgesattelt" werden. Die Einrichtung bietet somit sämtliche Bildungsabschlüsse an, mit der Möglichkeit einer durchgängigen Bildungskarriere von der Grundschule bis zum Abitur. Das kann innerhalb von insgesamt 13 Schuljahren erworben werden, beginnt doch der Einstieg in die siebenjährige Gymnasialstufe beim sogenannten Aufbaugymnasium - das üblicherweise von Realschülern zum Quereinstieg genutzt wird - traditionell im siebten Schuljahr. Signe Brunner-Orawsky: "Damit haben wir genau das bekommen, was wir wollten: Eben einen G9-Gymnasialzug, der unseren Schülern ausreichend Zeit zum Verweilen und Lernen in Aussicht stellt."
Insgesamt fünf solcher Aufbaugymnasien gab es bislang im "Ländle". Das nunmehr sechste in Dossenheim sei jedoch "das einzige allgemeinbildende Aufbaugymnasium in der Region", betont Schulleiterin Brunner-Orawsky. Spezialisierungen, etwa in den Bereichen Wirtschaft, Technik oder Soziales, würden nicht angestrebt: "Wenngleich unsere Bildungseinrichtung schon auch sehr praxisorientiert ist, so setzen wird doch voll auf die Allgemeinbildung." Der Gymnasialzug wird ein naturwissenschaftliches Profil mit den Fremdsprachen Englisch und Französisch sowie unter anderem Rudern im Neigungsfach Sport haben. Ab nächstem Jahr sollen auch Latein und Spanisch als weitere Fremdsprachen angeboten werden.
Einen Ansturm auf die Freie Schule in Dossenheim angesichts des von vielen Eltern gewünschten entschleunigten G9-Abis befürchtet Signe Brunner-Orawsky nicht: "Es ist ja schließlich nicht jeder Fan dieser Gemeinschaftsschulidee, die wir von Anfang an aus Überzeugung fahren." So lernen die derzeit 97 Schülerinnen und Schüler der 2006 zunächst als Grundschule aus der Taufe gehobenen und später zur Realschule ausgebauten Jenaplan-Schule in jahrgangsgemischten Gruppen; die am einzelnen Kind orientierte Pädagogik soll unterschiedlich schnelles Lernen ermöglichen und die Schüler frühzeitig an selbst organisiertes Lernen heranführen.
"Unser Schulsystem ist durchgängig und durchlässig. Die Kinder werden nicht aussortiert, sondern schreiten in ihrem eigenen Tempo voran und machen künftig den Abschluss, den sie machen wollen", sagt die Leiterin der "LernZeitRäume". Sie fügt aber auch hinzu: "Die Gemeinschaftsschule zu realisieren geht, wenn man will. Die Rolle der Lehrer wird sich allerdings grundlegend ändern müssen." Will heißen: Statt des üblichen Frontalunterrichts individuelles Anleiten der Kinder. Was bei einem Betreuungsschlüssel von einem Pädagogen auf zwölf Schüler an der Freien Schule in Dossenheim machbar ist.
Info: Vorträge zur weiterführenden Schule finden am Donnerstag, 2. Februar, um 20 Uhr sowie am Samstag, 11. Februar, um 13 Uhr in der Freien Schule LernZeitRäume in der Gerhart-Hauptmann-Straße 30 in Dossenheim statt.