Drei Fragen an den Spechbacher Bürgermeister
"Anonymität darf man im Dorf nicht suchen", meint Bürgermeister Zimmermann.
Spechbach. (cm) Guntram Zimmermann (SPD) ist seit 1996 Bürgermeister von Spechbach. Im Interview erzählt der 58-Jährige unter anderem, was für ihn das Leben im Dorf ausmacht.
Herr Zimmermann, was macht das Leben auf dem Land und speziell in Spechbach aus?
Das sind das Ambiente, das Flair, das typisch badische Sozialgefüge und das Engagement in der Dorfgemeinschaft. Im Gegensatz zur Stadt herrscht auf dem Dorf ein familiärer Charakter. Man trifft sich auch im Winter zu Straßenfesten oder zu spontanen Feten oder hilft sich gegenseitig zum Beispiel beim Holzmachen. Spechbach hat sich von einer Landwirtschafts- in eine moderne Wohngemeinde gewandelt. Die Kuh ist zwar noch am, aber nicht mehr im Dorf. Es gibt dazu noch eine Besonderheit: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier etwa 300 Flüchtlinge aufgenommen. Diese Menschen haben nicht vergessen, wie sie damals aufgenommen worden sind. Die Gastfreundschaft ist deshalb sehr ausgeprägt, was uns auch bei der Integration von neuen Bürgern und der Aufnahme von Asylbewerbern hilft. Anonymität darf man im Dorf nicht suchen. Aber auch andere Lebensstile werden akzeptiert. Mein persönlicher Eindruck: Je ländlicher das Umfeld, desto zufriedener die Menschen.
Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten?
Es fehlt ein Lebensmittelgeschäft. Hier prüfen wir ein Angebot, bei dem Bürger über das Internet Waren bestellen und dann geliefert bekommen. Außerdem ist ein Glasfasernetz für schnelles Internet wichtig. Wir sind zwar gut aufgestellt, aber langfristig wird das nicht reichen.
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Der demografische Wandel macht vor keinem Dorf halt. Was tut Spechbach, um die Auswirkungen gering zu halten?
Um die Auswirkungen auf die Verwaltung zu untersuchen, sind wir Projektgemeinde der Robert-Bosch-Stiftung. Außerdem haben wir das Projekt Bürgerenergiedorf, bei dem Bürger Energie in ihr Dorf investieren. Wir denken zudem über ein weiteres Neubaugebiet und ein Gewerbegebiet nach. Wir profitieren jedoch von unserer Lage im Speckgürtel von Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen. Klar ist aber: Ein vertrauter städtischer Versorgungsstandard ist bei schwindender Größe nicht zu halten.