Corona-Helden

Das Menschliche immer im Blick haben

Peter Straub ist seit 20 Jahren als Bestatter tätig - Über den Umgang mit dem Tod in Zeiten von Corona

13.07.2020 UPDATE: 14.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Die Hygienevorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie machen den Arbeitsalltag von Peter Straub deutlich schwieriger. Foto: len

Von Volker Knab

Schwetzingen. Bestatter gehören zu den systemrelevanten Berufen. Auch während der Kontaktbeschränkungen und Veranstaltungsverbote zur Eindämmung der Corona-Pandemie mussten viele Familien ihre Verstorbenen beerdigen lassen. Der Schwetzinger Bestatter Peter Straub hat mit der RNZ über seine Erfahrungen in dieser Zeit gesprochen. Der gelernte Schreinermeister ist seit 20 Jahren in der Branche tätig.

Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag vieler Bestatter massiv verändert. Hohe Hygienestandards sind in der Branche aufgrund von ansteckenden Krankheiten wie der Grippe ohnehin stets notwendig. Nun sind sie weiter verschärft worden. "Ich hatte bisher noch keinen Trauerfall, der direkt mit dem Coronavirus in Verbindung stand", berichtet Straub. Dennoch stelle das Virus für ihn und seine Kollegen eine Gefahr dar.

Mit der Systemrelevanz sei das so eine Sache, meint Straub. "Das sind wir vielleicht auf dem Papier", sagt er und schmunzelt. In der ersten Phase nach dem Lockdown sei er bei seiner Arbeit zunächst ganz auf sich gestellt gewesen, erzählt er. Seine beiden Mitarbeiterinnen sind junge Mütter und konnten ihn erst wieder unterstützen, als die erweiterte Notbetreuung für ihre Kinder griff.

"Ich glaube, wir wurden, wie viele andere auch, ein bisschen vergessen", sagt Nicole Straub, die im Betrieb ihres Vaters mitarbeitet, über die Versorgung der Bestattungsbetriebe mit Masken und Hygienemitteln in der Zeit kurz nach dem Ausbruch der Pandemie. So sei es nicht möglich gewesen, Gesichtsmasken, Desinfektionsmittel und Schutzanzüge über den firmenspezifischen Großhandel zu erhalten. Schließlich habe das Bestattungsunternehmen die Masken über die Apotheke bezogen, wie jeder andere auch.

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Als Bestatter organisiert und gestaltet man auch die Trauerfeiern für die Hinterbliebenen. Dass jede Gemeinde in dieser Hinsicht zurzeit ihre eigenen Regeln hat, erschwert diese Arbeit erheblich. "Das bedeutet für uns einen viel größeren Zeitaufwand", erzählt Straub und berichtet von einer Beerdigung in Frankfurt, die er vor Kurzem organisiert hat. "Ich habe mit drei Stunden Zeitaufwand gerechnet, aber am Ende war ich acht Stunden unterwegs", sagt er.

Vier Stunden habe es allein gedauert, bis die Formalitäten auf den verschiedenen Ämtern und im Krankenhaus erledigt waren. "Das sind die Dinge, die einem das Leben schwer machen", sagt der 60-Jährige. Ein bei der Gestaltung von Trauerfeiern nicht zu unterschätzender Aspekt ist das Wetter. "Wir haben bisher sehr großes Glück gehabt mit der Wetterlage", so Straub. Die Feiern werden derzeit oft im Freien abgehalten. Denn unter freiem Himmel sind mit bis zu 100 Personen wesentlich mehr Besucher zugelassen. Für Feiern in den Friedhofshallen variieren die Teilnehmerzahlen hingegen von Gemeinde zu Gemeinde. In der Anfangsphase nach dem Lockdown waren teilweise nur zehn Personen einschließlich Trauerredner und Bestatter zugelassen. Inzwischen dürfen es aber wieder mehr sein.

Doch auch eine Trauerfeier im Freien birgt besondere Herausforderungen: Neben dem Wetter müssen die Bestatter noch viele andere Aspekte berücksichtigen. Zum Beispiel, wo man die Kerzen platziert, damit sie bei Wind nicht umfallen oder ausgehen. Und was ist mit der Musik, wenn der Organist im Freien nicht spielen kann?

Vor allem aber müssen sie sich um die Einhaltung der Hygienevorschriften kümmern. "Wir haben uns viele Gedanken gemacht und ein Hygienekonzept erarbeitet", sagt Straub. Die zur Eindämmung der Corona-Pandemie notwendigen Maßnahmen bedeuten für ihn nicht nur mehr Aufwand, sondern auch mehr Kosten. Bei einer Feier in der Halle müssen der Bestatter und seine Mitarbeiter etwa sämtliche Oberflächen, zum Beispiel die aufgestellten Stühle, vorher und nachher desinfizieren. Dasselbe gilt für die Kugelschreiber, die für den Eintrag ins Kondolenzbuch bereit liegen. "Bisher haben wir die dadurch anfallenden Mehrkosten aber noch nicht an die Kunden weitergereicht", so Straub.

Die Kosten und Organisation einer Beerdigung sind aber nur ein Aspekt eines Trauerfalls. Wichtig ist auch der Umgang mit den Hinterbliebenen. Und der ist in Zeiten von Corona noch schwieriger als sonst. "Sind zu viele Menschen in einer Halle, müssen wir die Leute wieder rausschicken. Nicht wenige werden dann böse", erzählt Straub. "Das ist immer eine Gratwanderung."

Was die gesellschaftliche Wertschätzung seines Berufs angeht, will er aber nicht klagen. "Wir haben schon viele schöne Rückmeldungen bekommen", berichtet Straub. "Auch wenn sich die Vorgaben fast wöchentlich ändern, zeigen die meisten Verständnis für die aktuelle Situation und wissen unseren Einsatz und unser Engagement zu schätzen."

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