Stadtmuseum Mosbach

Wenn die Bürger das Museum bestücken

Das Stadtmuseum eröffnet die Ausstellungssaison – 60 Bürger stellten über 300 Exponate und 30 Fotoplatten zur Verfügung

20.04.2018 UPDATE: 21.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden

Die Vielfalt des Spielens präsentiert ab Dienstagabend eine Sonderausstellung im Stadtmuseum Mosbach. Über eine rege Beteiligung von Leihgebern aus der Region freute sich Museumsleiter Stefan Müller bereits im Vorfeld. Foto: Peter Lahr

Von Peter Lahr

Mosbach. Bereits der Ausstellungstitel wirkt märchenhaft und weckt vielerlei Assoziationen. Die einen denken dabei spontan an die Abenteuer von Mascha und dem Bären. Die anderen an Sigrid Heucks Bilderbuch-Klassiker "Pony, Bär und Papagei." Und alles passt! Denn die Ausstellung "Puppe, Bär und Eisenbahn", mit der das Stadtmuseum Mosbach am Dienstagabend in die neue Museumssaison startet - wie gewohnt zunächst im Rathaussaal - führt in das Reich der Kindheit. Spielzeug aus den letzten 120 Jahren präsentiert das Museum, das seine gewohnte "Spielfläche" erweitern musste, um alle Exponate zeigen zu können.

Dass es sich bei der Schau um eine ganz besondere handeln würde, das wurde Museumsleiter Stefan Müller während der Vorbereitungszeit schnell bewusst. Da man zum Thema "Spielzeug" aus den Museumsbeständen nicht allzu viel beizusteuern hatte, startete man einen Aufruf in der RNZ. "Erst fing es schleppend an, dann ging es fast wie eine Lawine los", erinnert sich Müller während des Pressevorgesprächs an die ungeheuerlichen Folgen: "Wir wurden beinahe überrannt von Menschen, die Spielzeug aus den letzten 120 Jahren aus den verschiedensten Gründen bei sich zu Hause aufbewahrten." Schließlich stellten 60 Leihgeber über 300 Exponate sowie 30 Fotoplatten mit 50 Motiven zur Verfügung.

Diese organisatorische Herausforderung führte zu einer weiteren Premiere: Das Stadtmuseum bespielt neue Stationen. Zum Sonderausstellungsraum im Haus Becker gesellt sich das Alte Hospital. Das Treppenhaus hinauf zur ständigen Sammlung unter dem Dach wurde zu "Schaufenstern" umgewidmet, die ein wenig an Spielzeugläden erinnern.

Oben in der Dauerausstellung wurden weitere Vitrinen mit Eisenbahnen, Teddybären und Puppenmöbeln bestückt. "Jeder hat seine Geschichte. Da hängen unheimlich viele Erinnerungen dran", gerät Müller ins Schwärmen. "Seinen Teddy schmeißt kaum jemand weg", glaubt er - auch wenn man sich nach Jahren nicht unbedingt noch an den Namen erinnere.

Unterwegs nach oben gastiert der "Zirkus Brummi". Diesen hat Hans Slaby 1974 aus Holz und vielen anderen Materialen geschnitzt und gearbeitet. Und wer die Raubtiernummer mit Feuerreifen genau betrachtet, der glaubt bald, dass der Papa beim Herstellen des Spielzeugs mindestens so viel Freude hatte wie später der Nachwuchs beim Spielen.

Doch es geht bei der Sonderausstellung nicht allein um Nostalgie. "Wir wollen auch zeigen, dass Spiele einen hohen alltagskulturellen Wert besitzen", betont der Museumsmann. Schon das Layout und manches Thema ließen häufig erahnen, welcher Zeit Kind das Spiel sein mag. So mutierte mit der erwachenden Reiselust der 1960er-Jahre die gute alte "Deutschlandreise" zur "Europa-", oder gleich zur "Weltreise." Dass Spiele als "Indikatoren für Zeitgeschichtliches" angesehen werden können, zeigt sich in einer weiteren Vitrine. Dort offenbart sich die Gefahr der Einflussnahme, der Propaganda. Nicht nur während des "Dritten Reichs" sollten bereits die Kinder "ideologisch auf Linie gebracht" werden. Ein "Belagerungsspiel" ist da noch die harmlosere Variante. Andererseits erfreuen sich gerade "Ballerspiele" bis heute einer großen Beliebtheit. Die Folgen auf den Alltag sind umstritten.

Dass ein gutes Spiel auch Grenzen zu überwinden vermag, diese schöne Erfahrung belegen Ost- und West-Varianten von manch einem Brettspiel. "Das Erstaunliche ist, dass die Leute das aufbewahrt haben. Nicht nur wertvolles Blechspielzeug, sondern auch Einfaches", freut sich Stefan Müller, dessen Team trotz der Materialfülle wieder eine so übersichtliche wie ästhetisch ansprechende Präsentation gelungen ist - bis hin zur Spielecke für Klein und Groß.

Bei der Ausstellungseröffnung am kommenden Dienstag, 24. April, ab 18 Uhr im Rathaussaal wird Bürgermeister Michael Keilbach begrüßen; Dr. Rudolf Kamp wird die kulturgeschichtliche Bedeutung des Spielens erörtern. Für die musikalische Umrahmung sorgt die Musikschule Mosbach.

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