Von Thomas Gaschler
München/Mosbach. Mit Bestürzung und Trauer reagieren Angehörige, Freunde und Kollegen auf den überraschenden Tod des aus Mosbach stammenden Fernsehmachers Jürgen Hörner. Mit nur 55 Jahren erlag er am vergangenen Freitag in seiner Wohnung in München einem Herzversagen. Mit dem langjährigen ProSiebenSat.1-Manager verstarb nicht nur eine prägende Persönlichkeit der deutschen Fernsehbranche, sondern auch eine Legende der Mosbacher Underground-Rockszene.
Nach einer Ausbildung zum Buchhändler im Mosbacher Traditionsunternehmen Kindler/Mävers sowie dem Studium der Slawistik und Amerikanistik startete Jürgen Hörner seine Fernsehkarriere 1993 in der Spielfilmredaktion des Privatsenders ProSieben. In einer wachsenden Sendergruppe arbeitete er sich über die Programmplanung von Kabel Eins und ProSieben zielstrebig bis nach ganz oben. Nach verschiedenen Führungsfunktionen verantwortete er ab 2012 als Vorsitzender der Geschäftsführung von ProSiebenSat.1 TV Deutschland alle Fernsehaktivitäten der ProSiebenSat.1-Gruppe. Unter seiner Führung entstanden neue Sendermarken wie Sixx, Sat.1 Gold und ProSieben Maxx.
Nach seinem Abschied von der ProSiebenSat.1-Gruppe machte sich Jürgen Hörner nach über 20 Jahren selbstständig und gründete 2014 eine eigene Produktionsfirma. Ein Jahr später wagte er als Geschäftsführer den Neustart von eoTV. Sein engagierter europäischer Seriensender konnte gegen Branchen-Giganten wie Netflix allerdings nicht bestehen und wurde nach der Insolvenz Anfang dieses Jahres verkauft.
"Jürgen Hörner war für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur ein hochgeschätzter Kollege", zitiert das Branchenmagazin DWDL.de den ProSiebenSat.1-Vorstand Wolfgang Link: "Er war vor allem eins: ein leidenschaftlicher TV-Macher, ein Freund, ein treuer Wegbegleiter. Ein feiner Mensch. Sein viel zu früher Tod macht uns sprachlos."
Tief betroffen zeigen sich auch die alten Mitstreiter aus der Mosbacher Musikszene. "Wir probten 1984 mit den ‚Alliierten’ im Alten Gymnasium am Mosbacher Bahnhof", erinnert sich RTL2-Chef Andreas Bartl, der Jürgen Hörner ein paar Jahre später zu ProSieben holte. Der Stern am Mosbacher Underground-Himmel strahlte nur kurz, aber intensiv: Mitte der 80er bis zu seinem Umzug nach München bereicherte Jürgen "Örnie" Hörner diverse Mosbacher Bands mit seiner roten Höfner-E-Gitarre: den Trashrock der "Kanalteufel", den Power-Pop der "NoGoodNix", den Post-Punk der "Witchfinder Generals", zuletzt den brachialen Punk-Blues der "Seven Screaming Squaws".
Ein paar wenige akustische Spuren davon finden sich im Netz und auf Vinyl, z. B. der Titel "Pride" auf dem "Prinzen der Provinzen"-Sampler, den er mit den "Wet Cookies" in Hamburg eingespielt hat, wie sich Bassist Michael Holz erinnert: "Er war den ganzen Tag im Studio mit über 40 Grad Fieber auf der Couch gelegen, ist aufgestanden und hat mit einem Take ein sensationelles Solo gezaubert." Oder auf Youtube, z. B. das 1986 unter schwierigen Bedingungen entstandene No-Budget-Video zur "Pearls For Pigs"-Single "Nosferatu", "produziert" in typischer Punk-Manier: ohne Geld, Crew, Beleuchtung oder Ton.
In jener Zeit in Mosbach lernte Jürgen Hörner auch seine spätere Ehefrau Alexandra kennen. Die beiden waren 20 Jahre glücklich verheiratet, und sie war bei ihm in der gemeinsamen Münchner Wohnung, als sein Herz so plötzlich versagte und aufhörte zu schlagen.