Michaela Pföhler und Familie präsentieren stolz ihren ersten Fund. Foto: privat
Von Noemi Girgla
Schwarzach. Messer, Gabel, Schere, Licht, sind für kleine Kinder nicht. Löffel aber schon – und zwar nicht nur für Kinder. Seit einem Monat sind die Schwarzacher nun auf Löffelsuche. Das Prinzip: Ein eigentlich unscheinbarer Teelöffel wird irgendwo in der Gemeinde versteckt, ein Hinweisbild, wo sich das Besteckteil befindet, in der Facebook-Ortsgruppe "Schwärzicher Dorfklatsch" geteilt. Wer den Löffel anhand des Hinweises findet, macht ein Beweisfoto, versteckt ihn wieder an einem anderen Ort – und die Suche beginnt von vorne.
Auf die Idee dazu kam der Administrator der Facebook-Gruppe Sebastian Hänel. Ein Bekannter Hänels hatte eine solche Schnitzel- besser: Löffel-Jagd in der Nähe des Europaparks initiiert. "Der Gedanke dahinter ist, trotz der schwierigen Zeit etwas Leben in die Gemeinde zu bringen. Kontaktlos etwas miteinander spielen zu können", erklärt Hänel. Und die Aktion kommt gut an. "Es machen auch einige mit, die sonst im ,Dorfklatsch’ nicht so aktiv sind", meint der Initiator. Wie schnell der Löffel gefunden werde, hinge von dem Hinweisfoto ab. "Ich lebe jetzt seit 13 Jahren in Schwarzach, und auch ich habe manchmal nicht gewusst, wo sich der Löffel gerade befindet. Die Leute kommen auf die tollsten Ideen, es macht wirklich Spaß", sagt Hänel.
Foto: privatWer immer sofort weiß, wo das neue Versteck ist, sind die Brüder Tobias und Patrick Haag. "Sie kennen wirklich jeden Millimeter des Ortes", meint Sebastian Hänel. "Das bringt es mit sich, wenn man seine Kindheit hier verbracht hat", erklärt Patrick Haag, man kenne eben sämtliche Ecken. Die Brüder Haag halten sich aber bei der Suche zurück. Lassen auch den anderen die Chance, den Löffel zu finden. "Aber irgendwann kriegen sie mich bestimmt auch mal", ist Patrick Haag überzeugt, "dann bin ich derjenige, der tagelang den Löffel sucht."
Haag empfindet die Aktion, das Engagement als eine "absolute Bereicherung für den Ort". Er selbst ist durch seinen Einsatz beim DRK aktuell stark eingespannt. "Durch die Suche und das Verstecken des Löffels kommt man mal wieder raus, konzentriert sich auf etwas anderes und bekommt wieder den Kopf frei."
Aber auch frisch Zugezogene haben ihre Freude an dem Spiel. Michaela Pföhler und ihre Familie leben erst seit einem Jahr in Schwarzach. Pünktlich zum ersten Lockdown kamen sie und ihr Mann an, im Juli kam ihr Sohn auf die Welt. "Wir hatten gar keine Chance auf irgendwelchen Dorffesten unsere neuen Nachbarn kennenzulernen", bedauert Michaela Pföhler. Aber dank der Facebook-Gruppe bekäme die Familie etwa von der Gemeinschaft mit. "Und jetzt auch noch diese tolle Aktion, bei der man mit den Leuten trotz des Lockdowns in Kontakt und ins Gespräch kommt", schwärmt die Neu-Schwarzacherin.
Sebastian Hänel teilte das erste Löffel-Foto in der Facebook-Ortsgruppe „Schwärzicher Dorfklatsch“. Foto: privat"Durch die Löffelsuche geht man noch mal mit ganz anderen Augen durch den Ort, achtet auf viel mehr Details", so Pföhler. Nach einem Jahr habe man schon eine gewisse Ahnung, wo was ist, aber nun sei man eifrig am Rätseln, wo der Löffel ist. "Auch wenn es manchmal schon etwas frustrierend ist, wenn man denkt, man hat ein supertolles Versteck gefunden und fünf Minuten später schreibt Patrick dann: ,Ich weiß, wo der Löffel ist’", erzählt Michaela Pföhler. Aber genau so komme man in diesen Zeiten eben zusammen. "Durch diese Art der Kommunikation sind wir hier gut angekommen und fühlen uns in der Dorfgemeinschaft richtig wohl." Für ihren ersten Löffel-Fund brauchten Pföhlers nicht lange. Der zweite sei schwieriger gewesen – den hatte Patrick Haag versteckt. Aber: "Dafür haben wir auch nur eine Sechs-Kilometer-Tour quer durch den Ort gebraucht", teilt die Familie mit – dokumentiert wurde der Erfolg stolz mit einem Foto.
Da sich der Löffel immer nur in Unterschwarzach bewegte, beschloss Steffi Schneck aus Oberschwarzach eine Woche nach Beginn der "Schatz"-Suche, ebenfalls einen Löffel vor die Tür zu legen. "Oberschwarzach wollte schließlich auch mitspielen, und die wenigstens laufen zwischen den Ortsteilen hin und her", begründet Schneck das "Aussetzen des Löffels".
Tobias und Patrick Haag haben schon neue Versteck-Ideen haben. Foto: privatInzwischen hat sich die Besteck-Jagd sogar andernorts herumgesprochen und Nachahmer gefunden. "Auch Neunkirchen ist jetzt auf der Suche", weiß Sebastian Hänel. "Die suchen allerdings nach einer Gabel." Patrick Haag fügt stolz hinzu: "Und auch da erkenne ich manchmal das Versteck!" Schneck und Hänel scherzen: "Wenn jetzt noch Aglasterhausen mit einem Messer (natürlich einem stumpfen, am besten einem Kinderbesteck!) mitmachen würde, dann könnten wir, sobald es wieder möglich ist, zusammen in die Wirtschaft und hätten schon alles dabei." Aber bis das wieder möglich ist, heißt es in Schwarzach weiterhin "Finsch de Löffel" ...