Mosbach: Uneinigkeit bei Ideenwerkstatt zur "Schorre"-Straßensanierung

Stadtverwaltung und Anwohner sind sich nicht einig in der Beurteilung: "Wir bauen hier keinen Luxus!" Die Straße Schorre soll "endgültig hergestellt" werden

24.03.2017 UPDATE: 25.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Dass so keine geordnete Wasserführung stattfinden kann, sieht auch der Laie. Doch das ist nicht das einzige Manko, das einen umfassenden Ausbau der Schorre "dringend" nötig macht - abseits der Schäden, die der Starkregen im vergangenen Jahr verursacht hat. Foto: Ursula Brinkmann

Von Ursula Brinkmann

Mosbach. Eigentlich sollte man meinen, dass Anwohner einer Straße froh wären, wenn deren schlechter Zustand behoben werden soll. Die Schorre zwischen Alter Bergsteige und Hardhofweg ist in einem schlechten Zustand. Doch das nicht erst seit dem Starkregen im Juni 2016, der außer ganzen Asphaltschichten einiges an Anwohneraufruhr nach oben gespült hatte. Niemals ist die rund 60 Jahre alte, steile Straße endgültig hergestellt worden, es gibt keinen tragfähigen Untergrund, keine Wasserführung, nur unzureichende Entwässerung, schadhafte Wasserleitungen und Kanäle, stets wurde nur provisorisch geflickt. Die Stadt sieht daher "dringenden Handlungsbedarf".

Hintergrund

(ub) Auf Basis der Planung von 2009 soll die Schorre auf einer Länge von 260 Metern mit einem 60 Zentimeter dicken, frostsicheren Aufbau voll ausgebaut werden. Die Fahrbahnbreite liegt zwischen 4,50 und sieben Metern. Die Entwässerung soll geordnet werden. Das heißt: die

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(ub) Auf Basis der Planung von 2009 soll die Schorre auf einer Länge von 260 Metern mit einem 60 Zentimeter dicken, frostsicheren Aufbau voll ausgebaut werden. Die Fahrbahnbreite liegt zwischen 4,50 und sieben Metern. Die Entwässerung soll geordnet werden. Das heißt: die schadhafte Hauptleitung und die Anschlüsse bis zur Grenze sollen teilweise erneut und das Oberflächenwasser vom Hardhof über eine Rinne abgefangen werden. Gleichzeitig erneuern die Stadtwerke Mosbach die Wasserleitung und die Telekom die Erdverkabelung. Die Ausschreibung soll im Mai erfolgen, der Baubeginn von Kanal und Straße im August sein, und im April 2018 peilt man das Ende aller Baumaßnahmen an.

Die Grundstückseigentümer werden nicht an den Kosten für Wasserleitungen und Erdkabel beteiligt. Von den Kosten, die direkt bei der Stadt entstehen und die vorläufig auf rund 480.000 Euro beziffert werden, geht etwa ein Viertel ab, weil "nicht beitragsfähig". Von dem, was dann verbleibt, muss die Stadt fünf Prozent, darf aber nicht mehr übernehmen (gesetzlich vorgegeben). Für die Anwohner entsteht voraussichtlich ein Erschließungskostenbeitrag im niedrigen fünfstelligen Bereich.

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Das wurde am Donnerstagabend 16 Anwohnern der Schorre in der Ideenwerkstatt vor Augen geführt; die Stadt hatte zu einer Infoveranstaltung geladen und war mit drei Mitarbeitern aus dem Technischen Rathaus sowie weiteren drei Herren vom Ingenieurbüro für Kommunalplanung (IFK) vertreten. Auch CDU-Rat und Anwohner Franz Otto Kipphan war gekommen, schließlich hatte der Gemeinderat im Juni 2016 die Verwaltung per Beschluss beauftragt, "die weiteren Schritte für die endgültige Herstellung der Straße ‚Schorre‘ als Erschließungsstraße vorzubereiten". Auf die Anwohner kommen damit Erschließungsbeiträge zu, die - nach Lesart der Stadt - bisher "zu Lasten der Allgemeinheit" gingen.

Die Lesart der Anwohner jedoch ist eine andere, und die hatte sich schon in einigen Leserbriefen Luft gemacht, was auch am Infoabend geschah. Dorothea Straub fasste ihren und den Unmut der Anwohner so zusammen: "Seit 50 Jahren bin ich mit der Schorre verwachsen. Damals hätten wir gern mehr gehabt, aber jetzt sollen wir etwas kriegen, was in diesem Umfang niemand von uns will!" Bernhard Rauscher nahm für sich und andere in Anspruch: "Wir brauchen diesen überzogenen Ausbau nicht." Und Matthias Dieterle, der noch nicht lange ein Grundstück in der Schorre erworben hat, war der Meinung, "alles bezahlt zu haben."

Georg Jung hatte sich kundig gemacht über den vorgesehenen 60 Zentimeter dicken Belagsaufbau und ausgerechnet, dass zehn Zentimeter weniger die Kosten um 50.000 Euro senken würden. Auch hatte er Einkommens- und Ausbaukosten der Straße damals und heute ins Verhältnis gesetzt - mit eindeutigen Nachteilen für die Gegenwart. Mit ihm fürchten sich noch andere vor den Parkproblemen, die mit dem Ausbau unvermeidlich sein würden.

Zudem hatte Jung den Verdacht, dass mit dem Schorre-Ausbau ein Präzedenzfall geschaffen werde, da als erstes an der Reihe, was Nanke Grißtede (Leiter der Tiefbauabteilung) verneinte mit dem Hinweis auf den (bereits hergestellten) Uferweg in Neckarelz. "Unsere Liste ist noch lang." Gemeint waren weitere "nicht endgültig hergestellte Erschließungsstraßen", für die wiederum der Stadtrat beschlossen hatte, ein Ausbaukonzept zu erstellen. Mit anderen Worten: Was an der Schorre passiert, wird an anderen "unfertigen" Straßen (Sonnenrain, Alte Bergsteige, Waldstraße u. a.) ebenfalls geschehen.

Dass die Stadt kaum anders als beabsichtigt "herstellen" könne und gesetzlich verpflichtet sei, Erschließungsbeiträge zu erheben, machte Frank Brenneis (Bauverwaltung) deutlich, und er griff noch viel weiter in die Vergangenheit zurück als die Schorre alt ist: "Die Schorre kann nicht beitragsfrei bleiben, weil sie weder historisch - 1868 ein außerörtlicher Feldweg - noch eine ‚vorhandene Straße‘ ist." Dass in der Vergangenheit so manches versäumt oder nicht gut angegangen wurde, das räumte Stefan Baumhackel ein. "Aber das Flicken bringt uns nicht weiter", meinte der für Planen und Technik zuständige Bauamtsmann. Zudem gebe es Druck von der Gemeindeprüfungsanstalt. "Wir müssen’s jetzt machen", wies Baumhackel auf die gesetzlichen Regelwerke hin und fügte an: "Wir bauen hier keinen Luxus."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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