Erfindungsreiche Lösungen wurden schon für die Nahversorgungsprobleme ländlicher Gemeinden entdeckt. Wie dieser "Markt Treff" Supermarkt, der außer Tante-Emma-Laden auch Klönbude ist und mancherorts Arztpraxen ersetzt. Foto: dpa
Von Stefan Zeeh
Rhein-Neckar. Viele Menschen zieht es nach wie vor von den ländlich geprägten Siedlungsräumen in die Städte. Diese "Landflucht" führt zur Schließung von Einzelhandelsgeschäften und Sparkassen- beziehungsweise Bankfilialen auf dem Land, denn durch die abnehmende Einwohnerzahl in den ländlichen Gemeinden gehen Kundenzahl und Umsätze zurück.
Die damit fehlende Infrastruktur führt dazu, dass noch mehr Menschen in die Städte abwandern. Zurück bleiben vor allem ältere Bürger, die zudem oftmals in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Um dieser sich selbst verstärkenden Negativspirale entgegenzuwirken und die Attraktivität des ländlichen Raums zu steigern, hat die Stabsstelle Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises das Projekt "Intelligente Marktplätze" initiiert. Aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, wie etwa der Uni Mannheim, ist eine mit intelligenten Liefersystemen verknüpfte Bestellplattform entstanden, die mit Hilfe einer App betrieben wird. Grundgedanke war dabei, keinen neuen Lieferdienst zu schaffen, sondern bereits vorhandene Kapazitäten zu nutzen.
Insbesondere für Gewerbetreibende - etwa Apotheken - ist diese zusätzliche Auslastung ihrer Kapazitäten von Interesse. "Dabei wird die App so gestaltet, dass die Nutzer lediglich solche Lieferanfragen erhalten, die zur eigenen Fahrtroute passen", erläuterte Denis Guth von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr und Wirtschaft des Kreises das neue Konzept.
Die Lieferungen sollen aber nicht bis zur Haustür erfolgen, wodurch weitere Fahrten entstünden, sondern an einem zentralen Treffpunkt, dem "Appholpunkt", hinterlegt werden. Ein solcher Abholpunkt kann beispielsweise ein bestehender Lebensmittelbetrieb oder ein Café sein. Damit würde auch ein sozialer Treffpunkt entstehen, an denen es in den Gemeinden des ländlichen Raums zunehmend mangelt.
Die Besteller können per App bequem von zu Hause bestellen oder an einem Bestellterminal, der im nächstgelegenen Abholpunkt eingerichtet ist. Hier wird zu bestimmten Zeiten auch Hilfe beim Umgang mit der App angeboten.
Bei zwei Workshops habe man feststellen können, dass unter den Gewerbetreibenden Interesse an einer derartigen Bestellplattform besteht, betonte Guth. Die Bürger in den Modellgemeinden Spechbach und Schönbrunn wurden bei insgesamt sechs Bürgerforen über das Projekt informiert, das noch in diesem Jahr in einer Testphase hier starten soll. Im kommenden Jahr soll die Bestellplattform dann tatsächlich in Betrieb gehen.
Damit auch Menschen an diesem Projekt teilnehmen können, die Schwierigkeiten im Umgang mit Smartphone, App und Computer haben, werde noch ein Schulungskonzept entwickelt, erläuterte Guth. Zudem gebe es einen Nahversorgungskümmerer, der bei technischen Problemen oder Lieferschwierigkeiten helfend zur Seite stehe.