Mutiger Weinheimer

Prozess gegen brutale Straßenbahn-Schläger beginnt

Mehrere Männer hatten Mehmet Efetürk brutal misshandelt – Sie müssen sich ab Donnerstag vor dem Landgericht Mannheim verantworten

07.11.2017 UPDATE: 08.11.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 47 Sekunden

Siegfried Kollmar, Leiter der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg, dankt Mehmet Efetürk für seinen mutigen Einsatz. Rechts steht Weinheims Bürgermeister Torsten Fetzner. Foto: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim/Mannheim. Fast auf den Tag genau sieben Monate ist es her, dass der damals 28-jährige Mehmet Efetürk in einem vollbesetzten Wagen der RNV- Straßenbahnlinie 5 in Weinheim gegen 21.30 Uhr auf Höhe des Haltepunktes Händelstraße von mehreren Personen durch Faustschläge und Fußtritte schwer verletzt wurde. Dabei war Efetürk lediglich einer jungen Frau zu Hilfe gekommen, die zuvor von mehreren männlichen Personen belästigt und grundlos beleidigt worden war.

Der junge Türke erlitt neben einem Nasenbein- und zwei Rippenbrüchen zusätzliche Prellungen und Schürfwunden. Diese waren so schwerwiegend, dass er mehrere Monate krankgeschrieben war und daraufhin neben seinem Arbeitsplatz als Lagerist und Staplerfahrer in einem Mannheimer Betrieb auch seine Wohnung verlor. Für den mutigen Helfer ist bis heute unverständlich, dass ihm und der Frau niemand aus dem vollbesetzten Zug zu Hilfe kam. Die Angeklagten sollen von Efetürk erst abgelassen und die Straßenbahn fluchtartig verlassen haben, als eine unbekannte Person gerufen habe, dass die Polizei komme. Sie konnten zunächst unerkannt entkommen, weil die Videoüberwachung in der Bahn nicht funktionierte.

Erst rund zwei Wochen später wurden zwei 18-jährige Tatverdächtige ermittelt und festgenommen. Ein dritter mutmaßlicher Beteiligter wurde Anfang Mai in Heidelberg aus einem Reisebus heraus verhaftet.

Ab morgen, Donnerstag, 9. November, stehen sechs der damals mutmaßlich Beteiligten vor dem Landgericht Mannheim. Fünf von ihnen sollen Efetürk tätlich angegriffen haben. Die Anklageschrift wirft ihnen "Verdacht des Raubes" und "gefährliche Körperverletzung" vor. Denn die Weinheimer Tat ist nur ein Teil der Anklage.

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Bereits einen Monat vor dem Weinheimer Vorfall sollen vier der Beschuldigten kurz vor 1 Uhr nachts einen Fahrgast in einer S-Bahn auf der Strecke von Heidelberg nach Mannheim ebenfalls wiederholt angegriffen und ihm Schläge ins Gesicht versetzt haben. Ein zweiter Fahrgast sei in die Zugtoilette gedrängt worden. Ihm sollen sein Smartphone und seine E-Sisha entwendet worden sein, so die weiteren Anklagepunkte.

Wenige Wochen nach der für ihn verhängnisvollen Fahrt war der tragische Held für sein mutiges Eingreifen im Rahmen der Kampagne "Beistehen statt rumstehen" öffentlich belobigt und ausgezeichnet worden. Nach dem Zeitungsbericht erreichten die RNZ zahlreiche Zuschriften, die Efetürk finanziell wie bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle sowie einer neuen Wohnung unter die Arme greifen wollten. Die Verwaltung der Stadt Weinheim richtete daraufhin ein Spendenkonto ein.

Es sei einiges an Geldern zusammengekommen, so der Sprecher der Stadt, Roland Kern, gestern auf Nachfrage. "Ohne aus verständlichen Gründen" genaue Zahlen nennen zu wollen. Auch eine neue Wohnung habe Efetürk mittlerweile gefunden, bestätigt Kern. Lediglich mit einer Arbeitsstelle habe es noch nicht geklappt, weil sich Efetürk auch aus psychischen Gründen noch immer außerstande sehe, arbeiten zu gehen. Man sei aber in Kontakt mit verschiedenen Arbeitgebern. Für den morgen, 9. November, um 9 Uhr beginnenden Prozess hat die 7. Strafkammer des Landgerichts Mannheim insgesamt 15 Verhandlungstage angesetzt.

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