Lebensmittelkontrolle

Wenn die Aubergine verschimmelt ist

Das hat sich gelohnt: Lebensmittelkontrolleurin Mareike Huber vom Rhein-Neckar-Kreis fand in einer Gaststätte 63 Mängel

28.09.2018 UPDATE: 29.09.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 10 Sekunden

Mareike Huber bei der Überprüfung eines Spülbereichs hinter einer Theke. Foto: Rhein-Neckar-Kreis

Rhein-Neckar. (RNZ) "Guten Abend, wie kann ich Ihnen helfen?": Der Gastronom begrüßt die Besucherin mit einem strahlenden Lächeln. "Ich komme vom Veterinäramt und Verbraucherschutz Rhein-Neckar-Kreis und führe heute eine allgemeine Lebensmittelkontrolle durch", antwortet Mareike Huber freundlich und zeigt ihren Dienstausweis. Der Restaurantinhaber ist überrascht, behält aber sein Lächeln. Im Verlauf der rund anderthalbstündigen Kontrolle wird es ihm allerdings ein paar Mal gefrieren.

Die Kontrolleurin zieht ihren weißen Kittel an, und gemeinsam geht es zur ersten Station, dem Bierkühlhaus im Keller. Bis auf eine verunreinigte Türgummidichtung ist hier alles in Ordnung. Im Thekenbereich des Gastraums zückt Huber eine Taschenlampe. Mit ihr kann sie auch in hintere Ecken leuchten - und wird schnell fündig: Die Begleitkühlung ist durch weiße sporenartige Beläge verschmutzt.

Zudem mahnt sie den Gastwirt zu etwas mehr Sauberkeit - dies wiederholt sich im Verlauf der Kontrolle noch ein paarmal. Eigentlich sei bei ihm immer alles in Ordnung, beteuert der Inhaber. Allerdings habe man am Abend zuvor eine größere Veranstaltung gehabt, und daher sei man nun noch mit dem Aufräumen und Putzen beschäftigt. Die Lebensmittelkontrolleurin geht auf solche Einwände, die nicht selten Ausreden sind, in der Regel nicht ein. Wenn Huber Mängel sieht, weist sie darauf hin.


Zahlen und Fakten aus dem Jahresbericht 2017 der Lebensmittelüberwachung des Rhein-Neckar-Kreises:

3422 Kontrollen in 2273 Betrieben

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646 Mängelberichte wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht

313 lebensmittelrechtliche Ordnungsverfügungen

87 Bußgeld- und 16 Strafverfahren

28 Betriebe wurden vorübergehend geschlossen

16 Mal wurde die Abgabe der Lebensmittel verboten oder eingeschränkt

14 Mal wurde angeordnet, Lebensmittel unschädlich zu vernichten

25 Mal verzichteten Lebensmittelunternehmer freiwillig auf den Verkauf und nahmen die Ware aus dem Verkehr


Im Kühlhaus fällt ihr Blick sofort auf den beschädigten Bodenbelag, der ausgetauscht werden muss. Für Restaurants sehen die Vorschriften glatte und leicht zu reinigende Flächen vor. Für Außenstehende mag es daher pingelig wirken, wenn bei solchen Kontrollen selbst kleine Bohrlöcher in Küchenfliesen oder auf Arbeitsplatten beanstandet werden. Doch gerade dort setzen sich Schmutz und Dreck besonders schnell fest, und es können sich Schädlinge einnisten. Bei einer verschimmelten Aubergine und einer lang abgelaufenen Wurst schweigt auch der Restaurantbetreiber.

In der Küche des Gasthauses fällt derweil Hubers Blick auf das eigentlich für das Personal vorgesehene Waschbecken, in dem benutzte Pfannen und Töpfe stehen. Sie hält auch diesen Mangel schriftlich fest, manchmal macht sie zu Dokumentationszwecken auch Fotos. Der Gastwirt kann später im Anordnungsbericht nachlesen: "Das Handwaschbecken ist stets betriebsbereit und funktionsfähig zu halten. Ebenso ist das Handwaschbecken zu jedem Zeitpunkt der Produktion freizuhalten, es darf nicht für andere Zwecke verwendet werden."

Mittlerweile liegt im Durchgang vom Thekenbereich zur Küche auf einmal ein großer Putzlappen, der sich am Anfang der Kontrolle dort noch nicht befand. Im Spülbereich steht die Eismaschine direkt unterhalb des Spülbeckens, was hygienisch gesehen alles andere als optimal ist. Der Inhaber weiß um dieses Problem, doch er habe die Küche nun mal so übernehmen müssen. Er beteuert, sich stets um die Reinigung der Eismaschine zu kümmern. Im dortigen Innenraum entdeckt Huber jedoch Verunreinigungen: "Gerade bei diesem empfindlichen Produkt kann das gefährlich Ausmaße annehmen."

Bei der Salatschleuder und dem großen Tischdosenöffner weist die Lebensmittelkontrolleurin darauf hin, dass diese besonders an den schwer zugänglichen Stellen gründlich zu reinigen und künftig sauber zu halten sind. "Leider sind Geräte für Großküchen oft nicht dafür gemacht, dass sie einfach gereinigt werden können", zeigt sie durchaus Verständnis. Die gelernte Konditormeisterin kennt die Problematik aus eigener Erfahrung. Dadurch dass sie vor ihrer Anstellung im Veterinäramt und Verbraucherschutz des Kreises selbst in der Lebensmittelbranche tätig war, weiß sie auch um andere Schwachstellen beim Reinigen und Instandhalten einer Großküche.

Türgummidichtungen zum Beispiel neigen schnell zur Schmutzablagerung, wenn sie nicht regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. "Schreiben Sie in Ihren Bericht, dass sie ausgetauscht werden müssen - dann muss mein Vermieter zahlen", meint der Pächter des Restaurants. Mareike Huber klärt ihn auf: "Ich ordne lediglich an, dass bei Mängeln der korrekte Zustand wiederhergestellt werden muss." Wie das geschieht, muss der Gastronom selbst klären. An diesem Abend wird die Lebensmittelkontrolleurin das erste Mal richtig stutzig: "Führt das Loch wirklich direkt nach draußen", fragt sie ungläubig, als sie vom Boden der Küche fast direkt ins Freie blicken kann - ein potenzielles Einfallstor auch für größere Schädlinge wie Mäuse oder Ratten. Dieser Zustand müsse sofort beseitigt werden, erklärt Huber. Auch nicht zu tolerieren ist, dass sich offenbar ein Hund regelmäßig im Büro aufhält - und dieses ist nur durch die Küche erreichbar.

Die allgemeine Lebensmittelkontrolle, die nicht angekündigt war, nähert sich dem Ende. Nach dem Hinweis, dass die Allergenkennzeichnung in der Speise- und Getränkekarte fehlerhaft ist, scheint die gute Laune des Betreibers verflogen zu sein. Er behält jedoch die Fassung und sichert zu, sich um die Beseitigung der insgesamt 63 festgestellten Mängel zu kümmern. In dem Restaurant wird es in wenigen Wochen sicher eine Nachkontrolle geben.

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