Bevor die Welt still steht

Coronavirus schränkt öffentliches Leben stark ein

Schulen schließen ab Dienstag - Auflagen für Besucher von Pflegeeinrichtungen

13.03.2020 UPDATE: 14.03.2020 06:00 Uhr 4 Minuten, 56 Sekunden
Große Enttäuschung für die Organisatoren und Aussteller des Ostereiermarkts im Schwetzinger Schloss: Die Traditionsveranstaltung muss dieses Jahr ausfallen.

Von Anna Manceron

Region Schwetzingen. Die Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie schränken das öffentliche Leben in Deutschland immer weiter ein. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Freitag an, die Landesregierung werde alle öffentlichen Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern untersagen. Nur wenige Minuten zuvor hatte Kretschmann erklärt, dass alle Schulen und Kindergärten in Baden-Württemberg von Dienstag, 17. März, an bis zum Ende der Osterferien geschlossen sind. Was bedeutet das für die Menschen in Schwetzingen und Umgebung? Ein Überblick:

> Schulen: Am Hebel-Gymnasium in Schwetzingen ist man am Freitagnachmittag noch völlig perplex über die Entscheidung der Landesregierung, den Schulbetrieb in ganz Baden-Württemberg ab Dienstag einzustellen. "Ich kann jetzt noch nicht sagen, wie es für uns weitergeht", erklärt Schulleiter Stefan Ade auf Nachfrage der RNZ. "Wir werden uns heute noch zusammensetzen und darüber beraten, wie wir den Montag für Schüler und Lehrer sinnvoll nutzen können." Deutlich entspannter reagierte das Schwetzinger Privatgymnasium. Dort fiel die Entscheidung, die Schule zu schließen, bereits vor dem offiziellen Beschluss der Landesregierung.

Noch tummeln sich die Menschen in der Schwetzinger Fußgängerzone. Doch die Maßnahmen von Stadt und Land gegen das Coronavirus greifen tief in ihren Alltag ein. Fotos (4): Lenhardt

Der Unterricht falle deshalb aber nicht aus, berichtet Schulsekretärin Andrea Hahn. Stattdessen werden die Schüler über digitale Lernplattformen unterrichtet. "Dort bekommen sie jeden Tag Lernmaterial zur Verfügung gestellt, mit dem sie dann eigenständig arbeiten müssen", so Hahn. "Unsere Schule nutzt diese elektronische Plattform schon länger." Der Unterricht vor Ort ist am Privatgymnasium bereits ab Montag ausgesetzt. Das Sekretariat ist an diesem Tag aber noch geöffnet.

Schwetzingens Oberbürgermeister René Pöltl kündigte an, die Stadt werde in der kommenden Woche eine Notbetreuung für Kinder einrichten. Sie ist für jene Eltern gedacht, die Arbeiten verrichten, die wichtig sind für das Aufrechterhalten der gesellschaftlichen Ordnung. Gemeint sind unter anderem Feuerwehrleute, Polizisten und Pflegekräfte, aber auch Menschen, die in der Lebensmittelversorgung arbeiten. "Für ihre Kinder arbeiten wir ab Montag an einer Notbetreuung", versprach der OB. Möglicherweise könne diese bereits ab Dienstag in Kraft treten.

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> Veranstaltungen: Die beiden großen Kreisstädte Schwetzingen und Hockenheim haben bis auf Weiteres alle städtischen Veranstaltungen abgesagt. In Hockenheim sind davon auch jene Termine betroffen, die in kommunalen Einrichtungen wie Stadtwerke, Pumpwerk, Stadtbibliothek, Aquadrom und Jugendzentrum stattfinden. Die Entscheidung über die Durchführung privater Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen obliege weiter dem jeweiligen Veranstalter, betont Rathaussprecher Christian Stalf. Die Stadt empfiehlt diesen Veranstaltern aber, von Terminen abzusehen. Die für Freitag, 13. März, geplante 1920er-Jahre-Show "Glanz auf dem Vulkan" in der Hockenheimer Stadthalle wurde auf Mittwoch, 28. Oktober, 20 Uhr, verlegt. Die Tickets behalten ihre Gültigkeit. Auch das Kindermusical "Ritter Rost und das Gespenst" am Sonntag, 15. März, wird verlegt. Den neuen Termin gibt der Veranstalter in den nächsten Tagen bekannt.

Von den Absagen ist auch die für den 23. März geplante Bürger-Informationsveranstaltung über die Zukunft des Hockenheimrings betroffen. Der Termin werde nachgeholt, sobald es die Sachlage zulasse, so Stadtsprecher Christian Stalf. Das Jugendzentrum am Aquadrom schließt während der Osterferien vom 28. März bis zum 14. April wie gewohnt seine Türen. Auch die Gemeinde Brühl hat alle geplanten kommunalen Veranstaltungen in der Festhalle abgesagt. "Das empfehlen wir auch anderen Veranstaltern", heißt es in einer Mitteilung der Gemeinde.

> Rathäuser: Das Hockenheimer Rathaus hat weiterhin geöffnet, ebenso andere kommunale Einrichtungen wie Stadtwerke, Pumpwerk, Stadtbibliothek, Aquadrom oder Jugendzentrum. Aber: "Wir bitten alle Bürger, in den kommenden Wochen nur noch bei sehr wichtigen Anliegen in das Rathaus und unsere Einrichtungen zu kommen", erklärt Hockenheims Oberbürgermeister Marcus Zeitler in einer Mitteilung. Alle anderen Anliegen solle man wenn möglich per Telefon, E-Mail oder über andere digitale Wege klären. "Die Stadt kommt dadurch der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter nach. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung muss gewährleistet bleiben", betont Zeitler.

Am Schwetzinger Privatgymnasium findet der Unterricht ab nächster Woche im Internet statt. Die Schüler erhalten ihre Aufgaben dann über eine elektronische Lernplattform.

Im Schwetzinger Rathaus wird man die normale Besuchszeit in der kommenden Woche ganz abschaffen. "Ab Dienstag ist das Rathaus geschlossen", erklärt OB René Pöltl gegenüber der RNZ. Die Bürger sollten dann nur noch in ganz dringenden Fällen das Rathaus aufsuchen und dafür vorher am Telefon einen Termin vereinbaren.

In Brühl müssen die Bürger vor einem Besuch des Rathauses ebenfalls telefonisch Kontakt aufnehmen. Aufgrund der aktuellen Lage bittet die Verwaltung die Besucher, von persönlichen Vorsprachen abzusehen. Dies gelte ganz besonders für Personen, die sich in den letzten Wochen in einem vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiet aufgehalten haben, an Erkältungssymptomen leiden oder zu einer durch die Infektion besonders gefährdeten Risikogruppe gehören.

Ob eine persönliche Vorsprache im Rathaus notwendig ist, kann man telefonisch oder per E-Mail abklären. Die Durchwahlnummern der Mitarbeiter finden sich auf der Internetseite des Rathauses. Die E-Mail-Adresse lautet: buergermeisteramt@bruehl-baden.de. Für allgemeine Anfragen gelten die Rufnummer 06202 / 2003-0 und die E-Mail-Adresse info@bruehl-baden.de.

> Theater: Das "Theater am Puls" in Schwetzingen schließt bis einschließlich 19. April seine Pforten. Wer bereits Karten für eine Vorstellung gekauft hat, kann diese über das Internetportal Reservix zurückgegeben. "Dem Theater entstehen dadurch leider sehr hohe Verluste", erklärt Intendant Joerg Mohr. "Daher freuen wir uns, wenn Karteninhaber sich diesen Betrag nicht zurück erstatten lassen." Die unvorhergesehene Corona-Pandemie stelle nicht nur das kleine Schwetzinger Privattheater vor große existenziell finanzielle Probleme. Auch alle anderen Privattheater des Landes seien betroffen, so Mohr.

> Schloss Schwetzingen: Der Beschluss der Landesregierung, Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 100 Teilnehmern zu verbieten, hat auch dem diesjährigen Ostereiermarkt im Schwetzinger Schloss ein jähes Ende bereitet. Der Markt war für Samstag und Sonntag, 14. und 15. März, geplant – mit einer Begrenzung von maximal 400 Besuchern. Als am Freitagnachmittag klar war, dass er ganz ausfällt, hatten die Aussteller bereits mit dem Aufbau ihrer Stände begonnen. "Das ist einfach nur Horror", sagte Christa Treiber, die Organisatorin des Markts.

Die neue Situation stellt sie vor ein Rätsel. "Ich weiß nicht, ob ich die Standgebühren an die Aussteller zurückzahlen muss", so die Veranstalterin. Außerdem habe sie für das Drucken und Aufhängen der Plakate, die Bestuhlung und die Miete für die Räume im Schloss bereits mehr als 5000 Euro ausgegeben. Ob sie auf diesen Kosten sitzen bleibt, weiß Treiber noch nicht. "Ich werde jetzt jemanden finden müssen, der sich damit auskennt", sagt sie.

> Schwimmbäder: Die Gemeinden Schwetzingen und Oftersheim haben sich dazu entschieden, das gemeinsam geführte kommunale Freizeitbad Bellamar ab Dienstag, 17. Februar, für unbestimmte Zeit zu schließen. "Es hat keinen Sinn, Schulen zu schließen, wenn die Schüler anschließend alle ins Schwimmbad gehen", sagte OB René Pöltl. "Das ist sehr bedauerlich und macht uns traurig. Aber es geht nicht anders."

Das Freizeitbad Bellamar stellt ab kommenden Dienstag seinen Betrieb bis auf Weiteres ein.

Die Entscheidung, das Bad vorerst dicht zu machen, fiel am Freitagnachmittag. Wenige Stunden zuvor hatte Bäderleiter Alexander Happold gegenüber der RNZ noch berichtet, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie bereits spürbar seien. "Wir verzeichnen seit dem letzten Wochenende einen Rückgang der Besucherzahlen um 30 Prozent", sagte Happold. In Hockenheim hält die Stadtverwaltung derweil am Betrieb ihres kommunalen Freizeitbads fest. "Das Aquadrom bleibt bis auf Weiteres geöffnet", bestätigte Stadtsprecher Christian Stalf auf Nachfrage.

> Pflegeeinrichtungen: Die Stadt Schwetzingen hat den Besuch von Krankenhäusern, Reha-Kliniken, Pflegeheimen und anderen medizinischen Einrichtungen stark eingeschränkt. Dies gilt auch für ambulant betreute Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen. Laut einer am Freitag veröffentlichten Allgemeinverfügung der Stadt dürfen Personen, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben und nach Schwetzingen zurückgekehrt sind, diese medizinischen Einrichtungen 14 Tage lang nicht betreten.

Es gibt aber ein paar Ausnahmen für Angehörige, zum Beispiel im Rahmen einer Sterbebegleitung oder zur Begleitung eines erkrankten Kinds. Auch das Pflegepersonal ist von diesen Auflagen ausgenommen. Die Stadt Schwetzingen begründet diese harten Einschnitte mit dem "Schutz besonders vulnerabler Gruppen" wie alte oder kranke Menschen. Außerdem sichere man damit auch das Aufrechterhalten der gesundheitlichen Versorgung.

Info: Die Liste der Risikogebiete ist im Internet unter www.rki.de/ncov-risikogebiete abrufbar. Die Informationen werden täglich aktualisiert.

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