Kreishaushalt: "Gejammer aus den Rathäusern"
Gestern wurde im Rahmen der Kreistagssitzung in Sinsheim-Steinsfurt der Haushalt 2015 des Rhein-Neckar-Kreises verabschiedet
Sinsheim. Die Verabschiedung des Kreishaushalts ist bekanntlich nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig: Auch das Zahlenwerk 2015 reihte sich gestern nahtlos in die lange Liste dieser eher zähen und monotonen Veranstaltungen ein. Stundenlang Zahlen, Zahlen, Zahlen, da schwirrt auch hartgesottenen Kreispolitikern irgendwann der Kopf. Wäre da nicht der Auftritt von "Stimmungskanone" Ralf Frühwirt gewesen, dem ein oder anderen Politiker wären wohl die Augen zugefallen.
Doch mit dem grünen Fraktionschef kam richtig "Leben in die Bude". Frühwirt sorgte erst für Gelächter, dann für laute Buhrufe und rief schließlich sogar den Landrat auf den Plan. Erst fing er sich eine Rüge von Stefan Dallinger ein, dann wurde Frühwirt zur Ordnung gerufen. Selbst eine drakonische Strafe stand im Raum: Redeentzug.
Was war geschehen? Dem Grünen war die für 2015 geplante höhere Verschuldung des Kreises ein Dorn im Auge, seine Fraktion hätte über die sogenannte Kreisumlage lieber Städte und Gemeinden stärker belastet. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings bereits klar, dass es für eine Erhöhung der Kreisumlage keine Mehrheit geben wird.
Ein Fehler, moserte der Grüne, er könne das "Gejammer aus den Rathäusern" nicht mehr hören. Die Kommunen würden quasi Geld anhäufen, dass der Kreis gut gebrauchen könne. Das ließen sich die zahlreichen Bürgermeister im Plenum natürlich nicht bieten. Sie quittierten die Aussagen des Grünen mit lauten Buhrufen - tumultartige Zustände folgten.
Schon zuvor hatte Frühwirt mit einem Zwischenruf in Richtung Bruno Sauerzapf für Gelächter gesorgt, jetzt nahm er den Fehdehandschuh wieder auf und bezichtigte den CDU-Fraktionschef wegen einer Bemerkung in Bezug auf den grünen Landesverkehrsminister Hermann gleich zweimal der Lüge - was die zuvor beschriebene Reaktion des Landrats hervorrief. Einen Redeentzug wollte Frühwirt dann doch nicht riskieren, sprach fortan von "Unwahrheit", die Situation entspannte sich wieder.
Der Rest der Haushaltsdiskussion ist schnell erzählt. Zunächst das Wichtigste: Der Haushalt 2015 wurde mit großer Mehrheit verabschiedet. Dennoch gab es zwischen den Fraktionen einige Meinungsverschiedenheiten: > Kreisumlage: Mehrheitlich wurde gestern beschlossen, dass der Hebesatz der Kreisumlage unverändert bleibt. Zwar müssen die Städte und Gemeinden wegen ihrer gestiegenen Steuerkraft trotzdem rund 33 Millionen Euro mehr an den Kreis überweisen - Grüne und die Linken hätten gerne eine Erhöhung der Umlage durchgesetzt und damit die Kommunen stärker belastet.
Personennahverkehr: Mehrheitlich beschlossen wurde eine Erhöhung des Zuschusses für die "Aufwanddeckungsfehlbeträge" beim öffentlichen Personennahverkehr von 35 auf 40 Prozent. Dadurch werden die betroffenen Kommunen um 620.000 Euro entlastet. Freie Wähler, FDP und die Linken können sich mit dieser Entscheidung nicht anfreunden und wollen erst einmal ein Gesamtkonzept für den Nahverkehr abwarten.
Ankauf der ehemaligen Polizeidirektion Heidelberg: Der Kreis möchte seine Ämter, die derzeit noch auf mehrere Standorte in Heidelberg verteilt sind, im Bereich des Landratsamtes bündeln und wird zu diesem Zweck das benachbarte Gebäude der ehemaligen Polizeidirektion vom Land erwerben. Kostenpunkt: Rund 34 Millionen Euro. Dass das Gebäude erst 2019 genutzt werden kann, die erste Rate in Höhe von 11,7 Millionen Euro aber bereits im kommenden Haushaltsjahr fällig wird, stößt unter anderem den Freien Wählern bitter auf. Fraktionschef Hans Zellner will "noch einmal Nachverhandlungen mit dem Land".
Kontrovers werden zudem die Schuldenlage des Kreises, die Personalausgaben im Haushaltsansatz 2015 und einige Investitionsvorhaben gesehen.