Kreiselkunst "mit Augenmaß"

Stuttgart/Rhein-Neckar. Laut Verkehrsminister Winfried Hermann müssen die Kunstwerke nicht zwingend abgebaut werden. Was passiert in Rauenberg, Heddesheim und Ladenburg?

06.02.2013 UPDATE: 06.02.2013 05:27 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden
Das Kreiselkunstwerk in Ladenburg stand bislang auf der Abschlussliste. Foto: Dorn
Von Roland Muschel und Alexander Albrecht

Stuttgart/Rhein-Neckar. Kein anderes Thema - der Dauerbrenner Stuttgart 21 ausgenommen - hat Verkehrsminister Winfried Hermann in den vergangenen Monaten so in Beschlag genommen wie der umstrittene Sicherheitserlass für Kreisverkehre: Am 15. November 2011 hatte sein Haus die unteren Behörden darauf verpflichtet, zu prüfen, ob Kunstwerke in Kreisverkehren nicht die Verkehrssicherheit gefährden. Seitdem haben es landesweit 100 solcher Kunstwerke auf die Abschussliste geschafft, was wiederum vielerorts verärgerte Bürger auf den Plan gerufen hat.

"Ich war überrascht über so viel Kulturaufstand", sagte Hermann gestern nach der Kabinettssitzung, und dass er, wenn er das geahnt hätte, früher für Klarheit gesorgt hätte. Nun will Hermann mit "erläuternden Hinweisen" für die unteren Behörden dafür sorgen, dass die Beamten in den Landratsämtern künftig "stärker mit Augenmaß" vorgegangen wird.

Ein Hinweis lautet, dass Kreiselkunst innerorts weiter möglich ist, außerorts beim Bau neuer Kreisverkehre an Bundes- oder Landesstraßen grundsätzlich keine "starren Hindernisse" auf der Mittelinsel mehr etwas zu suchen haben. Bei bereist bestehenden Kreisverkehren weist Hermann nun darauf hin, dass auch Alternativen zum Abbau von Kunstwerken geprüft werden sollten.

In Frage kämen etwa Rüttelstreifen, Warnhinweise oder Tempolimits. Das wird man in Rauenberg, Heddesheim und Ladenburg gerne hören. Deren (außerörtliche) Kreiselkunstwerke hatte eine Kommission - mit Vertretern aus Polizei, Straßenbauamt und Regierungspräsidium - vor einem Jahr mit einem hohen Risiko bewertet und auf die Abschussliste gesetzt.

Sollten sich dort im Sinne Hermanns Alternativen finden lassen, müssen die Kreiselverschönerungen vielleicht doch nicht abgebaut werden. Worüber sich die Bürgermeister der betroffenen Kommunen Rainer Ziegler (Ladenburg), Michael Kessler (Heddesheim) und Frank Broghammer (Rauenberg) ganz besonders freuen würden, hatten sie doch von Anfang an Widerstand gegen die Pläne aus Stuttgart geleistet. Hoffnung hatte ihnen kürzlich bereits die SPD-Landtagsfraktion gemacht, die das Verkehrsministerium aufgefordert hatte, den Erlass "sofort auf Eis zu legen".

35 Kreisel-Kunstwerke sind in Baden-Württemberg, dem Bundesland mit den meisten Kreisverkehren und den meisten Objekten darauf, seit 15. November schon abgebaut worden. Auch künftig wird nicht alles stehen bleiben. Die "Vision Zero", das Vorhaben, die Zahl der Verkehrstoten möglichst auf Null zu senken, stehe weiter auf der Agenda, sagte Hermann. "Man hat über die Kunst- und Bürokratie-Debatte ein wenig aus den Augen verloren, dass es um Menschenleben geht."

Leider, so Hermann, sei das Problem "extrem aufgeladen worden", viele hätten ihre Vorurteil gepflegt, bis hin zu SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der ein "Moratorium" gefordert hatte. Dass Hermann die Schuld am bisher rigorosen Kurs den unteren Behörden zuschiebt, kommt indes nicht nur beim Koalitionspartner schlecht an.

In etlichen Landratsämtern stößt das Vorgehen ebenfalls auf Kritik. "Wir müssen die Buhmänner für Stuttgart spielen", sagte ein mit den Vorgängen vertrauter Beamter gestern der RNZ.

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