Kein Schmerzensgeld für Vergewaltigungslüge

Tochter des zu Unrecht beschuldigten und mittlerweile verstorbenen Lehrers zieht die Klage aus Angst vor den Prozesskosten zurück,

07.02.2014 UPDATE: 07.02.2014 05:00 Uhr 1 Minute, 26 Sekunden
Muss kein Schmerzensgeld zahlen: Die wegen einer Falschaussage zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilte Lehrerin Heidi K., hier beim Prozess im Landgericht Darmstadt. Die Tochter des Lehrers, den sie der Vergewaltigung beschuldigt hatte, zieht ihre Klage zurück. Foto: dpa
Von Elmar Stephan

Reichelsheim/Osnabrück. Mit erfundenen Vergewaltigungsvorwürfen hat eine Lehrerin aus Reichelsheim im Odenwald ihren Kollegen ins Gefängnis gebracht. Ein Schmerzensgeld wird sie für diese Jahre hinter Gittern aber nicht zahlen müssen: Die Tochter des kurz nach seiner Rehabilitierung gestorbenen Hans Arnold zog jetzt ihre Zivilklage gegen die Frau zurück. Seine Mandantin hätte den möglicherweise über mehrere Instanzen laufenden Prozess aus eigener Tasche vorfinanzieren müssen, teilte ihr Anwalt Hartmut Lierow dazu gestern mit. Sie hätte damit rechnen, auch bei Erfolg auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Die Lehrerin war 2012 vom Landgericht Darmstadt wegen ihrer Falschaussage zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Tochter des von ihr ins Gefängnis gebrachten Arnold hatte sie auf Schmerzensgeld verklagt, nach Worten des Anwalts für das Leid, das ihr Vater wegen der unschuldig in Haft verbrachten Jahre ertragen musste. Das Landgericht Osnabrück hatte die Lehrerin im vergangenen Herbst zur Zahlung von 80.000 Euro verurteilt. Dagegen hatte die Lehrerin Einspruch eingelegt; ein langer Rechtsstreit drohte.

Die Schmerzensgeldansprüche hätten bislang nicht vollstreckt werden können, sagte Lierow. Die verurteilte Lehrerin, die nach wie vor auf dem Vorwurf der Vergewaltigung beharrt, habe rechtzeitig ihre Beamtengehaltsansprüche an Dritte abgetreten. Außerdem sei ihr für ihren Einspruch Prozesskostenhilfe gewährt worden. Seine Mandantin hingegen hätte sämtliche Prozesskosten vorstrecken müssen, auch die Kosten für Anreise und Übernachtung von Zeugen. Weil ihr die Haftentschädigung ihres Vaters per Erbe zugefallen sei, habe sie keine Prozesskostenhilfe bekommen. "Justizopfer haben schlechte Karten in Deutschland", kritisierte Lierow.

Der Fall des unschuldig zu fünf Jahren Haft verurteilten Arnold gilt als einer der größten Justizirrtümer Deutschlands. Wegen des Vorwurfs, er habe seine Kollegin 2001 im Biologieraum einer Schule in Reichelsheim im Odenwald vergewaltigt, war Arnold vom Landgericht Darmstadt verurteilt worden. Er beteuerte all die Jahre seine Unschuld. Aber genau wegen dieser Beharrlichkeit galt er der Justiz als uneinsichtig und kam daher nicht in den Genuss von Vollzugslockerungen. Auch nach seiner Haftentlassung stand er noch unter einer dreijährigen Führungsaufsicht.

Erst als einer Frauenbeauftragten des Schulamts auffiel, dass das vermeintliche Opfer in anderen Fällen reihenweise Lügen auftischte, wurde der Fall neu aufgerollt. Das Landgericht Kassel stellte 2011 die Unschuld Arnolds fest. Ein Jahr später starb er an Herzversagen - nur wenige Monate nach dem endgültigen Freispruch durch den Bundesgerichtshof.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.