Experten sehen Mannheimer Uniklinik auf einem gutem Weg

Die Kommission zur Aufarbeitung des Mannheimer Hygieneskandals übergab dem Aufsichtsrat ihren Abschlussbericht

01.05.2015 UPDATE: 02.05.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Nach turbulenten Monaten herrscht im Uniklinikum wieder weitgehend Normalität. Foto: vaf

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Eine tote Fliege im OP-Besteck, unqualifiziertes Reinigungspersonal, Razzien der Staatsanwaltschaft, ein stark gedrosseltes Operationsprogramm, Anzeigen ehemaliger Patienten und ein betriebswirtschaftlicher Verlust von mehr als 8,5 Millionen Euro: Monatelang bestimmte der Hygieneskandal am Mannheimer Uniklinikum die Schlagzeilen.

Inzwischen herrscht im Krankenhaus wieder weitgehend Normalität. Offenbar ist es der neuen Klinikdoppelspitze - Professor Frederik Wenz als medizinischem Vertreter und dem Betriebswirt Jörg Blattmann - gelungen, das Ruder herumzureißen. Sie hatten am 1. Dezember den zurückgetretenen Geschäftsführer Alfred Dänzer beerbt und ein ganzes Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht.

Wenz und Blattmann haben die umgebaute und jetzt zentralisierte Sterilgutversorgungsabteilung direkt der Geschäftsführung unterstellt. Das ist der Bereich, in dem die OP-Instrumente gereinigt werden, und in dem die Hygieneaffäre im Oktober 2014 begann. Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Karlsruhe hatten festgestellt, dass den dortigen "Waschmaschinen" ein Tüv-ähnliches Siegel fehlte.

Mittlerweile sind zwei Drittel des Operationsbestecks durch Fabrikneues ersetzt worden. Reinigungsmitarbeiter wurden nachgeschult und erhalten Hilfe von Spezialisten des Fachunternehmens Orgamed. Ein neuer und unabhängiger Risikomanager soll Beschwerden des Klinikpersonals nachgehen und sämtliche Abteilungen unter die Lupe nehmen.

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Die Kommission zur Aufarbeitung des Hygieneskandals ist mit den eingeleiteten Schritten zufrieden. Werden diese konsequent umgesetzt, sei ein Betrieb der Zentralsterilisation sichergestellt, der den Richtlinien entspreche. Das teilte nun die Pressestelle der Stadt Mannheim mit, in deren Händen die Öffentlichkeitsarbeit der Kommission liegt. Oberbürgermeister Peter Kurz führt den Klinikaufsichtsrat, der die Experten berufen hatte. Mitte Mai soll der jetzt übergebene Abschlussbericht bei der nächsten Sitzung des Kontrollgremiums analysiert und besprochen werden.

Zur weiteren Verbesserung der Abläufe habe die Kommission Empfehlungen für die Bereiche Hygiene, Sterilisation und Organisationsstruktur gemacht, erklärte Stadtsprecher Dirk Schuhmann. Unklar ist, ob die Experten auch Antworten gefunden haben auf eine von Kurz selbst im Herbst letzten Jahres aufgeworfene "Kernfrage": "Wie konnte es sein, dass Hinweise von Mitarbeitern nicht zur Klinikleitung und zum Aufsichtsrat durchdrangen?"

Hintergrund waren anonyme Hinweise von Ärzten im internen Klinikinternetforum etwa über eine tote Fliege oder Knochenteile im OP-Besteck. Die Suche nach den Verantwortlichen laufe, sagte Kurz damals. Seit Anfang Februar geht die Staatsanwaltschaft Mannheim einem Anfangsverdacht gegen sechs Mitarbeiter nach. Möglicherweise haben die Angestellten aus den Bereichen Logistik und Verwaltung gegen Vorschriften verstoßen. Es sollen nach Angaben eines Sprechers keine behandelnden Ärzte darunter sein.

Gerne hätte die RNZ die Informationen zur Aufarbeitung des Hygieneskandals aus erster Hand erhalten. Doch zwei Anfragen an den Regensburger Kommissionschef Professor Oliver Kölbl blieben unbeantwortet. Die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtete in ihrer Internetausgabe, dass sich die Experten schriftlich verpflichten mussten, keine Stellungnahmen nach außen abzugeben. Ehe die Kommission Mitte November 2014 loslegte, hatte Kölbl noch der Deutschen Presse Agentur ein Interview gegeben.

Laut Stadtsprecher Schuhmann ist der Expertenbericht ausschließlich zur Information des Aufsichtsrats gedacht und werde nicht öffentlich gemacht. "Zeit online" berichtete zudem von Problemen innerhalb der Kommission. Die ausgewiesenen Hygieniker Prof. Heike Martiny (Berlin) und Prof. Heinz-Michael Just (Nürnberg) hätten das zunächst sechsköpfige Team im Januar wegen Unstimmigkeiten verlassen. Letzterer habe eine Tätigkeit für die Kommission "auf freier Basis" angeboten.

Auch hätten sich die Gutachter innerhalb von zwölf Wochen nur einmal vor Ort getroffen, schrieb "Zeit online" unter Berufung auf ein namentlich nicht genanntes Mitglied der Runde. Schuhmann dagegen spricht von mehreren Terminen in Mannheim und verweist auf "zahlreiche Gespräche" der Experten mit Klinikmitarbeitern. Während Heike Martiny tatsächlich im Januar "auf eigenen Wunsch" ausgeschieden ist, sei Heinz-Michael Just Kommissionsmitglied geblieben und habe auch am Abschlussbericht mitgewirkt.

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