Von Alexander Albrecht
Rhein-Neckar. Die Frage war schon etwas gemein. "Was ist ihr Lieblingskonzert in diesem Jahr?", wollte ein Journalist von Rainer Kern wissen. Ausgerechnet er, der Macher von "Enjoy Jazz", sollte sich nun festlegen. Kern kam etwas in Verlegenheit - bis ihn Susanne Schulz "rettete".
Die Pressesprecherin des Jazz-Festivals betrat mit einer Geburtstagstorte den Gartensaal des "Europäischen Hofs" in Heidelberg. Und die Anwesenden schmetterten "Happy Birthday". Der gestern 47 Jahre alt gewordene Kern darauf grinsend: "Das ist mein Lieblingskonzert!" Der Festivalchef hatte beim Pressegespräch nicht nur seines Wiegenfestes wegen allen Grund zum Strahlen. Kern und seinem kleinen Team ist es gelungen, auch für die 14. Auflage von "Enjoy Jazz" (2. Oktober bis 10. November) sowohl Weltklassekünstler wie Herbie Hancock und Madeleine Peyroux, Legenden wie Archie Shepp und Yusef Lateef als auch hoch talentierte neue Gesichter zu gewinnen.
Die über 260 Künstler aus 24 Ländern werden in den sechs Wochen bei rund 80 Veranstaltungen und in 32 größeren und kleineren Spielstätten zu sehen sein - überwiegend bei Konzerten, aber auch beim Rahmenprogramm mit Podien und Matineen. Der Schirmherr und ehemalige baden-württembergische Kultur-Staatssekretär Michael Sieber hofft, dass die "erstaunliche Besucherzahl" von rund 26 000 aus dem vergangenen Jahr nochmals gesteigert wird.
Der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner verwies darauf, dass "Enjoy Jazz" als einziges Festival in Deutschland in den Genuss einer Förderung durch die Europäische Union kommt. Und er freut sich auf die 25 Konzerte und Veranstaltungen allein in der Unistadt.
Dort fällt am 2. Oktober auch der offizielle Startschuss. Der ehemalige Drummer von Miles Davis, Jack DeJohnette, will mit seiner Formation den Königssaal des Schlosses zum Vibrieren bringen. Dass Heidelberg für Toleranz und Weltoffenheit stehe, mache sich durch das Konzert des Saxofonisten Peter Brötzmann am 9. Oktober in der Hochschule für Jüdische Studien bemerkbar, so Würzner. Ein weiterer neuer Veranstaltungsort ist das Frauenbad im Alten Hallenbad, das laut dem OB bald wieder seine Pforten öffnet.
Heidelberg stellt mit dem "Center for American Studies" zudem den Austragungsort für das dreitägige Symposium "Lost in Diversity. Ein transatlantischer Dialog zur gesellschaftlichen Bedeutung des Jazz" (7. bis 10. November). Prominente Gäste sind die Musiker Archie Shepp und Yusef Lateef, die mit Reggie Workman, Hamid Drake und Mulgrew Miller auch beim Abschlusskonzert im BASF-Feierabendhaus am 10. November in Ludwigshafen gemeinsam auf der Bühne stehen. Bereits seit acht Jahren ist das Heidelberger Unternehmen SAS Hauptsponsor von "Enjoy Jazz". "Wir verstehen uns als Bestandteil der Metropolregion und wollen durch unser Engagement zu ihrer Attraktivität beitragen", sagte Jürgen Fritz, Mitglied der Geschäftsleitung.
Ein weiterer großer Geldgeber ist die BASF. Friederike Reutter, beim Chemieriesen zuständig für kulturelle Veranstaltungen, sprach von einer neuen Stufe der Nachwuchsarbeit und nannte die Gründung der "Enjoy Jazz"-Schulbigband, bestehend aus jungen Musikern des St. Rafael-Gymnasiums in Heidelberg, des Mannheimer Johann-Sebastian-Bach-Gymnasiums und des Max-Planck-Gymnasiums in Ludwigshafen als Beispiel.
Die jüngere Generation im Blick hatte ebenfalls der Mannheimer Bürgermeister Michael Grötsch. So tauschen sich junge Kulturmanager während des Festivals bei einem Netzwerktreffen in der Popakademie aus. Keine Frage: "Enjoy Jazz" hat wieder viel zu bieten. Aber nicht so viel, dass die Gäste den Überblick verlieren. Oder wie Festivalchef Rainer Kern sagte: "Wir wollen das Publikum unterhalten und nicht überfordern."
Fi Info: Karten gibt es bei allen RNZ-Geschäftsstellen. Weitere Informationen unter www.enjoyjazz.de