Anschlagsversuch in Ludwigshafen: "Ich bin total verunsichert"

Nach der Explosion bei der BASF vor wenigen Wochen, ist der verhinderte der Bombenanschlag ein weiterer Schock für die Ludwigshafener. Ein Stimmungsbericht.

16.12.2016 UPDATE: 17.12.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Rathauscenter
Passanten gehen in das Rathaus-Center von Ludwigshafen. Hier soll ein Junge einen Anschlag geplant haben. Foto: Uwe Anspach

Von Stephen Wolf

Ludwigshafen. Es ist ein ganz normaler Freitagmorgen im Dezember gestern in der Innenstadt von Ludwigshafen: Der Verkehr fließt, Menschen kaufen ein, am Weihnachtsmarkt öffnen die ersten Stände. Nichts deutet darauf hin, dass die Stadt möglicherweise nur knapp einem blutigen Anschlag entgangen ist, den ein zwölf Jahre alter Junge auf dem Weihnachtsmarkt geplant haben soll. Doch die Menschen sind beunruhigt.

"Erst die Explosion bei der BASF vor ein paar Wochen, jetzt diese Meldung. Was soll man davon halten?", fragt eine Frau, die mit einem Kinderwagen in der Nähe des Rathaus-Centers unterwegs ist. Sie plane dieses Jahr keinen Besuch des Weihnachtsmarktes. "Ich bin total verunsichert", sagt sie.

Einen Steinwurf entfernt soll der mutmaßliche, junge Bombenleger am 5. Dezember eine Tasche deponiert haben. Nachdem ein Passant die Tasche in der Nähe des Rathaus-Centers entdeckt hatte, musste die Polizei die Umgebung absperren. Die Experten des Landeskriminalamtes fanden darin ein Glas mit vermutlich pyrotechnischem Material, wie es in Feuerwerkskörpern vorkommt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt nun wegen des Fundes einer Nagelbombe.

Eben jener zwölf Jahre alte Junge steht offenbar im Verdacht, zuvor einen Bombenanschlag auf dem Weihnachtsmarkt geplant zu haben. "Bewiesen ist ja noch nichts, aber natürlich machen wir uns Gedanken, wie sich das alles noch entwickeln wird", sagt Patricia Bakker-Brauch. Sie verkauft an einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein und Chili con Carne. Man dürfe sich jetzt aber auch nicht verrückt machen, betont die Frau aus Böhl-Iggelheim. Wie sich das Ganze auf ihr Geschäft auswirken werde, sei kaum abzusehen.

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Ihre Mutter verkauft nebenan Kartoffelpuffer. "Was wollen diese Leute eigentlich von uns?", fragt sie mit Blick auf mögliche Verbindungen des deutsch-irakischen Jungen zu Extremisten. "Das alles macht mich nachdenklich. Aber auch zornig." Ein Mann neben ihr sagt, Ausländerfeinde und sonstige Hetzer könnten den Fall instrumentalisieren. "Das Thema ist brisant. Wir sollten es nicht so stark pushen."

Auch Marcus Endlich hat einen Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt und weiß aus Erfahrung, dass die Besucher sehr sensibel auf Meldungen wie die von dem möglichen Anschlag reagieren. "Im vergangenen Jahr haben sich die Anschläge in Paris auf die Besucherzahlen ausgewirkt", sagt der 40-Jährige. "Ich gehe davon aus, dass es diesmal auch so sein wird, zumal es um ein Ereignis direkt vor unserer Haustür geht." Das treffe natürlich viele Geschäftsleute, die hier Stände hätten.

Direkt gegenüber arbeitet die 19 Jahre alte Belgin in einem Kiosk. Sie fürchtet keine Anschläge. Aber sie hält es für möglich, dass sich das Verhältnis zwischen Deutschen und Einwanderern nach und nach verschlechtert.

"Das wäre schlimm", sagt die türkischstämmige Frau. Nach Meinung ihrer Freundin, der 18 Jahre alten Schülerin Damla, hat sich das Verhältnis schon verschlechtert hat. Man müsse nur den Leuten zuhören. Als türkischstämmiger Bürger oder als Kind von Einwanderern komme man nicht gut weg.

"Am schlimmsten sind die Straßenbahn-Gespräche", sagt Damla, die aus der Nachbarstadt Mannheim stammt. In Gegenden, wo Pegida stark sei, werde man als Einwandererkind vielleicht noch leichter unter Generalverdacht gestellt. Dabei müsse man doch erst einmal sehen, ob sich der Verdacht gegen den Jungen bestätigt.

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