Von Selma Badawi
Mannheim. Enver Atabay war Wirtschaftsjurist - auf dem besten Weg zum Steuerberater. Doch nach dem Studium fand er seine wahre Berufung: die Liebe zum Kaffee. Seinem Studienfreund Üründül ging es ähnlich. Die beiden zogen los, gingen auf Entdeckungstour: fremde Länder, fremde Gerüche, tausende Eindrücke. Atabay und Üründül reisten umher, um alles über das Kaffeerösten zu lernen. Aus einer Leidenschaft wurde bald ein Geschäft.
Eineinhalb Jahre brauchten der Wirtschaftsjurist und der Betriebswirt, um ihr eigenes Kaffeehauses aufzuziehen. Nach den Vorbereitungen öffneten sich im September 2007 die Türen von "Helder und Leeuwen" in den Mannheimer Quadraten. Für Atabay war es der schönste Moment, seit sie zusammen diese Idee hatten. Es war ein Schritt in Richtung Selbstverwirklichung: "Erst mal reizte das selbstständige Schaffen. Auf eigenen Füßen stehen, eine Marke aufbauen, etwas selber machen. Wir hatten uns lange mit dem Thema befasst, verschiedenste Studien durchgeführt, Messen besucht und irgendwann haben wir die Entscheidung zum Start-Up gefällt", erzählt der heute 45-Jährige.
Atabay, der in der Türkei geboren aber in Deutschland aufgewachsen ist, kam schon früh mit Kaffee in Berührung. Zu Hause in seiner Familie gab es oft nach dem Essen Kaffee - genauer türkischen Mokka. In der Studienzeit wurde Ataby zum täglichen Kaffeetrinker. Doch sein Wachmacher war nicht vergleichbar mit den Spezialitäten der Kaffeehäuser, die er und Üründül später auf ihren Reisen bestaunten. "Unser Credo war es, Mannheim etwas zurückzugeben, was der Stadt verloren gegangen war: ein Kaffeehaus verbunden mit einer Rösterei. Vor vielen Jahren hatte es mal ein Kaffeehaus gegeben, wir wollten das Flair zurückholen."
Das Duo startete erfolgreich durch, weil es in Mannheim großen Bedarf nach handgeröstetem Kaffee gab, so Atabay. Dass die Unternehmer eine Kultur zelebrierten, "dem Kaffee eine Seele einhauchen wollten", kam auch sehr gut an. Der Start-Up-Chef sagt rückblickend, dass sein "Baby" von Anfang eine Erfolgsgeschichte schrieb. Schwierig findet er es bis heute nur, gutes Personal zu finden. Er sucht ständig nach Mitarbeitern. Kaffeetrinker müsse man nicht sein, um bei "Helder und Leeuwen" anzufangen - aber interessiert, leistungsbereit und zuverlässig.
Kaffeeröster Helder und Leeuwen - die FotogalerieDerzeit arbeiten bei "Helder und Leeuwen" neun Leute im Team. Während Mitgründer Üründül Ende 2012 in die Industrie zurückkehrte, helfen Atabays ältester Sohn und seine Tochter heute im Geschäft mit.
Doch auch wenn es oft stressig ist, liebt der Kaffeeröster seine Arbeit. Täglich pendelt er zwischen der Manufaktur in der Neckarstadt und Laden und Café in der Innenstadt. Beim Rösten kann sich Atabay sich entspannen. Das Lager, das mittlerweile fast zu klein ist, bietet Ruhe. Zwischen den Rohkaffee-Säcken kann der Unternehmer sich zurückziehen. Wenn er die Röstmaschine einschaltet, schaltet er selbst ab, erzählt er.
Für Momente wie diesen entschloss sich Atabay, die Produktion aus den Mannheimer Quadraten wieder auszulagern. Ursprünglich war alles gebündelt: Kaffeehaus, Einzelhandel, Rösterei. Wer Atabays Arbeitsplatz selbst sehen will, kann ein Barista-Seminar besuchen. Die Schulungsräume liegen direkt neben dem Produktionsraum von "Helder und Leeuwen".
Was es mit dem Namen auf sich hat? Atabay weiß noch, wie es dazu kam: "Wir haben lange überlegt, wir wollten eine Identifikation unserer Persönlichkeiten in der Namensgebung haben. Eines Morgens beim Kaffee sind wir auf die Idee gekommen, unsere Vornamen zu nehmen und sie zu übersetzen. Die türkische Bedeutung haben wir ins Niederländische übertragen." Denn die Niederländer haben Kaffeegeschichte geschrieben.
Atabay wünscht sich, dass die alte Kaffeehauskultur wieder aufblüht und dass noch mehr Kaffeetrinker ihn und andere kleine Röster finden. Schließlich kann nur das Probieren von der Qualität überzeugen. "Welchen Kollegen, welche Kollegin die Neukunden besuchen, spielt weniger eine Rolle. Jeder hat seinen Kaffee, jeder hat sein Steckenpferd, seine besondere Note. Der Kunde entscheidet letztlich über den Wert des Kaffees, über den Service", sagt er.