Ulrike Schnetz mit dem Herzstück ihrer Kaffeemanufaktur: dem Probat-Röster. Fotos: Miriam Olszok
Von Miriam Olszok
Hirschhorn. Mit Fachwerkhäusern und der Burg hat das historische Städtchen im hessischen Odenwald viel Charme. Das romantische Stadtbild lockt deshalb immer wieder Besucher nach Hirschhorn. Gleichzeitig kämpft die sogenannte "Perle des Neckartals" seit einigen Jahren gegen das Ladensterben an.
"Hirschhorn ist etwas verschlafen", sagt auch Ulrike Schnetz. Im neuen Rathaus hat sie 2011 ihren persönlichen Gegenentwurf realisiert: die "Kaffeemanufaktur Hirschhorn". Mit hauseigener Rösterei wollte die gebürtige Hirschhornerin gemeinsam mit ihrem Schwager "etwas Besonderes" schaffen – einen Treffpunkt für Anwohner und Touristen.
Schnetz ist gelernte Bäckerin und war 15 Jahre im Café Schmidt in der Hauptstraße angestellt. Als ihre Kinder zur Welt kamen, waren die frühen Schichten allerdings keine Option mehr. Das Café meldete zudem Insolvenz an und musste schließen.
Die Räume im neuen Rathaus, in dem die Kaffeemanufaktur heute ist, standen "ewig lang leer", erzählt Schnetz. Schließlich schloss sie sich mit ihrem Schwager – einem wahren "Kaffeeliebhaber" – zusammen und eröffnete ihr eigenes Café samt Rösterei. Er machte seinen Röstmeister und sie übernahm die Geschäftsführung. "Mit meiner Erfahrung war es klar, dass ich das mache", sagt sie.
Der Probat-Röster – das Herzstück der Kaffeemanufaktur – steht im Caféraum und fasst maximal fünf Kilogramm grüne Rohkaffeebohnen. "Wir sind eine kleine, aber feine Mikro-Rösterei", strahlt die Inhaberin und klopft dabei sanft auf den Röster.
Geröstet werden hier Arabica von kleinen Kaffeeplantagen unter anderem aus Guatemala und Brasilien oder Robusta aus Angola und Uganda. Kombiniert finden sich beide Kaffeebohnen-Arten in der Mischung "Hirschhorn No. 1 Espresso".
Bei maximal 220 Grad Celsius dauert ein Röstgang durchschnittlich 18 Minuten. Zum Vergleich: Sogenannter Industrie-Kaffee wird bei rund 800 Grad in nur knapp vier Minuten geröstet. Dieses "aggressive" Röstverfahren lässt den im Supermarkt gekauften Kaffee häufig bitter schmecken, erklärt Schnetz.
"Kaffeemanufaktur Hirschhorn" – Die FotogalerieInsgesamt sieben Mal wird im Café am Rathaus immer mittwochs geröstet. Das sind bei knapp fünf Kilogramm Bohnen pro Röstgang rund anderthalb Tonnen im Jahr. "Das ist schon viel für eine kleine Rösterei", sagt Schnetz stolz. Ihr oberstes Gebot lautet jedoch: Qualität vor Quantität. Kaffeekannen kommen der Inhaberin nicht auf dem Tisch. Jede Tasse wird frisch zubereitet – auch bei größeren Veranstaltungen.
Und überhaupt reichen nach Schnetz zwei Tassen guter Kaffee am Tag vollkommen aus. "Ich bin kein Kaffee-Junkie. Der Genuss ist wichtig." Frei nach dem Motto "La Dolce Vita" möchte sie, dass sich Leute Zeit nehmen, guten Kaffee zu genießen: "Bei uns soll man sich verwöhnen lassen."