Eva Klinge führt seit 1994 das "Janssen Kaffee" in Heidelberg. Fotos: Miriam Olszok
Von Miriam Olszok
Heidelberg. Auf der Hauptstraße herrscht frühmorgens reges Treiben. Die Warenanlieferung läuft auf Hochtouren. Vor der Hausnummer 29 parkt ein Lkw mit begehrtem Ladegut: Rohkaffeebohnen. Jeden Sommer erreicht die zweitwichtigste Handelsware der Erde das "Janssen Kaffee". Hier rutschen Kaffeesäcke aus aller Welt vom Laster durch die Luke in den Gewölbekeller der Rösterei.Â
"Von gutem Kaffee muss man sich einen Jahresvorrat anschaffen", erzählt Eva Klinge. Seit 1994 führt sie das Kaffeegeschäft – und das bereits in der dritten Generation als Familienunternehmen. Ihr aus Oldenburg stammender Großvater, Wilhelm Janssen, gründete 1933 die Firma Janssen in Heidelberg.
Im Gewölbekeller liegen meist 70 Kilogramm Kaffeesäcke, die per Container überwiegend aus Zentralamerika und Äthiopien nach Hamburg importiert wurden. Klinges Blick schweift über die rund 300 Kaffeesäcke: "Guter Kaffee kommt noch in Säcken." Billiger Kaffee wird häufig direkt in die Container geblasen und ist somit anfälliger für Feuchtigkeit und Schimmel. Kaffee altert, weshalb bei gleichbleibender Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Janssen-Gewölbekeller die Bohnen höchstens ein Jahr gelagert werden.
Klinge schaut jeden Morgen auf den Börsenkurs. Kaffee wird nämlich an den Warenterminbörsen in New York und London gehandelt. "Der Zeitpunkt für den Kaffeekauf ist wichtig", betont sie. Der Kaffeekurs ist derzeit sehr niedrig – und grundsätzlich sprunghaft. Als Klinge beispielsweise vor 25 Jahren das Geschäft übernahm, war der Preis hoch. Der Grund: Frost in Brasilien. 2011 schoss er erneut in die Höhe, da das Investieren in Kaffee "in" war.
Vom Lager im Gewölbekeller werden die Kaffeebohnen in den sogenannten "Silo" hoch geblasen und anschließend je nach Sorte gemischt. Dann kommen sie in das Kernstück: die Rösttrommel. Diese wird in einem Durchgang mit 40 Kilogramm Bohnen gefüllt. "Die Rösttrommel wird durch eine Gasflamme von unten beheizt und dreht sich wie eine Waschmaschine", erklärt Klinge.
"Janssen Kaffee" – Die FotogalerieDas Langzeit-Röstverfahren startet bei einer Temperatur von 220 Grad Celsius und reduziert sich nach und nach auf 180 Grad Celsius. Dies dauert je nach Kaffeeart etwa neun Minuten. Zwei bis drei Mal wird in der Woche geröstet. "Die Frische des Kaffees ist ausschlaggebend", betont die Inhaberin. "Ein vakuumverpackter Kaffee wird nie den Geschmack eines frisch gerösteten bekommen." Trotzdem bleibt Kaffee von Röstereien ein "Nischenprodukt".
Im Janssen-Sortiment finden sich wohlklingende Mischungen wie "Maragogype", eine eher rarer Kaffee, oder auch "Äthiopischer Wildkaffee". Besonders beliebt ist "Supermo", ein säurearmer und dadurch besonders bekömmlicher Kaffee. Und woran erkennt man als Laie, ob ein Kaffee nun gut oder schlecht ist? "Ein guter Kaffee schmeckt auch kalt nicht bitter." Kann Kaffee aus dem Supermarkt das versprechen?