Wird Coleman in Mannheim "Nationales Naturerbe"?

Rund 80 Hektar der ehemaligen US-Kaserne soll der Bund aufnehmen. Die Stadt will das festzulegende Gebiet vorher abstimmen.

18.12.2014 UPDATE: 18.12.2014 05:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden

Laut Biologen des Regierungspräsidiums ist das Flugfeld von sehr hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Drei in Baden-Württemberg vom Aussterben bedrohte Arten leben hier - das Braunkehlchen sowie zwei Laufkäferarten. Foto: Gerold

Von Julie Dutkowski und Gaby Booth

Ein Jahr lang hatten fünf Biologen das Gelände der ehemaligen US-Kaserne Coleman im Mannheimer Norden durchstreift. Im Oktober präsentierten sie eine kleine Sensation: "Wir wissen jetzt, dass auf Coleman mindestens 160 mehr oder weniger gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Roten Listen Baden-Württembergs leben", sagte Dr. Christoph Aly, Hauptkonservator im Regierungspräsidium Karlsruhe damals. Das Regierungspräsidium, zu dessen Aufgaben die Ausweisung von Naturschutzgebieten gehört, hatte damals angekündigt, auf einer Fläche von rund 80 Hektar des ehemaligen US-Militärgeländes ein Naturschutzgebiet einzurichten.

Jetzt hat das Land Baden-Württemberg dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgeschlagen, Teile des Geländes in das "Nationale Naturerbe" aufzunehmen. Bei der Aufnahme ins Nationale Naturerbe würde der Bund die Fläche anders als bei einem normalen Naturschutzgebiet kostenfrei zur Verfügung stellen.

"Die mögliche Aufnahme ins Nationale Naturerbe unterstreicht eindrucksvoll die überregionale Bedeutung der außergewöhnlichen Artenvielfalt, die auf Coleman anzutreffen ist", sagte Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala. Ziel der Stadt ist es, Naturschutz und Stadtentwicklung optimal miteinander in Einklang zu bringen, hieß es in einer Mitteilung. Der genaue Flächenzuschnitt für das geplante Naturschutzgebiet auf dem 227 Hektar großen Gelände müsse zudem noch abgestimmt werden. Er werde sich aber in der vom Regierungspräsidium vorgeschlagenen Größenordnung von rund 80 Hektar bewegen. Zunächst waren 40 Hektar als Naturschutzfläche geplant.

Der fachlichen Ausweisung stimme die Stadt zu, wie es weiter hieß, sie legt aber auch einen besonderen Wert darauf, dass "eine festzulegende Gebietsabgrenzung mit den Kommunalen Gremien abgestimmt werden muss".

"Coleman hat uns mit einer Fülle seltener Arten überrascht, die wir nicht erwartet hatten", stellte Aly damals fest und dokumentierte in einem Bericht die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Arten. An erster Stelle die Grauammer - der stark gefährdete Vogel brütet hier in einer "außerordentlich hohen Anzahl" - aber auch der extrem seltene Steinschmätzer oder die gefährdeten Wildbienen, Spinnen- und Heuschreckenarten.

Laut Aly ist das Flugfeld von sehr hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Drei in Baden-Württemberg vom Aussterben bedrohte Arten leben dort laut Behörde - nämlich das Braunkehlchen sowie zwei Laufkäferarten. Und die genannte Grauammer. Zusammen mit Fachleuten für Spinnen, Laufkäfer, Vögel und Pflanzen haben Biologen aus der Naturschutzbehörde seit dem Frühjahr 2013 ein Stück Erde untersucht, das 80 Jahre lang quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich hinvegetierte. Die US Army überließ die Freifläche um ihren Flugplatz praktisch sich selbst.

Vor einer endgültigen Beschlussfassung über den Flächenzuschnitt und einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Regierungspräsidium werden die zuständigen gemeinderätlichen Gremien das Thema beraten, hieß es vonseiten der Stadt weiter.

Im Rahmen sogenannter "Coleman-Gespräche" wurde mit Bürgern bereits über verschiedene Entwicklungsprojekte diskutiert. Diese sollen bei der Flächenausgestaltung besonders berücksichtigt werden, verspricht die Stadt. Darüber sei man sich auch mit dem Regierungspräsidium einig. Im Januar ist ein zweiter Coleman-Workshop geplant, in dem sich auch die Bürger weiterhin einbringen können.

Wenn das Gelände von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) nicht gekauft werden muss, wäre das günstig für die Stadt, deren Ziel - wie bei den anderen US-Flächen - zunächst der Kauf und dann die Vermarktung ist. Allerdings: Wie lässt sich ein Gelände nutzen, wenn 80 der 227 Hektar unter Naturschutz stehen?

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