Muslimische Patienten sind nicht mehr allein

Erfolgreiches Pilotprojekt sieht den Einsatz von islamischen Seelsorgern an Krankenhäusern vor

26.12.2013 UPDATE: 26.12.2013 13:15 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden
Von Gerhard Bühler

Begegnungen mit Patienten aus islamischen Kulturkreisen gehören zur alltäglichen Praxis in deutschen Krankenhäusern. Die Betreuung dieser Patienten ist oft nicht nur durch sprachliche und kulturelle Barrieren erschwert. Auch in den religiösen Vorstellungen über Krankheit und Heilung bestehen Unterschiede. In einem Pilotprojekt bietet seit 2012 das Mannheimer "Institut für Integration und interreligiösen Dialog" den Einsatz von islamischen Seelsorgern in Krankenhäusern der ganzen Metropolregion an. Das Betreuungsangebot könnte wegweisend für das ganze Land sein.

In Sachen Integration der Muslime scheint man in Mannheim und ausstrahlend davon auch in der Metropolregion Rhein-Neckar tatsächlich schon etwas weiter zu sein als im großen Rest des Landes. Ausgehend davon, dass Muslime inzwischen mit 4,3 Millionen Menschen im Land die größte Religionsgruppe nach den Christen ausmachen, befinden sich in den Krankenhäusern auch eine erhebliche Zahl muslimischer Patienten. Während christliche Patienten über die von den beiden großen Kirchen organisierte Krankenhausseelsorge auf Wunsch die Möglichkeit einer Betreuung haben, die vom Gebet oder der Beichte bis hin zu Gesprächen und Beratung bei drängenden persönlichen Problemen reicht, waren muslimische Patienten von dieser Hilfe bisher nahezu ausgeschlossen.

Diese Situation zu verbessern, hat sich das "Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog" zum Ziel gesetzt. In einem ersten Pilotprojekt in den Jahren 2008 bis 2010 wurde vom Institut ein Ausbildungsgang "Islamische Seelsorge" durchgeführt.

21 Kliniken machen mit

"Es nahmen 32 Frauen und Männer aus Deutschland, der Türkei, Ägypten, Bosnien und einer Reihe weiterer islamischer Herkunftsländer teil. Seit Juli 2012 haben die islamischen Seelsorgerinnen und Seelsorger nach ihrer Ausbildung an 21 Krankenhäusern, Kliniken und psychiatrischen Anstalten in der ganzen Metropolregion ihre Arbeit aufgenommen", berichtete Projektleiter Alfred E. Miess von ausgesprochen positiven Reaktionen.

Bisher habe es diese Betreuung bundesweit nur punktuell in einzelnen Klinik-Einrichtungen gegeben, in der Metropolregion werde das Angebot erstmals "in einer ganzen Fläche" gemacht, erläuterte Miess.

Die Seelsorger, etwa zur Hälfte Männer und Frauen, sprechen alle türkisch und deutsch. Neben der einfachen Verständigung und dem Verständnis für den kulturellen Hintergrund können die Seelsorger mit den Kranken beten und teilen ihre Vorstellungen über Krankheit und Heilung.

"Krankheit wird im Islam nicht als Strafe oder Schuld, sondern als Prüfung des liebenden Gottes angesehen", betonte Miess. Nicht nur von den Patienten, von denen viele nichts über das Vorhandensein islamischer Seelsorger wussten, sondern auch von den Krankenhausleitungen werde das Angebot großenteils sehr positiv aufgenommen.

Der Erfolg des Projekts war so überzeugend, dass im Sommer mit Unterstützung der baden-württembergischen Integrationsministerin Bilkay Öney eine zweite Region im Süden Baden-Württembergs von Biberach bis Lindau mit der Ausbildung islamischer Krankenhausseelsorger begonnen hat.

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