Die Gebäude der US Army sind wirklich gut in Schuss

Erstmals durften Vertreter der Stadt alle US-Liegenschaften besuchen - Stadel hofft, dass im kommenden Jahr auch Bürger in die Kasernen und Wohnanlagen dürfen

05.12.2011 UPDATE: 05.12.2011 08:13 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
Von Götz Münstermann

Es war ein bisschen wie eine Bus-Tour von Tagestouristen durch Heidelberg - nach dem Motto "Heidelberg in one day": Rund 80 Vertreter der Stadtverwaltung, des Gemeinde- und des Entwicklungsbeirates für die US-Flächen durften gestern erstmals in die noch bestehenden Armee-Areale in der ganzen Stadt. Mit einem Doppeldecker-Bus ging es von 10 bis 14 Uhr durch die verschiedenen Standorte, um "einen ersten Eindruck zu gewinnen", wie Garnisonschef Colonel Bryan Decoster sagte. Für viele sei es das erste Mal, dass sie seit den verschärften Sicherheitsvorschriften nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Armee-Quartiere betreten durften. "Wir wollen weiter eng zusammenarbeiten", so der Colonel, "aber wir bitten um Ihr Verständnis, dass Sicherheit für uns höchste Priorität hat." Dementsprechend durften die "Bus-Touristen" gestern nur wenige Male aussteigen, nur ausgewählte Gebäude wurden gezeigt, fotografieren war nicht erlaubt. Allein ein Fotograf der Stadtverwaltung durfte den Besuch dokumentieren, die hier veröffentlichten Bilder mussten vorab von der US-Armee genehmigt werden.

Decoster betonte, dass die US-Armee "sehr sorgsam" mit den Gebäuden umgegangen sei. Laut einem Armeevertreter wurden die Gebäude alle fünf bis acht Jahre instand gesetzt.

> 1. Station: Patton Barracks: Die Kaserne zwischen Speyerer Straße und Kirchheimer Weg wurde von der Wehrmacht für das Heer gebaut und ist heute eine Arbeitskaserne. Das Garnisonskommando, die Militärpolizei und der Fahrzeugpark (in den ehemaligen Reiterställen der Wehrmacht) sind hier angesiedelt. Außerdem haben hier stationierte Soldaten ohne Familie ihre Unterkünfte. Diese Kaserne verfügt über ein eigenes kleines Theater sowie ein Freizeitzentrum mit dem Namen "Warrior Zone" (Kriegerzone). Dort gibt es kostenlosen Internetzugang, eine Bar, Karaoke und Spielkonsolen unter anderem mit Ballerspielen. "Früher sind die Soldaten draußen ein Bier trinken gegangen", so ein Mitarbeiter, seit 2010 stehe das renovierte Freizeitzentrum zur Verfügung.

> 2. Station Airfield: Mittlerweile starten und landen auf dem Flugplatz zwischen Pfaffengrund und Pleikartsförster Hof nur Hubschrauber für Militär-VIPs. Er wurde erst 1954 befestigt, davor war es eine Rasenfläche. Dazu ist hier die Feuerwehr der US-Garnison untergebracht.

> 3. Station Patrick Henry Village: Die US-Enklave zwischen Kirchheim und Eppelheim war für die Heidelberger Bus-Gruppe die größte Überraschung. Wie in Mark Twain Village gibt es hier die Unterkünfte für Soldatenfamilien in den lang gezogenen vierstöckigen Mehrfamilienhäusern. Einige davon haben mittlerweile sogar Balkone aus Stahlrohrkonstruktionen angebaut. Die Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen variieren von 90 über 100 bis 120 Quadratmeter. Dazu gibt es Doppelhaushälften für die Unteroffiziere, die sich wie die meisten Soldaten-Unterkünfte im südlichen Bereich der 7000-Einwohner-Siedlung befinden. Die Bausubstanz stammt aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren, danach wurde noch instand gehalten. Die Dachgeschosse sind für Dienstmädchen ausgebaut. Zwei Einzelhandelseinrichtungen, Arztpraxen, ein Bowling-Center, Schulen und Kindergärten bilden die Infrastruktur.

Im nördlichen Bereich, Richtung Eppelheim, sind Oberste, Ein- bis Drei-Sterne-Generäle in über 80 schicken Einfamilienhäusern untergebracht. Die zweigeschossigen Villen ab 170 Quadratmeter Wohnfläche verfügen über vier Schlafzimmer (die Betten sind festgeschraubt), zwei Bäder, eine voll eingerichtete Küche sowie ein Dienstmädchen-Zimmer mit separatem Eingang. Im Wohnzimmer ist zudem ein Kamin. Die Gebäude haben fast alle 110- und 220-Voltleitungen und sind an das öffentliche wie das gesicherte Army-Internet angeschlossen. Die Häuser für die Drei-Sterne-Generäle sind mit Panzerglas gesichert. Für die "Klimaschutzmetropole" Heidelberg interessant: Die Gebäude in Patrick Henry Village verfügen offenbar über Doppelglasfenster, allerdings sind die Außenfassaden nicht gedämmt. Die zwei Villen und eine Wohnung, die besichtigt werden durften, machen einen sehr guten Eindruck - wobei: In einer Villa roch es extrem nach Chemikalien. Es war unklar, ob es sich um Lacke oder vielleicht Reinigungsmittel handelte. Die Gebäude sind alle sehr großzügig im "Dorf" verteilt, sodass es sehr große Freiflächen vor allem zwischen den Unterkünften für Soldatenfamilien gibt. Die Siedlung für die oberen Ränge erinnert an eine West-Berliner Vorortsiedlung.

> 4. Station Hospital/Nachrichtenkaserne: Das alte Wehrmachtskrankenhaus an der Karlsruher Straße beim Hasenleiser hat zum historischen Bestand noch etliche Zusatzgebäude bekommen. Es handelt sich derzeit nur noch um eine Art Gesundheitszentrum, operiert wird entweder in Landstuhl oder in der Uniklinik. Laut einem US-Vertreter seien die Gebäude "in bestem Zustand". Kaserniert sind dort nur Mitarbeiter der Kliniken wie Sanitäter und Schwestern. Mit dem "Wilson Theatre" gibt es dort auch ein vor drei Jahren renoviertes Kino.

> 5. Station Mark Twain Village/Campbell Barracks: Die ehemals "Little America" genannte Wohnanlage verfügt vorwiegend über Unterkünfte für Soldatenfamilien, Schulzentrum und Kindergärten. Das US- und das Nato-Hauptquartier in den Campbell-Barracks sind in teils denkmalgeschützten Kasernen der Wehrmacht untergebracht.

Mehr Informationen zu Hospital/Nachrichtenkaserne sowie Mark Twain Village/Campbell Barracks wurden nicht gegeben - ein Ausstieg und eine Besichtigung war aus Sicherheitsgründen nicht möglich.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.