Verlagerung des Betriebshofs Heidelberg

Bezirksbeiräte lehnen den Umzug ab

Keine Mehrheit für eine Verlagerung an den Großen Ochsenkopf - Ist überhaupt einer der beiden Standorte zukunftsfähig?

18.01.2018 UPDATE: 19.01.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 3 Sekunden

Nur wenige hundert Meter Luftlinie trennen die beiden möglichen Standorte für den RNV-Betriebshof: den alten (links vom großen Backsteingebäude des Landfriedkomplexes) und den neuen, die Wiese am Großen Ochsenkopf (Grünfläche am linken Bildrand). Foto: Kay Sommer

Von Timo Teufert

Heidelberg. Der Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) in der Bergheimer Straße soll nicht - wie von der Verwaltung vorgeschlagen - verlagert werden: Die Bezirksbeiräte von Bergheim und Wieblingen haben sich nach dreistündiger, intensiver und sachlicher Diskussion gegen den Neubau des Depots auf der Wiese am Großen Ochsenkopf ausgesprochen. Diese soll zudem - geht es nach den Bezirksbeiräten - im Flächennutzungsplan dauerhaft als Grünfläche festgeschrieben werden. Bislang ist das Areal als Gewerbegebiet ausgewiesen. Am Mittwoch, 31. Januar, diskutieren die Stadträte im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss über das Thema.

In der Sitzung stellte Gunnar Straßburger, neuer Leiter des Bereiches Infrastruktur bei der RNV, noch einmal die Planungen für beide Standorte vor: Während an der Bergheimer Straße Busse und Straßenbahnen an einem gemeinsamen Standort untergebracht sind, müssten sie beim Großen Ochsenkopf getrennt werden: Die Straßenbahnen würden in einem Depot auf der heutigen Grünfläche zwischen Gneisenaustraße im Osten, Heidelberg International School im Westen, der B 37 im Norden und der Bahnlinie im Süden abgestellt, für die Busse müsste eine neue Abstellanlage am Wieblinger Weg - östlich des Hornbach-Baumarktes - gebaut werden.

Für die Straßenbahnen ist an beiden Standorten eine Kapazitätserweiterung von rund 20 Prozent vorgesehen: Die RNV will künftig nur noch längere Bahnen beschaffen - derzeit sind es 16 Fahrzeuge der 40-Meter-Klasse, zukünftig sollen es 29 sein. Zudem ist ein Puffer etwa für zusätzliche Bahnen eingebaut, falls die Strecke durch das Neuenheimer Feld doch kommen sollte. Nicht ausreichen würde der Platz aber, wenn der Takt in Heidelberg auf fünf Minuten verdichtet oder eine Strecke ins Patrick Henry Village gebaut würde.

"Beide Standorte sind für uns betrieblich machbar, wir können mit beiden leben", sagte Straßburger. "Unsere Bitte ist aber: Treffen Sie eine Entscheidung", appellierte er an die Bezirksbeiräte. Schließlich habe man schon fünf Millionen Euro an Planungsmitteln verbraucht und nach der Vertagung der Standortentscheidung letztes Jahr 660.000 Euro für Instandhaltung und Brandschutz in den aktuellen Betriebshof stecken müssen. Werde keine Entscheidung getroffen, seien dort weitere Investitionen von rund 8,4 Millionen Euro nötig. "Aber egal, welcher Standort dann realisiert wird, dieses Geld wäre verloren."

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"Wir sind gegen eine Verlagerung, weil wir Bergheim-West nicht weiter schwächen wollen", erklärte Felix Hörisch (SPD) die Position der Mehrheit im Bezirksbeirat Bergheim. Zudem sehe er in der Wirtschaftlichkeitsberechnung hohe Unsicherheiten. "Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera und am Ende heißt es wieder, Bergheim wolle keine Stadtentwicklung", ärgerte sich Hatice Sarikaya (Grüne). Es gehe nur um die Wahl des kleineren Übels, fand auch Knut Lunks (Freie Wähler). "Wir waren schon vor einem Jahr gegen den Großen Ochsenkopf und nun sollen wir etwas entscheiden, was keinem von uns hier schmeckt." Dagegen sieht Veronika Gaile (CDU) enormes Potenzial für den Stadtteil, wenn der Betriebshof umzieht: "Das wäre doch ein neuer Mittelpunkt, der Bergheim-West und -Ost verbinden könnte." Sie plädierte dafür, die Chance einer Verlagerung zu nutzen und die dadurch entstehenden Gestaltungsmöglichkeiten anzugehen.

"Die Verlagerung des Betriebshofes ist ein Stadtplanungsprojekt. Wie bei Stuttgart 21 fällt aber auch beim Betriebshof der öffentliche Nahverkehr hinten runter", erklärte Stadtrat Christoph Rothfuß (Grüne). Er halte nichts davon, die Standorte von Straßenbahnen und Bussen auseinanderzureißen. "Am Ende kostet der Betriebshof am Ochsenkopf jedes Jahr eine Million Euro mehr Betriebskosten als am heutigen Standort", so Rothfuß.

Sein Kollege Matthias Kutsch (CDU) stellte die Zukunftsfähigkeit beider Standorte infrage: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Kapazität des Betriebshofs angesichts der Einwohnerentwicklung oder durch eine Taktverdichtung erweitert werden muss." Während es laut RNV am heutigen Standort keine Erweiterungsmöglichkeit gibt, wäre diese am Großen Ochsenkopf wohl politisch nicht durchsetzbar: Dort soll eine Restgrünfläche zur B 37 erhalten bleiben. "Ich verstehe nicht, dass man einen beengten Betriebshof an einen Ort nur 700 Meter weiter verlegen will, der ebenfalls beengt ist, nicht erweitert werden kann und an dem man noch nicht mal unterbringen kann, was heute an der Bergheimer Straße untergebracht ist", sagte Friedrich Linhart (CDU). Schon vor einem Jahr hatte er für einen Standort am Airfield im Pfaffengrund plädiert - und brachte diese Option wieder ins Spiel. "Alles andere sind doch Klimmzüge", so sein Fazit.

Am Ende stimmten die Bergheimer Räte von CDU und "Heidelbergern" mit Baubürgermeister Jürgen Odszuck für die Verlagerung, acht Räte stimmten dagegen. Die Wieblinger lehnten die Verlagerung einstimmig ab. Für den Erhalt und die Umwidmung der Grünfläche am Großen Ochsenkopf stimmten beide Gremien mit großer Mehrheit. Zudem beschlossen die Bergheimer Anträge der CDU, dass bei einer Verlagerung des Betriebshofs das Dach begrünt und möglichst begehbar gemacht wird und am bisherigen Standort eine attraktive Freifläche entsteht - auf 40 Prozent der Gesamtfläche. Mögliche Wohnungen sollen dort im Wesentlichen von der GGH oder Baugruppen gebaut werden.

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