Am Montag war beim Rohrbacher Rathaus viel Platz – im Gegensatz zum „Glühweinspaziergang“ am Samstag. Die Wirte Jimmy Kneipp, Mahlet Gebre Wold, Ole Hake und Lisa Ziegler sowie Antonina Welk (v.l.) widersprechen der Darstellung der Polizei. Foto: Philipp Rothe
Von Sarah Hinney
Heidelberg. Die vier Rohrbacher Gastronomen, die am vergangenen Wochenende zum "Glühweinspaziergang" eingeladen hatten, wehren sich gegen die Darstellung der Polizei. Mitnichten seien im Ortskern von Rohrbach am Samstag "alle Dämme gebrochen". Die Berichte seien falsch und nicht objektiv. "Hier wird gerade ein Riesen-Fass aufgemacht und wir Gastronomen werden in eine Ecke gestellt" – so schreiben es die Inhaberinnen und Inhaber des "Bistro Fandango", "Illegaly Tasty", des "Restaurant Traube" und der "Rorbar" auf ihren Facebook-Seiten.
Tage vorher hatten die vier Betriebe den "Glühweinspaziergang" öffentlich über das Soziale Netzwerk beworben. Dabei aber unter anderem deutlich darauf hingewiesen, dass der "Spaziergang" nur gelingen könne, wenn sich alle an die Corona-Regeln hielten. Von 14 bis 19 Uhr sollte der Ausschank stattfinden. Bis 16 Uhr ging wohl alles gut, um 17 Uhr rückte dann die Polizei an – zu diesem Zeitpunkt sollen sich rund 200 Personen "dicht gedrängt" in der Rathausstraße und der angrenzenden Herrenwiesenstraße aufgehalten haben, die meisten ohne Mund-Nasen-Schutz – so teilte es die Polizei am Sonntag mit.
"Wir waren mit elf Streifen und 22 Beamten vor Ort", betont ein Polizeisprecher am Montag auf RNZ-Nachfrage noch einmal. Von 70 Personen sei die Identität festgestellt worden, gegen sie werde nun ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Auf Nachfrage teilte die Stadt mit, dass je nach Verstoß auf die Personen Bußgelder in Höhe von 70 bis 130 Euro zukommen könnten.
Bevor die Streifen in Rohrbach anrückten, hätten sich mehrere Anrufer gemeldet, "dass da etwas nicht stimme", teilte der Polizeisprecher weiter mit. Eine Augenzeugin berichtet der RNZ, dass es bereits um 16 Uhr "ziemlich voll" war. Die Gastronomen widersprechen in ihrer Stellungnahme: "Es gab keine dicht gedrängte Menschenmenge von 200 Personen, sondern verstreut leider zu viele Kleinstgruppen." Das betonen alle vier auch noch einmal auf Nachfrage der RNZ.
"Das war keine Corona-Party und genau damit werden wir jetzt verglichen", zeigt sich "Fandango"-Inhaber Jimmy Kneipp betroffen und spricht den anderen vier Gastronominnen und Gastronomen am Montagnachmittag aus der Seele. "Das waren Familien mit Kindern, Fahrradfahrer, Rentner, Leute aus Rohrbach und anderen Stadtteilen. Das waren keine Corona-Leugner", betont er und weiter: "Uns ist wichtig, dass das aufgeklärt wird. Unser Anliegen ist es, klarzustellen, dass das kein organisiertes Besäufnis war."
Alle vier bedauern, dass am Ende zu viele Gruppen nicht genug Abstand gehalten hätten. Insgesamt wird im Gespräch aber vor allem deutlich, dass sie die Situation und die Kommunikation mit dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) sowie mit der Polizei am Samstag gänzlich anders wahrgenommen haben, als das was sie in der Pressemitteilung der Polizei lasen, die am Sonntag veröffentlicht wurde.
Mahlet Gebre Wold hat ihre "Rorbar" direkt am Marktplatz. "Um 15 Ohr war die Polizei bei mir vor Ort. Die Beamten haben auf die Abstandsregeln hingewiesen, aber auch gesagt, es sei alles in Ordnung und es gebe keine Verstöße", berichtet sie. Als es auf dem Marktplatz voller geworden sei, habe Gebre Wold von sich aus gegen 17 Uhr den Verkauf eingestellt und sich dann mit den anderen Gastronomen verständigt, die ihrem Beispiel bis 18 Uhr gefolgt seien. Umso überraschter seien sie gewesen, als plötzlich immer mehr Polizei gekommen sei. "Was uns noch mehr verwirrt, ist, dass wir am Samstag im Nachgang mit der Polizei und dem Ordnungsdienst gesprochen haben und uns gesagt wurde, dass wir uns alle im Rahmen der To-go-Regelungen bewegt haben", betont Gebre Wold.
Die Polizei hatte in ihrer Pressemitteilung von Sonntag geschrieben: "Ob auch die Verantwortlichen der Gaststätten, die im Vorfeld den Glühweinspaziergang offensiv beworben haben, mit einem Bußgeld rechnen müssen, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen." Die Stadt teilte dazu auf Nachfrage mit, dass derzeit die Berichte des KOD und der Polizei auf geprüft würden. Die Gaststättenbehörde stehe mit den Wirten bereits in Kontakt.
Die Stadt selbst sei am Samstag gegen 17 Uhr durch Anwohnerbeschwerden über die "Ansammlungen in Rohrbach" informiert worden. Der KOD war mit zwei Teams und insgesamt sieben Mitarbeitern vor Ort. Ein Sprecher teilte mit: "In enger Abstimmung mit der Polizei wurde aufgrund der Ansammlungen unter anderem auf der Rathausstraße der weitere Verkauf von Glühwein durch die Stadt Heidelberg untersagt – auch für den darauffolgenden Sonntag, 6. Dezember." Auch das schildern die vier Wirte anders. Laut ihrer Aussage habe man "gemeinschaftlich beschlossen, den Glühweinspaziergang für Sonntag abzusagen".