Und Action: Erst ging es über die Dynamikplatte, dann galt es, das ausbrechende Auto auf regennasser Straße wieder aufzufangen. Beim ADAC-Sicherheitstraining lernen die Teilnehmer, wie man in Extremsituationen im Straßenverkehr richtig reagiert. Fotos: Philipp Rothe
Von Sarah Hinney
Heidelberg. Autofahrer, Hand aufs Herz: Wann sind Sie zuletzt mal so richtig in die Eisen gestiegen? Und würden Sie sich das überhaupt trauen? Die elf Teilnehmer der RNZ-Sommertour am Mittwoch haben jetzt jedenfalls keine Hemmungen mehr, eine knackige Vollbremsung hinzulegen. Das zu üben, war einer der wichtigsten Punkte beim Sicherheitstraining auf dem ADAC-Gelände in Kirchheim am Rande der Autobahn. Acht Stunden lang drehte sich für die Teilnehmer theoretisch und vor allem praktisch alles darum, wie sie auf kritische Situationen im Straßenverkehr schnell und richtig reagieren können. Das kostete vor allem zu Beginn ganz schön viel Überwindung. Dabei fing Trainer Wolfgang Föhr im wahrsten Sinne des Wortes ganz langsam an – nämlich mit 30 Stundenkilometern.
Die RNZ-Sommertour beim Fahrsicherheitstraining des ADACFöhr, beziehungsweise Wolfgang, wie er die RNZ-Leser gleich zu Beginn bat, ihn zu nennen, gibt derlei Trainings seit Jahren und offensichtlich bereitet es ihm großes Vergnügen. Mit viel Charme und äußerst unterhaltsam gelang es ihm in kürzester Zeit auch den zaghaftesten Bremser und die schüchternste Bremserin davon zu überzeugen, auch mit 70 Sachen richtig auf die Pedalen zu treten. Richtig gelesen: die Pedalen. Denn eine korrekte Schlagbremsung, wie das im Fachjargon heißt, wird grundsätzlich mit Bremse und Kupplung zugleich durchgeführt. Ausnahme sind freilich Automatikfahrzeuge.
Was am frühen Vormittag noch als Trockenübung begann, nahm dann am Nachmittag richtig Fahrt auf, als es galt, Vollbremsung, Ausweichen und beides zusammen auf nasser Fahrbahn zu meistern. Oder nach der Vollbremsung die Hände vom Steuer zu nehmen. "Einfach mal loslassen und schauen, was passiert", machte Föhr auch den Ängstlichen Mut. Und tatsächlich passierte nichts. Das Auto blieb genauso stehen wie mit beiden Händen am Steuer. Aber wer traut sich schon, das auf der Straße auszuprobieren?
Die "Dynamikplatte" sorgte schließlich für ordentlich Adrenalin bei sämtlichen Teilnehmern der Sommertour. Sie lässt das Auto beim Drüberfahren ausbrechen – und als wäre das nicht genug, geht es dabei auch noch geradewegs auf regennasser Straße auf eine Wasserfontäne zu. Da stieg Anneliese Behrend aus. Mit 82 Jahren war die Heidelbergerin die älteste Teilnehmerin und hatte bis zu diesem Punkt alle Übungen mit ihrem silberfarbenen Mercedes bravourös gemeistert. "Ich mache das jetzt jedes Jahr, um auszuprobieren, ob meine Reaktionsfähigkeit noch gut genug ist. Wenn nicht, gebe ich meinen Führerschein ab", erklärte Behrend pragmatisch. Die "Platte" kannte sie schon von einem Training in vergangenen Jahren. "Das mache ich nicht noch mal", sagte sie schmunzelnd, "denn da bin ich fast im Zaun gelandet."
Die 82-jährige Anneliese Behrend meisterte mit ihrem Flitzer die Vollbremsung auf regennasser Fahrbahn souverän. Fotos: Philipp RotheMinuten später erfuhr die Autorin dieses Textes dann am eigenen Leib, was die 82-Jährige damit gemeint hatte. "Gegenlenken, bremsen!" – Föhrs Tipps halfen bei diesem Auto nicht. Der elf Jahre alte Kleinwagen ließ sich nach dem Überfahren der "Platte" selbst mit 30 Stundenkilometern nicht mehr unter Kontrolle bringen, trudelte einen fröhlichen Walzer über das Testgelände und rutscht mit dem Hintern voll durch die Wasserfontäne – sehr zur allgemeinen Erheiterung der Zuschauer. Beim zweiten Versuch hatte dann auch die Autorin Spaß am Pirouettendrehen, denn passieren kann auf dem ADAC-Gelände nichts, und auch im Zaun ist noch niemand gelandet. Im echten Straßenverkehr möchte allerdings niemand in eine solche Situation kommen. Genau das wurde auch Wolfgang Föhr nicht müde, zu betonen. Und nicht erst in dieser Situation gaben ihm alle Teilnehmer recht.
Voller Körpereinsatz: ADAC-Sicherheitstrainer Wolfgang Föhr gab acht Stunden lang alles. Fotos: Philipp RotheNach acht Stunden waren sich alle einig, dass sich dieser Tag richtig gelohnt hatte und das, obwohl es am Nachmittag richtig heiß in der Sonne wurde. Ein großes Lob gab es von allen für den Trainer, der über Funkgeräte ununterbrochen Kontakt zu allen Teilnehmer in den Autos hielt, dabei Tipps gab, korrigierte, ermutigte, auch so manchen Scherz auf Lager hatte, dabei aber nie den Ernst aus den Augen verlor. Denn bei allem Spaß hat das Sicherheitstraining schließlich ein ganz konkretes Ziel: Schnelle und richtige Reaktionen im Straßenverkehr zu üben, denn genau das kann Leben retten.
Abschließend bedankten sich die Teilnehmer auch bei der RNZ. Nicht nur für diesen Nachmittag, sondern für die gesamte Sommertour. "Das ist eine ganz tolle Sache", sagte etwa Tanja Lung aus Dielheim.