Peter Stammer (Baugenossenschaft Familienheim, links) und Jürgen Neidinger (Heidelberger Volksbank) redeten in Sachen Konversion Tacheles. Foto: Welker
mün. Die Vorstände der vier Heidelberger Wohnungsbau- und der zwei Kreditgenossenschaften erheben schwere Vorwürfe gegen Oberbürgermeister Eckart Würzner. Sie haben nach eigenen Angaben mehrere Versuche unternommen, bei der Umwandlung der frei werdenden US-Flächen beteiligt zu werden. Die Gespräche seien aber alle ohne Erfolg geblieben. Und dann erfahre man aus der RNZ, dass Würzner Mark-Twain-Village mit seinen 650 Wohnungen gänzlich ohne Baugenossenschaften entwickelt sehen möchte. Das wollen sich die Vertreter von über 8400 Heidelberger Wohnungsbaugenossenschaftlern und der beiden Heidelberger Genossenschaftsbanken offenbar nicht länger bieten lassen. Öffentlich erneuern sie jetzt ihr Angebot, Heidelberg bei der Erschließung der US-Flächen zu helfen.
Heidelberger Volksbank-Vorstand Jürgen Neidinger und seine Kollegen verstehen die Welt nicht mehr. Seit Jahrzehnten sorgten sie dafür, dass günstiger Wohnraum in der Stadt vorgehalten werde, dass nicht der schnelle Reibach mit der Wohnungsnot gemacht werde. Aber wenn es um eine Beteiligung bei der Erschließung der US-Flächen gehe, dann stehe man im Rathaus außen vor. So sei man beispielsweise nicht in den städtischen Entwicklungsbeirat berufen worden. Sie hätten schon mehrere Gespräche mit Würzner und seinem Stellvertreter, Baubürgermeister Bernd Stadel, gehabt. "Das war zwar wohlwollend, aber ohne Ergebnis", so Peter Stammer von der Familienheim-Genossenschaft. Und dann gab Würzner vergangene Woche noch seine Vorschläge für Mark-Twain-Village bekannt. Dort solle ein Großteil der Wohnungen an Einzelinteressenten verkauft werden. Bauträger, Wohnprojekte und Wohnungsgenossenschaften sollen nach Würzner nicht zum Zuge kommen.
"Wir bedauern das außerordentlich, dass wir Genossenschaften ausgegrenzt werden", sagt Bankier Neidinger, "die Gründe dafür sind uns nicht bekannt." Vielleicht unterschätze Würzner ja die Finanz- und Leistungskraft des genossenschaftlichen Sektors in der Stadt, so Neidinger, oder er kenne ihn nicht. "Wir sind der richtige Partner für die Entwicklung der Konversionsflächen", so der Bankier. Vergangene Woche noch habe man sich getroffen, um ein Paket zu schnüren, wie man die eigene Kompetenz der Stadt anbieten und günstigen Wohnraum in der Südstadt schaffen könne - und dann das. "Das konterkariert vieles, was vorher besprochen wurde", so Stammer.
Die vier Wohnungsbaugenossenschaften zeigen sich selbstbewusst. "Wir sind eine schlagkräftige Gruppe", so Stammer, "und wir liegen deutlich über dem Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH" (siehe Infokasten). Die eigene durchschnittliche Kaltmieter liege bei 5,50 bis sechs Euro pro Quadratmeter und damit zehn bis 15 Prozent unter dem Mietspiegel. "Wenn ich lese, was Mitbewerber in der Bahnstadt machen, auch die GGH, dann frage ich mich, was daran sozialverträglich ist", verweist Stammer auf Kaltmieten von rund elf Euro im neuen Stadtteil. Eigene Neubauprojekte wie der Pfaffengrunder Kranichgarten hätten Quadratmetermieten von 7,50 bis acht Euro. "Wir erreichen da alle Zielgruppen", betont Stammer, "nicht nur Arme und nicht nur Reiche."
Die Unternehmensvertreter werfen Würzner auch vor, dass es für die Entwicklung der US-Flächen kein Konzept gebe. Man könne nicht einzelne Areale beackern, ohne ein ganzheitliches Konzept für die Stadt zu haben. Man müsse die Flächen über zehn bis 15 Jahre an den Markt bringen, damit es beispielsweise keine Nachteile für den Emmertsgrund und den Boxberg gebe, die es jetzt schon am Markt schwer hätten. Es könne auch nicht angehen, dass die Wohnungs- und Kreditgenossen und auch andere Interessenten beim "Filetstück" (Neidinger) Mark-Twain-Village nicht beteiligt würden. Wenn es aber um die schwierigen Fälle, wie Patrick-Henry-Village gehe, dann solle man vielleicht bereitstehen.
Vor der anstehenden Bürgerbeteiligung für die US-Flächen in der Südstadt fürchtet man sich nicht. "Unser Standing ist so gut, dass die Bürgerbeteiligung uns eher helfen wird", ist sich Reinhold Hornig von der Baugenossenschaft Neu-Heidelberg sicher. Und Bankier Bernhard Carl (Volksbank Kurpfalz - H+G-Bank) meint: "Vielleicht können ja gerade wir die Ideen der Bürger umsetzen."
Deshalb erneuern die sechs Unternehmensvertreter ihr Angebot, der Stadt Heidelberg zu helfen, günstigen Wohnraum in der Südstadt zu schaffen. Ihr Vorteil sei ihr Genossenschaftsmodell, so Stammer: "Wir arbeiten für den Bestand und unsere Mitglieder und sind an nachhaltig dauerhaften Erträgen interessiert."