Schüler wollte schlichten - und bekam ein Messer in den Bauch

Prozess vor dem Heidelberger Landgericht: 20-Jähriger soll einen 18-Jährigen am Neujahrsmorgen auf dem Bismarckplatz attackiert haben

12.06.2012 UPDATE: 12.06.2012 07:52 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden
Von Holger Buchwald

Couragiert versuchte ein 18-jähriger Schüler am Neujahrsmorgen auf dem Bismarckplatz einen Streit zwischen zwei jungen Männern zu schlichten. Doch dann wurde er selbst attackiert. Ein Angreifer sprühte ihm Pfefferspray in den Augen, ein anderer rammte ihm ein Messer in den Bauch. Leber und Lunge wurden verletzt, nur durch eine Notoperation konnte der Jugendliche gerettet werden. Seit Montag wird die brutale Attacke vor dem Heidelberger Landgericht verhandelt.

Sowohl der mutmaßliche Messerstecher als auch das Opfer kommen aus Heidelberg. Altersmäßig trennen sie nicht einmal zwei Jahre, beide hatten Silvester mit ihren Freunden gefeiert und waren gerade auf dem Nachhauseweg. Doch trotz dieser Gemeinsamkeiten könnte das Leben der beiden jungen Männer, die sich am Neujahrsmorgen gegen 5.15 Uhr begegneten, unterschiedlicher nicht sein. Der Geschädigte berichtete im Zeugenstand von großen Zukunftsplänen: Er macht gerade Abitur, plant ein Sportstudium und möchte herumreisen. Unterstützt wurde er gestern von seiner Familie und vielen Freunden.

Auf der anderen Seite saß Maximilian S. (20) in Fußfesseln auf der Anklagebank. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag vor. Schon seit seiner Grundschulzeit galt er als schwer erziehbar, fiel immer wieder durch Schlägereien und Diebstähle auf. "Die Schule hat mir nicht so gefallen", gibt der Angeklagte zu: "Ich bin nicht immer hingegangen." Spätestens mit 13 Jahren traf er sich lieber mit Freunden, um zu kiffen, Alkohol zu trinken oder zu stehlen. Als er zum zweiten Mal die achte Klasse in der Internationalen Gesamtschule Heidelberg wiederholte, wurde er wegen Angriffen auf Mitschüler der Schule verwiesen. Als sein Vater ihn aus der Wohnung warf, wurde der nur mit Boxershorts bekleidete Jugendliche von der Polizei aufgegriffen und in ein Jugendheim gesteckt. Zwei Jahre saß S. in der Jugendstrafanstalt in Adelsheim, wegen einer brutalen Prügelei, bei der er seinen Kontrahenten mit Fußtritten gegen den Kopf malträtiert hatte, Einbrüchen und Diebstählen. Im Spätjahr 2011 kam er wieder auf freien Fuß. Zum Tatzeitpunkt lebte er im Karl-Bähr-Haus, einer Anlaufstelle für Haftentlassene.

War Maximilian S. der Messerstecher vom Neujahrsmorgen? Diese Frage soll nun der Prozess klären. Der 20-Jährige selbst schweigt. Und der 18-jährige Geschädigte konnte den Angreifer nicht identifizieren. Als er den Stich spürte, konnte er wegen des Pfeffersprays bereits nichts mehr sehen. Und so sind die Richter bei der Wahrheitsfindung auf andere Zeugen angewiesen. Es wird nicht einfach, die Tat zu rekonstruieren. Alles ging blitzschnell. Einige waren betrunken. Und so existieren etliche Versionen von ein- und derselben Geschichte.

Fest steht, dass in einem Wartehäuschen zunächst ein Streit zwischen S. und einem Wohnungslosen entbrannt war. Als ein Passant dazwischenging, zog dieser die Aufmerksamkeit auf sich. In dieser Situation versuchte der 18-Jährige zu schlichten. Sekunden später hatte er das Messer im Bauch. Glücklicherweise hat er keine dauerhaften Schäden davongetragen. Nur die Stich- und Operationsnarben werden ihn sein Leben lang an den Neujahrsmorgen 2012 erinnern.

Info: Der Prozess wird am Donnerstag um 9 Uhr im Schwurgerichtsaal, Kurfürsten-Anlage 15, fortgesetzt.

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