Max Zorn in Heidelberg

Postkartenidylle aus Paketband

Max Zorn verkauft Bilder weltweit - Nun arbeitete der unkonventionelle Künstler in Heidelberg - Werk wird am Samstag versteigert

27.05.2018 UPDATE: 28.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

So hat man das typische Heidelberg-Motiv noch nicht gesehen: Max Zorns Kunstwerk aus Klebeband. Foto: Alex

Von Jonas Labrenz

Heidelberg. Von den Straßenlaternen Amsterdams bis in die gefragtesten Galerien der ganzen Welt: Max Zorns Kunstwerke aus Paketklebeband faszinieren durch ihre Detailverliebtheit und erzielen mittlerweile Preise bis zu 20.000 Euro. Doch Zorn ist auf dem Boden geblieben. Auf Einladung des Kunsthändlers Roman Bamberger arbeitete er in den Räumen von "Artes Liberales Universitas" einen ganzen Tag lang an einem neuen Bild. Dabei scherzte und lachte der Künstler mit den zahlreichen Besuchern und beantwortete geduldig ihre Fragen. Zum Abschluss der Ausstellung am Samstag, 2. Juni, wird das Kunstwerk um 14 Uhr versteigert.

Zorn ist Autodidakt, statt Kunst studierte er Psychologie und Politikwissenschaft in Amsterdam, München und Köln. Als er in seine niederländische Heimatstadt zurückkehrte, versuchte er sich an "Street Art" und beklebte Straßenlaternen mit seinen Bildern. Das braune Paketband war dabei nur Mittel zum Zweck, bis ihm der Farbton auffiel, in dem die Klebestreifen leuchteten. "Das war der berühmte Aha-Moment", erinnert sich der 36-Jährige. Er begann zu experimentieren, schnitt mit einem Sushi-Messer am Küchenfenster das Paketklebeband in Formen, machte daraus Motive. Am Anfang waren die Bilder noch grob: "Ich war begeistert, wenn es ungefähr aussah wie ein Gesicht", schmunzelt Zorn heute.

Genauso schnell, wie er seine Technik verfeinerte, wuchs auch bei anderen das Interesse an seinen Werken. "Ich hatte immer den Traum, ein Künstler zu sein, aber war zu realistisch dafür", erzählt Zorn. Doch seine Popularität wuchs schneller, als er es sich vorstellen konnte. Die Preise für seine ersten verkauften Bilder legte er noch nach Arbeitsstunden fest. Etwa 50 bis 100 davon braucht er, bevor sie fertig sind. Viele von ihnen legt Zorn als Serie auf: "Ich kopiere gewissermaßen mein eigenes Bild", so der 36-Jährige. Dadurch muss er die Phase von der Idee zum ersten Klebestreifen nur einmal durchlaufen. Sie kann Monate oder Jahre dauern.

Trotzdem sind zurzeit alle seine Bilder vergriffen. Nur die 14 Bilder, die in der Mittelbadgasse 7 ausgestellt sind, können noch gekauft werden. "Das ist alles, was weltweit verfügbar ist", erklärt Zorn. Viele Besucher haben bereits ihr Interesse kundgetan, einige Bilder sind schon am zweiten Tag verkauft. Die günstigsten Arbeiten sind beleuchtete Zigarrenkisten, die bereits für 700 Euro zu haben sind.

Bamberger und sein Kollege Egon Scherer freuen sich schon auf die Versteigerung des Bildes, das Zorn vor Publikum angefertigt hat. Es zeigt die Alte Brücke mit dem Schloss und ist ein Unikat. Der Erlös soll dem gemeinnützigen Projekt "Artes Liberales Universitas" zugute kommen, in dessen Räumen die Ausstellung stattfindet.

Für Zorn ist die Arbeit hier eine tolle Erfahrung: "Es ist grandios in Heidelberg an einem Bild von Heidelberg zu arbeiten", freut sich der Künstler. Es ist sein erster Besuch hier, doch zur Vorbereitung hat der 36-Jährige sich viel mit der Stadt beschäftigt: "Ich habe versucht, ihre Essenz einzufangen: Was will die Stadt von sich zeigen?", so Zorn. Das berühmte Postkartenmotiv schien dafür wie geschaffen. Sonst zeigen seine Bilder häufig Menschen. Ihr Ausdruck ist dem Künstler wichtig: "Ich mag Motive, in denen Dinge auf dem Spiel stehen", erklärt er. Ein Boxkampf könne das sein oder eine Horde Fotografen, die nur eine Chance für den perfekten Schnappschuss hat.

"Für einen nicht gelernten Künstler ist die Arbeit sensationell", befindet Michael Doipner, der extra aus Köln angereist ist. Doch nicht nur die Kunstwerke ringen ihm Anerkennung ab: "Ich bin auch fasziniert, was für ein einfacher Kerl er geblieben ist", so der passionierte Schallplattensammler. Nach wenigen Sekunden mit dem Künstler zeigt sich: Zorn liebt, was er tut und freut sich über das Interesse. Ob er mal keine Lust auf die Arbeit hatte? "Nicht ein Mal", antwortet Zorn: "Ich habe das Gefühl, ich habe gerade angefangen - jetzt geht es erst richtig los."

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