"Algen-Gestank" in der Heidelberger Bahnstadt

Der Gestank im "Canale Grande" soll ein Ende haben

Verstopfte Filter verursachen das Problem - Ab Mitte August wird das Wasserbecken am Langen Anger umgebaut

13.08.2017 UPDATE: 14.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden

Der "Canale Grande" in der Bahnstadt stinkt - nun muss das Wasserbecken umgebaut werden. Grund für die Geruchsbelästigung ist das Wachstum von Algen, gegen die nun eine neue Filteranlage helfen soll. Fotos: Philipp Rothe

Von Timo Teufert

Heidelberg. Der "Canale Grande" in der Bahnstadt hat ein Problem: Er stinkt zum Himmel. Grund dafür sind die Algen, die sich im fast stehenden Wasser der Becken entlang des Langen Angers vermehren und zu dem unangenehmen Geruch führen. Doch das soll sich jetzt ändern: Der Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause 250.000 Euro bewilligt, damit der Regiebetrieb Gartenbau der Stadt das Becken zwischen Rehovotstraße und Pfaffengrunder Terrasse ab Mitte August so umbauen kann, dass es künftig nicht mehr riecht. Damit auch alles klappt, hatten die Experten seit einem Jahr in der Stadtgärtnerei ein Versuchsmodell aufgebaut, um die richtigen Materialen für den Umbau zu wählen.

Der Leiter des Landschafts- und Forstamtes, Ernst Baader, mit dem Leiter des Regiebetriebs Gartenbau, Wolfgang Morr, vor den Testkübeln in der Stadtgärtnerei.

Die Becken in der Bahnstadt werden mit Regenwasser von den Straßen und Dächern gespeist. Dieses Wasser gelangt zunächst in die kleineren Filterbecken entlang der Häuserzeile. Durch ein bestimmtes Substrat sollen hier Schwebteilchen aus dem Wasser gefiltert werden, die Pflanzen sollen zusätzlich das Phosphat binden.

Doch: "Diese Anlage hat noch keinen Tag richtig funktioniert", sagt Ernst Baader, Leiter des Landschafts- und Forstamtes der Stadt. Denn die Filter in den Becken verstopften schon nach kurzer Zeit mit Feinstaub und Pollen. "Es hat sich eine Schicht gebildet, die keine Versickerung mehr zuließ, und das Wasser ist einfach in das Hauptbecken geflossen", berichtet Wolfgang Morr, Leiter des Regiebetriebs Gartenbau. So entstand das Problem, denn das Phosphat, das das Algenwachstum fördert, wurde nicht herausgefiltert. So mussten seine Mitarbeiter immer häufiger einen Algenteppich aus den Becken entfernen.

Hintergrund

Die Wasserbecken am Langen Anger wurden zur Einweihung des ersten Bauabschnitts der Bahnstadt am 19. Juli 2014 von der Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH) an die Stadt und somit an die Öffentlichkeit übergeben. Die vier Becken - die sich zwischen

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Die Wasserbecken am Langen Anger wurden zur Einweihung des ersten Bauabschnitts der Bahnstadt am 19. Juli 2014 von der Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH) an die Stadt und somit an die Öffentlichkeit übergeben. Die vier Becken - die sich zwischen Pfaffengrunder und Schwetzinger Terrasse befinden - sind über Rohre miteinander verbunden, es gibt aber kaum Strömung. Es handelt sich dabei nicht um klassische Versickerungsbecken für Regenwasser, denn diese würden die meiste Zeit des Jahres leer sein. Weil man das Wasser als Gestaltungselement einsetzen wollte, wurde die Konstruktion mit den Filterbecken gewählt. "Die Anlage war ein Novum. Es gibt nicht viele Beispiele dafür", sagt der Leiter des Landschafts- und Forstamtes, Ernst Baader. Problematisch erwies sich auch, dass die Becken nicht wie vorgesehen als Trog gebaut werden konnten. "Wir brauchen aus versicherungsrechtlichen Gründen einen Flachwasserbereich, sonst hätten wir die Becken einzäunen müssen", sagt Baader. Dadurch sei aber das Verhältnis vom Oberflächenwasser, das sich schnell erwärmt, zum kühleren Tiefenwasser verändert worden. Das dadurch wärmere Wasser und das eingespülte Phosphat begünstigten das Algenwachstum.

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Einfach alles so wie bisher zu lassen, war deshalb keine Lösung. "Die organischen Substanzen, die beispielsweise bei einer Reinigung zwischen den Steinen bleiben, führen zu immer schnelleren Säuberungsintervallen", erklärt Baader. Zudem musste immer wieder Grundwasser in die Becken eingeleitet werden, um das Algenwachstum zu bremsen. Und in westlicher Richtung soll der Regiebetrieb ab 2019 drei weitere Becken am Langen Anger bauen - und die sollen funktionieren.

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Drei Gründe, warum die Fachleute herausfinden mussten, welches Material bei einem Umbau eingesetzt werden kann, damit die Konstruktion funktioniert. "Das war eine mühevolle Kleinarbeit mit ingenieurtechnischer Hilfe", berichtet Morr. In der Stadtgärtnerei wurden dafür zwei Betonringe aufgestellt, in deren Mitte jeweils in einem kleineren Ring das Filterbecken nachgebaut wurde. Einmal mit dem Substrat, was in der Bahnstadt verbaut ist, und einmal mit einem Substrat, was man zukünftig verwenden will. "Auch in dieser Anlage hat sich der Filter schnell zugesetzt", berichtet Baader.

Außerdem habe man festgestellt, dass die Durchleitung nicht gut war: "Wir haben einen schlechten Wasserdurchfluss, weil der hydraulische Druck fehlt", sagt Morr. Der zu geringe Höhenunterschied zwischen Filter- und Wasserbecken führe ebenfalls zu einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit der Filter. Nach der Testphase liegen nun die Umbaupläne der "Bioplan Ingenieurgesellschaft" vor, die auch vorsehen, dass die großen Steine am Grund des Beckens entfernt werden. So soll bei einer Grundreinigung das organische Material an der Sole leichter herausgespült werden.

Für die Umbauarbeiten sind acht bis zehn Wochen angesetzt. In der letzten Woche wurden bereits die fünf Bäume, die zwischen den Becken und den Häusern standen, mit einem Spezialfahrzeug in die Stadtgärtnerei gebracht, später kommen sie wieder zurück. Zukünftig wird dann Schilf, das bereits in der Stadtgärtnerei kultiviert wurde, in den Filterbecken wachsen. "Es bindet am besten das Phosphat und kann abgemäht werden", berichtet Baader. Eine ähnliche Wirkung erhofft man sich auch vom Filtersubstrat. Baader: "Auf diese Weise wollen wir den Phosphatanteil so gering wie möglich halten."

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