Die gesperrte Thingstätte auf dem Handschuhsheimer Heiligenberg. Foto: PR Video
Heidelberg. (rnz/mare) Die alte Stätte ist in Feuerschein gehüllt. Die meist jungen Menschen nehmen auf den Stufen Platz, genießen die einmalige Atmosphäre, die jedes Jahr in der Nacht zum 1. Mai auf der Heidelberger Thingstätte herrscht.
Ein Jahr später: Die alte Stätte ist dunkel. Verlassen. Kein Mensch ist hier. Denn die Stadt Heidelberg hat den Zutritt zur Kultstätte verboten.
Dieser Bereich war in der Walpurgisnacht 2018 gesperrt. Grafik: RNZ Repro
Tausende lockte die Walpurgisnachtfeier jährlich hoch hinaus in den Heidelberger Wald. Bis 2017. Bis zu jenem verheerenden Waldbrand. Bis zu jenem tragischen Unfall. Im letzten Jahr zog die Stadt deshalb die Notbremse und verhängte ein Betretungsverbot. Und auch in diesem Jahr wird es keine Feier, keine Feuer geben. Denn zwischen Dienstag und Mittwoch, 30. April und 1. Mai, wird der Wald zwischen 14 und 6 Uhr früh gesperrt, wie die Stadtverwaltung mitteilt.
Der Grund weiterhin: Es gibt keinen offiziellen Veranstalter und kein Sicherheitskonzept für das Event, das in den letzten Jahren bis zu 15.000 Menschen auf die Thingstätte lockte. (Mehr dazu hier.)
Daher werden Stadt und Polizei ab dem Nachmittag des 30. Aprils rund um den Ort im Einsatz sein. Die Thingstätte wird eingezäunt, die Waldwege gesperrt und kontrolliert.
Wer den Wald trotz des Verbots betritt, kann mit einer Geldbuße belegt oder angezeigt werden.
Grafik: Stadt Heidelberg/Screenshot: RNZonlineDas sind die Sicherheitsrisiken, die für das Verbot der Feier sorgen:
- Kein offizieller Veranstalter und kein organisierter Ablauf
- Unkontrollierte Feuerstellen im Waldgebiet mit hoher Brandgefahr
- Vielzahl von Sturzstellen und Stolperfallen auf dem Gelände
- Kein System für Zu- oder Ableitung von Besuchern, kein System von Rettungs- und Fluchtwegen
- Keine Beleuchtung
Der Hintergrund der Heidelberger Thingstätte
Die Heidelberger Thingstätte auf dem Heiligenberg ist ein Beispiel für nationalsozialistische Architektur und eine nach dem Vorbild antiker griechischer Theater errichtete Freilichtbühne. Die Thingstätte wurde von 1934 bis 1935 vom Reichsarbeitsdienst und Heidelberger Studenten erbaut. Die Bühne sollte vor allem für Propagandaveranstaltungen genutzt werden. Doch schon bald verloren die Nationalsozialisten das Interesse an der Anlage. Während des Zweiten Weltkriegs war die Thingstätte weitgehend ungenutzt. Heute ist die Thingstätte ein Kulturdenkmal, das für Touristen, Wanderer und Waldspaziergänger frei zugänglich ist. Sie verfügt über keine baulichen Anlagen und ist weder eingezäunt noch beleuchtet.