Das städtische Theater, das Kurpfälzische Museum, die Musik- und Singschule sowie die Stadtbücherei sollen künftig einem anderen Bürgermeister zugeordnet sein als das Kulturamt. Fotos (3): Hentschel/Archiv-Foto: Kresin
Von Timo Teufert
Heidelberg. Nachdem die Wellen in den letzten Tagen beim Neuzuschnitt der Aufgabenbereiche der Dezernenten hoch schlugen und Oberbürgermeister Eckart Würzner am gestrigen Dienstag "stinksauer" auf die Grünen war, versucht die Partei, die 16 von 48 Stadträten im Gemeinderat stellt, die Diskussion zu versachlichen. In einem offenen Brief an OB, CDU und SPD schlagen die Grünen vor, die Verteilung der Aufgaben im Dezernat von Wolfgang Erichson (Grüne) und Joachim Gerner (SPD) vollkommen neu zu regeln. So sollen die bisherigen Pläne verhindert werden, nächstes Jahr das Kulturamt aus dem Kulturdezernat herauszulösen.
Der Grünen-Vorschlag im Kern: Das SPD-Dezernat bekommt das Kinder- und Jugendamt und wird zum "Dezernat für Soziales, Bildung, Chancengleichheit und Jugend". Die Kultur wird bei Bürgermeister Wolfgang Erichson im neuen "Dezernat für Kultur, Kreativwirtschaft, Digitalisierung und Bürgerdienste’" gebündelt - mitsamt dem Kulturamt und den Kultureinrichtungen.
"Wir sind bestürzt über die Eskalation der Debatte um die künftige Verortung der Kultur in der Dezernatsverteilung, die wir in den letzten Tagen erleben mussten", schreiben Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo und die Kreisvorsitzenden Monika Gonser und Florian Kollmann. Nachdem vergangene Woche ein Konsens gefunden wurde, hätten die Grünen aus der RNZ erfahren, dass dieser wohl nicht von allen getragen werde. "Wir finden es sehr bedauerlich, dass kein Versuch unternommen wurde, dies auf inhaltlicher Ebene zu heilen, sondern stattdessen über den öffentlich vorgetragenen Vorwurf, uns ginge es um die blinde Durchsetzung machtpolitischer Interessen. Zunächst möchten wir in aller Klarheit feststellen: Das war nie der Fall!", heißt es in dem Schreiben.
In erster Linie seien die Grünen daran interessiert, zusammen mit dem OB und den anderen Fraktionen die Aufgaben zwischen den Dezernaten sinnvoll zu verteilen. "Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass dabei auch den Kräfteverhältnissen im Gemeinderat Rechnung getragen wird - wir halten das für einen legitimen, von der Gemeindeordnung nicht nur gedeckten, sondern geradezu geforderten Anspruch", so die Grünen. Es sei klar, dass dabei ein Zuwachs an Zuständigkeiten für eine Partei nicht möglich sei, ohne dass andere Zuständigkeiten abgeben. "Miteinander haben wir unter Federführung des OBs verhandelt, wie eine solche Neuverteilung sach- und interessengerecht aussehen könnte und sind dann letzten Dienstag zu einem Kompromiss gekommen, den wir gemeinsam bereit waren zu tragen."
An dem Kompromiss sei dann nicht nur aus dem Kreis der Verhandelnden selbst Kritik aufgekommen, sondern auch von den Akteuren aus dem Kulturbereich. Denn: Die Zuordnung des Kulturamts zum Erichson-Dezernat beim gleichzeitigen Verbleib der Kultureinrichtungen in der Zuständigkeit von Gerners Dezernat sei, so die Grünen, "mit etwas Abstand ein Fehler".
Es lasse sich trefflich darüber streiten, wer "schuld" daran sei. "Soweit wir das beurteilen können, gab es niemanden, der das Kulturdezernat ,zerschlagen’ oder ,abschaffen’ wollte. Sondern lediglich einen Kompromiss, der - auch unter dem Zeitdruck der kurzfristig angesetzten Pressekonferenz - von den beteiligten Akteuren nicht in allen Konsequenzen durchdacht und mit hinreichender Verbindlichkeit vereinbart worden war", heißt es. Deshalb sei es auch nicht förderlich, Schuldzuweisungen hin und her zu spielen. Stattdessen erwarteten die Heidelberger und die in der Kultur engagierten Menschen eine konstruktive, gemeinsam getragene Lösung. "Wir sind daher gerne bereit, dafür einen erneuten Kompromiss anzubieten".
Oberstes Ziel einer Nachjustierung solle dabei die inhaltliche Passung der Dezernate sein. "Selbstverständlich sind daher auch wir der Meinung, dass Kulturamt und Kultureinrichtungen im selben Dezernat verortet sein sollten."Gleichzeitig bildeten auch die Bereiche Soziales, Chancengleichheit, Bildung sowie Kinder- und Jugend ein Handlungsfeld mit vielen Anknüpfungspunkten. "Wir bieten daher an, auf das Kinder- und Jugendamt zugunsten eines Verbleibs in einem inhaltlich klar konturierten ,Dezernat für Soziales, Bildung, Chancengleichheit und Jugend’ zu verzichten. Im Gegenzug sollten dafür die Kultureinrichtungen zusammen mit dem Kulturamt in das ,Dezernat für Kultur, Kreativwirtschaft, Digitalisierung und Bürgerdienste’ wechseln, um dort alle Bereiche zu bündeln, die für die Gestaltung einer kreativen Stadt von Bedeutung sind", erklären die Grünen.
Man sei überzeugt, dass dieser Dezernatszuschnitt sich nicht an machtpolitischen Erwägungen orientiere, sondern an einer inhaltlich sinnvollen Verteilung.