"Wir hören nicht zu, was der Erdogan uns sagt"
Tag der offenen Moschee - Motto "Religiosität - individuell, natürlich, normal"
Von Arndt Krödel
Heidelberg. Wie und in welcher Umgebung beten Menschen muslimischen Glaubens? Wie unterscheidet sich eine Moschee von einer Kirche oder Synagoge? Wer das immer schon mal wissen wollte und sich überdies für interreligiöse Fragen interessiert, war richtig beim "Tag der offenen Moscheen", zu dem die "Ditib Yavuz Sultan Selim Moschee" in Heidelberg eingeladen hatte.
Etwa 25 Teilnehmer - überwiegend Frauen - versammelten sich am Mittwochmittag vor dem Moscheegebäude in der Hatschekstraße in Rohrbach-Süd, wo sie Fatima Panz im Namen des Türkisch-Islamischen Kulturvereins Heidelberg begrüßte. Der Verein ist dem bundesweiten "Ditib"-Dachverband angeschlossen: Der Name steht für die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, dem rund 900 Moscheegemeinden in Deutschland unterstehen.
Der Tag der offenen Moscheen wird in allen Ditib-Gemeinden stets am 3. Oktober begangen und stand diesmal unter dem Motto "Religiosität - individuell, natürlich, normal". Die Veranstaltung möchte Moscheebesuchern die Möglichkeit geben, gelebte muslimische Religiosität zu erfahren. Panz, die wie alle Mitarbeiter der Gemeinde ehrenamtlich tätig ist, arbeitet hauptberuflich als Gästeführerin.
Wenn ein religiöser Muslim zu einem der vier Gebete in die Moschee kommt - morgens, mittags, abends und nachts -, geht er zuerst in den Waschraum, wie Panz bei der zweistündigen Führung erklärte. Um in den Stand der rituellen Reinheit zu gelangen, wäscht sich der Gläubige Gesicht, Hände und Füße.
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Für die Besucher war dies natürlich keine Pflicht. Als das Mittagsgebet um 13.20 Uhr ansteht, müssen alle Frauen den Moscheeraum verlassen und auf die Tribüne hinaufsteigen. "Warum?", wollten zwei Gäste wissen. Weil die Männer nicht von den Frauen abgelenkt werden sollen, erläutert Hüseyin Özcan, Interreligiöser Beauftragter der Gemeinde, seine Sicht der Dinge, die manchem nicht zeitgemäß erscheinen wird.
Auch Christine Blumenau, die mit ihrem Sohn Daniel aus dem Odenwald zur Moscheeführung gekommen ist, findet die Trennung "schade", wie sie im Gespräch mit der RNZ sagt. Da sie demnächst zu einer türkischen Familie nach Bammental zieht, wollte sie sich vorbereiten und schauen, in welchen religiösen Formen Muslime leben.
Dazu konnte Fatima Panz viel beitragen: Sie erklärte den Gästen die Inneneinrichtung der Moschee und brachte eine Besucherin sogar dazu, die Stufen zur hölzernen Kanzel an der Stirnwand der Moschee hinaufzusteigen und einen Absatz aus der vorher verteilten deutschen Fassung der Predigt zu lesen, die sich mit dem Bau von Moscheen befasste - die vor vier Tagen in Köln eröffnete neue Ditib-Zentralmoschee lieferte den Anlass.
Darauf angesprochen, dass der Bundesverfassungsschutz derzeit eine Beobachtung der Ditib-Zentrale prüft, nachdem einzelne Gemeinden verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten - so riefen im Januar Imame der Ditib zum Gebet für einen Sieg der türkischen Armee gegen die Kurden im syrischen Afrin auf -, zeigte sich Ali Akbulut, Vorstandsvorsitzender der Moscheegemeinde, betroffen: "Das tut uns weh, was wir da gehört haben."
Auch eine Bespitzelung von Gülen-Anhängern durch Ditib-Imame akzeptiere er nicht. Zur Ditib, die als verlängerter Arm Erdogans in Deutschland gilt, hat der Heidelberger, dessen Eltern einst als "Gastarbeiter" hierher kamen und blieben, seine eigene Meinung: "Wir hören nicht zu, was der Erdogan uns sagt".