Amoklauf in Heidelberg

Wiener Waffenhändler trifft keine Schuld (Update)

Das Ermittlungsverfahren zum Amoklauf in Januar ist abgeschlossen.

24.01.2022 UPDATE: 29.08.2022 15:25 Uhr 33 Minuten, 7 Sekunden
Ermittler untersuchen am 24. Januar die Waffen des 18-Jährigen, die er drei Tage zuvor in Wien gekauft hatte. Mit einem Gewehr gab er im Hörsaal drei Schüsse ab und tötete eine Studentin, mit dem anderen erschoss er sich draußen selbst. Foto: dpa

Heidelberg. (RNZ/mare/dpa) Das Ermittlungsverfahren zum Amoklauf an der Heidelberger Uni am 24. Januar 2022 ist abgeschlossen. Das teilt die Staatsanwaltschaft Heidelberg mit.

Im Zuge der Aufklärung wurden umfangreiche Ermittlungen im persönlichen Umfeld des 18-Jährigen vorgenommen, um zu klären, ob es weitere Beteiligte gibt, die sich strafbar gemacht haben könnten. Anhaltspunkte für einen strafrechtlichen Vorwurf gegen weitere Personen haben sich hierbei nicht ergeben, weswegen das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Heidelberg nunmehr eingestellt worden ist.

Auch im Verfahren gegen den Inhaber sowie den Verkäufer eines Wiener Waffengeschäfts haben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten ergeben, weswegen auch dieses Verfahren eingestellt wurde.

Die Abgabe der Tatwaffen war nach österreichischem Recht grundsätzlich erlaubt. Die Waffen wurden zwar unter Verletzung der dreitägigen sogenannten "Abkühlphase" an den späteren Täter abgegeben.

Allerdings war der 18-Jährige seit Langem fest entschlossen, die Tat zu begehen. So war der Zweck des österreichischen Waffengesetzes, Spontantaten zu verhindern, durch den Verstoß der Waffenhändler nicht berührt worden. Darüber hinaus war die Tat für den Händler auch nicht vorhersehbar, da der 18-Jährige angegeben hat, die Waffen zur Jagd zu benötigen. Bei dem Kauf der Waffen zeigte er gegenüber den Verkäufern zudem keine Auffälligkeiten, die auf eine Verwendung zu Straftaten hingedeutet hätten.

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Der 18 Jahre alte Student Nikolai G. hatte in einem Hörsaal der Universität im Neuenheimer Feld mit zwei Langwaffen eine 23 Jahre alte Studentin getötet, insgesamt acht weitere Studierende leicht verletzt und sich anschließend selbst erschossen.

An die getötete Studentin soll mit einem jährlich verliehenen Marie-Luise-Jung-Preis erinnert werden. Die mit 1500 Euro dotierte Auszeichnung soll an herausragende Absolventinnen mit Masterexamen gehen, die eine Promotion anstreben. Vor der Preisverleihung soll ein Tag des Miteinanders für Studienanfänger des Faches Biowissenschaften organisiert werden. Die Frau hatte Biowissenschaften studiert - ebenso wie der Amokläufer, der sein Opfer aber nicht kannte.

Update: Montag, 29. August 2022, 15.27 Uhr


Ermittlungen vor dem Abschluss - 18-Jähriger war Einzelgänger ohne soziale Bindungen

Von Sebastian Riemer

Heidelberg. Eine Universität unter Schock, eine ganze Stadt in Trauer: Die Schüsse in einem Hörsaal im Neuenheimer Feld hatten am 24. Januar für Entsetzen in Heidelberg und ganz Deutschland gesorgt. Der 18-jährige Student Nikolai G. hatte an jenem schwarzen Montag zur Mittagszeit in einem Tutorium in einem Gebäude im Botanischen Garten dreimal mit einem Gewehr geschossen. Eine 23-jährige Studentin erlag ihren Schussverletzungen. Acht weitere Studenten wurden leicht verletzt. Der Täter erschoss sich nach der Tat selbst.

Nun hat die 32-köpfige Ermittlungsgruppe "Botanik" die Hintergründe der Tat weitgehend aufgeklärt. Ein Überblick der Ermittlungsergebnisse:

> Tatablauf: Nikolai G. fuhr am 24. Januar mit einer Schrotflinte, einem Repetiergewehr und 150 Schuss Munition in einem Sportrucksack in einem Taxi von seiner Mannheimer Wohnung ins Neuenheimer Feld. Dort betrat er kurz vor 12.30 Uhr ein Tutorium mit 30 Studierenden in einem Hörsaalgebäude im Botanischen Garten im Neuenheimer Feld – und eröffnete das Feuer. "Der Täter schoss nicht gezielt, sondern wahllos auf die Menschen im Hörsaal", sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag auf RNZ-Anfrage. Dann verließ er den Hörsaal, zielte im Foyer des Gebäudes auf Menschen, die vor ihm die Treppe hoch fliehen konnten, rannte aus dem Gebäude und richtete draußen die Waffe gegen sich selbst.

> Tatmotiv: Zwar konnte das Motiv laut Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft "nicht mit letzter Sicherheit" geklärt werden, klar aber ist: Der 18-Jährige war "ein Einzelgänger ohne soziale Bindungen zu seinen Mitstudierenden". Er handelte allein. Weder gab es Hinweise auf Mittäter, noch Helfer, Anstifter oder Mitwisser. Bei ihren Ermittlungen konnte die Polizei "keine persönliche Vorbeziehung" des Täters zu der getöteten Studentin, den Verletzten oder den anderen bei der Tat im Hörsaal anwesenden Studierenden feststellen. Auch einen "konkret durch diese Personen vermittelten Tatanlass" habe man nicht gefunden. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft spricht "einiges dafür, dass der Täter sich mit der Amoktat für eine in seiner Vorstellungswelt erlittene Kränkung hatte rächen wollen". Denn Nikolai G. war schon mit 15 Jahren in psychiatrischer Behandlung.

> Psychiatrische Vorgeschichte des Täters: Dem Täter wurden in der Vergangenheit mehrere psychiatrische Störungen bescheinigt. Zwischen 2018 und Anfang 2020 war er in ambulanter und auch zwei Mal in stationärer psychiatrischer Behandlung. Der Aufnahme ins Krankenhaus waren akute Suizidvorstellungen und auch Selbstmordversuche vorausgegangen. Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung wurde ihm schon als 15-Jähriger attestiert. Nach Einschätzung seiner Behandler ging diese Störung mit starker Verminderung des Selbstwertgefühls einher. Er konnte keine Kritik akzeptieren und war extrem leicht kränkbar.

> Zusammenhang zwischen narzisstischer Persönlichkeitsstörung und Tat: Laut einem von der Staatsanwaltschaft zugezogenen forensischen Psychiater spricht vieles dafür, dass die narzisstische Persönlichkeitsproblematik des 18-Jährigen "als maßgeblicher Grund für die Tat angesehen werden" könne. Denn diese Störung gehe nicht nur einher mit einer gesteigerten Kränkbarkeit, sondern auch mit "Hass gegen sich selbst" und einem sich daraus entwickelndem Hass gegen beliebige andere Personen. Den Ermittlern erscheint es plausibel, dass sich Nikolai G. im Verlauf seines ersten Semesters der Biowissenschaften an der Uni Heidelberg ab Herbst 2021 stark gekränkt und grundlegend missverstanden gefühlt habe. Darin könnte ein Motiv für die Amoktat liegen.

> Kein rechtsextremer Hintergrund: Weil Nikolai G. sich im Jahr 2019 für eine Fördermitgliedschaft in der rechtsradikalen Partei "Der III. Weg" interessiert hatte, waren die Ermittler auch einem rechtsextremen Motiv nachgegangen. Dafür fanden sie jedoch "keine belastbaren Anhaltspunkte". Die Fördermitgliedschaft hatte er demnach nie erhalten, auch pflegte er ansonsten keinerlei Kontakte zu dieser Partei oder sonst in die rechtsradikale Szene. Zwar ergaben sich bei den Ermittlungen noch weitere Hinweise darauf, dass der Täter "als 15- bis 16-Jähriger zeitweilig mit rechtsextremen Ideologien sympathisiert haben könnte". Dennoch seien keine Tatsachen bekannt geworden, die für die Annahme sprächen, dass diese Sympathie Anlass der Amoktat gewesen sein könnte.

> Vorbereitung und Planung der Tat: Nikolai G. war im Juli 2021 für sein Studium in Heidelberg von Berlin nach Mannheim gezogen. Indizien legen nahe, dass er seine Tat spätestens seit Dezember 2021 geplant hatte und dafür Schusswaffen kaufen wollte. Zunächst erwog der Täter wohl, einen Jagdschein zu erwerben, und erkundigte sich Mitte Dezember im Internet bei einem Anbieter für Jagdausbildung nach dessen Konditionen. Ob er dieses Interesse nur vortäuschte, um Waffen zu kaufen, lässt sich nicht sicher sagen. Zudem zeigen Beweismittel aus seiner Mannheimer Wohnung, dass Nikolai G. intensiv "Egoshooter"-Videospiele gespielt hatte. In den Monaten vor der Tat fertigte der 18-Jährige zunehmend Screenshots aus seinen Videospielen an, die realistisch aussehende getötete Menschen zeigen.

> Kauf von drei Waffen in Österreich: Ende Dezember 2021 beantragte Nikolai G. einen Studienkredit von 7500 Euro, der ihm gewährt wurde. Mit diesem Geld bezahlte er später drei Schusswaffen und seine Reise zu deren Erwerb nach Österreich. Anfang Januar 2022 kontaktierte er per E-Mail einen privaten Waffenverkäufer aus Wien, der im Internet Waffen anbot. Der 18-Jährige gab sich als angehender Jäger aus, man vereinbarte den Kauf einer Jagdwaffe. Diese bekam er dann am 18. Januar, sechs Tage vor der Tat, in einem Waffengeschäft in Wien ausgehändigt, bei dem der private Verkäufer Stammkunde war. Diese Waffe nahm er nicht mit zurück nach Deutschland, sondern ließ sie in dem von ihm angemieteten Hotelzimmer in Wien liegen. Doch hatte er in dem Waffengeschäft bereits am Mittag desselben Tages eine Schrotflinte erworben, die ihm dann drei Tage später, am 21. Januar, in dem Laden ausgehändigt wurde. Bei dieser Gelegenheit kaufte er zudem noch ein sogenanntes Unterhebelrepetiergewehr, das er sofort mitnehmen durfte. Mit diesem gab er drei Tage später die drei Schüsse im Hörsaal ab. Mit der Schrotflinte erschoss er sich danach selbst.

> Ermittlungen gegen Waffenhändler: Die Käufe selbst waren nach österreichischem Recht legal, jedoch hätte der Waffenhändler Nikolai G. die Waffen erst nach einer dreitägigen "Abkühlphase" übergeben dürfen. Deshalb sieht die Staatsanwaltschaft Heidelberg einen strafrechtlichen Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung. Begründung: Hätten der Inhaber des Wiener Waffengeschäfts und dessen Mitarbeiter die "Abkühlphase" korrekt eingehalten, hätte der Täter die Amoktat nicht am 24. Januar mit diesen Waffen durchführen können. Deshalb wurde ein Ermittlungsverfahren gegen die beiden Österreicher eingeleitet. Ob es für eine Anklageerhebung reicht, ist aber völlig offen.

Update: Donnerstag, 17. März 2022, 19.46 Uhr


Studierende planen großen Trauerzug

Von Sebastian Riemer

Genau vier Wochen nach den tödlichen Schüssen in einem Tutorium im Neuenheimer Feld soll am 21. Februar ein Trauerzug durch Heidelberg an die Tat und deren Opfer erinnern. Die Initiative dazu kommt von der Fachschaft der Fakultät für Biowissenschaften. An dieser Fakultät hatte die 23-jährige getötete Studentin studiert. Auch der 18-jährige Täter, dessen Motiv noch immer unklar ist, war dort eingeschrieben.

"Wir Studierende wollen ein Zeichen senden in die Stadt: Ja, das Leben muss weitergehen, aber wir dürfen die unfassbare Tat nicht vergessen, sie geht uns alle weiter an", sagt Peter Abelmann. Der 32-Jährige ist Vorsitzender der Verfassten Studierendenschaft in Heidelberg, die den Trauerzug am Montag übernächster Woche unterstützt. Abelmann rechnet mit mehreren Hundert Teilnehmern. Es wird die zweite große Gedenkveranstaltung nach der Trauerfeier in der Peterskirche, bei der eine Woche nach der Tat in einer bewegenden Zeremonie der Opfer vom 24. Januar gedacht wurde.

Der Trauerzug soll am späten Nachmittag des 21. Februar an alle drei Standorte der Universität Heidelberg führen, also nicht nur durch die Altstadt und das Neuenheimer Feld, sondern auch vorbei am Campus im Stadtteil Bergheim. "Unsere Universität ist verteilt über die ganze Stadt, aber wir alle gehören zusammen", so Abelmann. "Deshalb wollen wir auch alle drei Standorte und ganz Heidelberg in den Gedenkgang einbinden." Die genaue Route stehe noch nicht fest. Sicher ist, dass der Zug mit Kerzen und Lichtern im Botanischen Garten der Universität enden soll, direkt vor dem Hörsaalgebäude, in dem die Schüsse gefallen waren.

Am 19. Februar endet an der Uni Heidelberg die Vorlesungszeit des laufenden Wintersemesters. Man wolle deshalb am Montag danach noch einmal gemeinsam ein Zeichen der jetzigen Studierendenschaft setzen, erklärt Abelmann, "bevor dann zum nächsten Sommersemester einige Kommilitoninnen und Kommilitonen Heidelberg verlassen und neue an der Uni ankommen". Für den Philosophiestudenten ist diese Form des Gedenkens genau einen Monat nach dem Geschehen "ein Schritt auf dem Weg zu einer dauerhaften Erinnerungskultur".

Abelmann hatte schon wenige Tage nach der Tat den Wunsch vieler Studierender nach einem permanenten Trauerort zum Ausdruck gebracht. Wie dieser genau aussehen könne, da sei man weiterhin mitten in den Überlegungen. "Wir ziehen ganz verschiedene Möglichkeiten in Erwägung: vom Umbau des Gebäudes, wo die Tat geschah, bis hin zu einer immateriellen, aber dauerhaften Form des Gedenkens."

Die Universität Heidelberg hat nach Angaben einer Sprecherin noch nicht abschließend über eine adäquate Form der dauerhaften Erinnerung an das Geschehen vom 24. Januar entschieden. Wichtig sei, in die Überlegungen auch immer die Eltern der getöteten jungen Frau und die weiteren Betroffenen einzubeziehen.

Update: Donnerstag, 10. Februar 2022, 19.53 Uhr


Studierende planen Trauerzug für Opfer

Heidelberg. (dpa) Einen Monat nach dem Amoklauf an der Universität Heidelberg soll der Opfer bei einem Trauerzug gedacht werden. "Am 21. Februar wollen wir bei einem Gang durch alle drei Universitätsstandorte an die unfassbare Tat erinnern", sagte der Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft, Peter Abelmann, der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.

Der Zug werde mit einer Rede vor dem Gebäude enden, in dem ein 18 Jahre alter Student mitten in einem Tutorium mit 30 Teilnehmern eine 23-Jährige erschossen und drei weitere junge Menschen verletzt hatte. Die aus der Pfalz stammende Studentin, die nach einem Kopfschuss wenige Stunden später im Krankenhaus ihrer Verletzung erlag, dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Der Amokschütze hatte sich nach dem Verlassen des Gebäudes selbst erschossen. Seine Motive sind weiter unklar.

Die Gedenkveranstaltung ist laut Abelmann von der Fachschaft der Biowissenschaften, der sowohl die Opfer als auch der 18-Jährige angehörten, angeregt worden und wird von der Verfassten Studierendenschaft unterstützt. Der Philosophiestudent erwartet mindestens mehrere Hundert Teilnehmer mit Kerzen und Lichtern. Langfristig wünschten sich die Studierenden einen permanenten Trauerort auf dem Campus.

Die Universität hat nach Angaben ihrer Sprecherin noch nicht abschließend über eine adäquate Form des Gedenkens entschieden. In die Überlegungen müssten auch immer die Eltern der getöteten jungen Frau und die weiteren Betroffenen einbezogen werden.

Rund 39 000 junge Menschen studieren an den fünf Hochschulen Heidelbergs, das entspricht einem Viertel der Einwohner. Allein an der ältesten deutschen Universität sind 31.000 Studenten eingeschrieben.

Update: Donnerstag, 10. Februar 2022, 10.51 Uhr


Amokschütze nahm Kredit auf

Heidelberg. (shy) Das Motiv des 18-jährigen Studenten, der vor zweieinhalb Wochen im Hörsaal auf dem Universitätsgelände im Neuenheimer Feld auf Studierende schoss und eine 23-Jährige tötete, ist nach wie vor nicht bekannt. Polizei und Staatsanwaltschaft haben indes ermittelt, wie und wo sich der Student die Waffen besorgte. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 18-Jährige den Kauf über einen längeren Zeitraum geplant hatte. Er mietete sich dafür in ein Hotel in Wien ein und mietete zusätzlich ein Zimmer in der österreichischen Hauptstadt. Zur Finanzierung der Waffen nahm er einen Studienkredit auf. Ob sich die Verkäufer der Waffen strafbar gemacht haben, ist noch nicht abschließend geklärt. >Den ausführlichen Bericht finden Sie hier<

Update: Donnerstag, 10. Februar 2022, 08.08 Uhr


Zeugen sind traumatisiert

Heidelberg. (dpa) Zwei Wochen nach dem Amoklauf an der Universität Heidelberg mit einer Toten und drei Verletzten ist das Motiv des Schützen weiter unklar. Die Staatsanwaltschaft bestätigte frühere Angaben, dass der mutmaßliche Täter in der Vergangenheit in psychiatrischer und psychologischer Behandlung war. "Inwieweit eine somit im Raum stehende psychische Erkrankung tatsächlich zum Tatzeitpunkt noch vorlag und ursächlich oder mitursächlich für die Amoktat war, ist noch nicht geklärt", hieß es von der Anklagebehörde. Auch andere mögliche Tatmotive seien Gegenstand der noch laufenden Ermittlungen. Der ausführliche Bericht über die Obduktion des Opfers und des Täters liege noch nicht vor.

Der 18 Jahre alte Täter war am Montag vor zwei Wochen mit einer Waffe in ein laufendes Tutorium eingedrungen, an dem 30 Erstsemester teilnahmen. Von den in Betracht kommenden Zeugen ist ein Großteil vernommen worden, jedoch noch nicht alle. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums sagte, etliche Zeugen seien traumatisiert. Es gehöre viel Einfühlungsvermögen dazu, sie zu befragen.

Update: Mittwoch, 9. Februar 2022, 14.56 Uhr


So verlief die Gedenkfeier in der Peterskirche (Fotogalerie/Video)

Mannheim. (oka) Die Universitäten von Mannheim und Heidelberg sind sehr eng miteinander verbunden. Umso erschütterter ist Thomas Puhl (Foto: vaf), Rektor der Mannheimer Universität: "Das hat uns ins Mark getroffen", erzählt er im Gespräch mit der RNZ, kurz nachdem er am Montag die Trauerfeier für die Opfer der Amoktat besucht hat.

Puhl wohnt in Heidelberg, hat dort an der Uni habilitiert. Mit seinem Kollegen Bernhard Eitel stehe er in engem Kontakt. "Wir waren schockiert, zumal der Täter ja in Mannheim gewohnt hat", erzählt Thomas Puhl.

Nach der Bluttat rückt die Sicherheit an Hochschulen in den Fokus. Natürlich gebe es an der Universität Mannheim ein Sicherheitskonzept, das ständig überarbeitet werde, betont der Rektor. Die Tat werde im Arbeitskreis "Sicherheit" natürlich Thema sein. Wahr sei aber auch: "Unis sind Orte des offenen Diskurses, wir sind auf den Austausch angewiesen. Deshalb sind und bleiben wir ein weiches Ziel." Eine Universität in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln, sei bei einem offenen Campus mit Tausenden von Studierenden zudem so gut wie unmöglich. Eine solch substanzielle Veränderung der Hochschulkultur sei nicht gewollt, das sei für ihn auch der Tenor in der Trauerfeier gewesen.

Update: Montag, 31. Januar 2022, 21.00 Uhr


Heidelberg. (dpa) Mit einer Trauerfeier und einer Schweigeminute hat die Universität Heidelberg eine Woche nach dem Amoklauf der Opfer gedacht. Zum Gedenken an die getötete 23-jährige Studentin und an ihre drei verletzten Kommilitonen waren die Menschen aufgerufen, um 12.24 Uhr für eine Minute innezuhalten. Zu diesem Zeitpunkt kamen am vergangenen Montag die ersten Notrufe aus dem Saal, in dem der Täter aus bislang unbekanntem Motiv mehrfach auf die Erstsemester der Biowissenschaften schoss.

Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) sagte kurz vor dem Gottesdienst: "Ich denke an die Angehörigen der jungen Frau, die am Morgen voller Hoffnung in die Uni kam und am Nachmittag um ihr Leben kämpfen musste - und den Kampf leider verloren hat." Bei der Veranstaltung in der Universitätskirche sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU): "Es darf keine Mauern und Zäune in der Uni geben." Er wünsche den Angehörigen und Betroffenen, dass die Wunden keine bleibenden Narben hinterlassen. "Wir sind bei Ihnen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten."

Der 18 Jahre alte Täter war mit einer Waffe in ein laufendes Tutorium eingedrungen, an dem 30 Erstsemester teilnahmen. Er schoss mehrmals, die aus Landau stammende 23-Jährige wurde am Kopf getroffen. Die junge Frau starb wenige Stunden später im Krankenhaus. Drei Kommilitonen kamen mit leichteren Verletzungen davon. Der Täter verließ das Gebäude und tötete sich selbst.

Update: Montag, 31. Januar 2022, 13.35 Uhr


Heidelberg. (RNZ) Die Universität ruft für diesen Montag, 31. Januar, um 12.24 Uhr zu einer Schweigeminute auf. Zu dieser Uhrzeit waren eine Woche zuvor die ersten Notrufe zu den Schüssen in dem Hörsaal im Neuenheimer Feld eingegangen, bei denen eine 23-Jährige getötet und drei Studierende verletzt wurden, ehe sich der Täter das Leben nahm. Die Stadt schließt sich dem Aufruf an. OB Eckart Würzner: "Ich möchte alle Menschen in der Stadt bitten, sich der Schweigeminute anzuschließen. Halten Sie einen Moment inne – am Arbeitsplatz, in Geschäften, in Schulen und an vielen weiteren Orten. Lassen Sie uns gemeinsam der Opfer gedenken."

Bei der Gedenkfeier in der Peterskirche am Montag um 12 Uhr sind keine Plätze mehr frei. Sie wird aber live gezeigt von SWR und Rhein-Neckar-Fernsehen sowie auf:
www.uni-heidelberg.de/de/heionline

Update: Montag, 31. Januar 2022, 8.26 Uhr


Ein Gedenkort auf dem Campus

Heidelberg. (dpa) Der Opferbeauftragte der Landesregierung würde einen Gedenkort für die Opfer des Attentats an der Universität Heidelberg begrüßen. "Es ist wichtig, dass in irgendeiner Form der erschossenen Studentin und ihrer drei verletzten Kommilitonen gedacht wird", sagte Alexander Schwarz der Deutschen Presse-Agentur. Das müsse allerdings mit den Angehörigen der getöteten 23-Jährigen abgestimmt werden. Der Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft in Heidelberg, Peter Abelmann, hatte im RNZ-Interview am Donnerstag gesagt, dass viele Studierende sich "einen permanenten Trauerort" auf dem Campus wünschen würden. In den Tagen nach der Tat haben Trauernde an mehreren Stellen Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet – nahe dem Tatort, aber auch an der Zentralmensa im Neuenheimer Feld und vor der Neuen Uni in der Altstadt.

Bei der Bewältigung der psychischen und finanziellen Folgen sieht sich der Landesopferbeauftragte als Lotse im Hilfesystem. Schwarz hatte einen Tag nach der Amoktat eine Koordinierungsgruppe Opferhilfe ins Leben gerufen. Zu den Akteuren gehören neben Schwarz Vertreter von Stadt, Universität, Polizei sowie von der Unfallkasse, über die alle Studierenden als Universitätsangehörige versichert sind. Je nach Betroffenheit könne Verletzten, Freunden und Angehörigen der Opfer oder Menschen, die zur Tatzeit im Gebäude waren, ein passendes Angebot gemacht werden, so Schwarz: "Es gibt die unterschiedlichsten Bedürfnisse, die Ereignisse zu verarbeiten.

Update: Sonntag, 30. Januar 2022, 18.53 Uhr


Live-Gedenkfeier und Schweigeminute am Montag

Heidelberg. (RNZ) Mit einer Gedenkfeier und einer Schweigeminute wird die Universität Heidelberg am Montag, 31. Januar, an den Amoklauf erinnern. Das teilt die Universität mit.

Um 12.24 Uhr solle innegehalten werden, so der Rektor der Ruperto Carola, Prof. Bernhard Eitel. Die Stadt Heidelberg schließt sich dem Aufruf an und bittet die Bürgerinnen und Bürger, im gesamten Stadtgebiet eine Minute lang innezuhalten.

Die Gedenkfeier in der Universitätskirche kann in einer um 12 Uhr beginnenden Liveübertragung digital verfolgt werden. Sie wird auch von mehreren Sendern im Fernsehen ausgestrahlt.

Durch die Gedenkfeier führt Universitätsprediger Prof. Dr. Helmut Schwier. An der Veranstaltung in der Heidelberger Peterskirche – der Universitätskirche – nehmen der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl sowie unter anderem Wissenschaftsministerin Theresia Bauer als Vertreter des Landes Baden-Württemberg teil. Neben dem Innenminister und dem Rektor sprechen der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Eckart Würzner, der Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft, Peter Abelmann, sowie Vertreter der Kirchen. Den musikalischen Rahmen der Gedenkfeier gestalten Mitglieder das Collegium Musicum, das Universitätsorchester und der Universitätschor.

Für alle diejenigen, die die Gedenkfeier mitverfolgen wollen, wird sie auf verschiedenen Wegen übertragen. In der Zeit von 11 bis 14 Uhr ruhen an der Universität Heidelberg die Lehrveranstaltungen, damit Lehrende und Studierende gemeinsam die Gedenkfeier via Stream oder TV verfolgen können. Unter anderem ist der Livestream über das universitäre Portal heiONLINE abrufbar.

Da in der Universitätskirche keine Plätze mehr zur Verfügung stehen, lädt auch die Friedenskirche dazu ein, dort gemeinsam die Übertragung zu verfolgen. In der Kirche ist Raum für 350 Personen.

Update: Freitag, 28. Januar 2022, 15.13 Uhr


Schärfere Regeln für legalen Waffenerwerb gefordert

Heidelberg.(dpa) Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat nach dem Amoklauf in Heidelberg schärfere Regeln für den legalen Waffenerwerb im Ausland gefordert. Er sei entsetzt, warum es in Europa immer noch so leicht sei, an Waffen zu kommen, sagte er am Freitag in Stuttgart vor einem Treffen der Innenminister von Bund und Ländern. Das finde er erschreckend, darüber werde man sich unterhalten müssen. Der illegale Waffenerwerb sei das eine, aber auch der legale Waffenerwerb müsse auf den Prüfstand, um solche Taten künftig zu verhindern oder zumindest zu erschweren.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, aus dem Heidelberg Fall könne keine Notwendigkeit abgeleitet werden, das deutsche Waffenrecht zu verschärfen. Denn der Täter habe keine waffenrechtliche Erlaubnis besessen, nach deutschem Recht sei das illegal gewesen. Hingegen müsse der illegale Waffenbesitz weiter bekämpft werden, sagte Herrmann. Pistorius stellte klar, er wolle nicht das deutsche Waffenrecht verschärfen.

Ein 18 Jahre alter Student hatte am Montag in einem Heidelberger Hörsaal mehrmals auf andere Studierende geschossen. Eine 23-jährige Studentin starb an den Folgen eines Kopfschusses, drei weitere Menschen wurden verletzt. Nach der Tat tötete sich der 18-Jährige selbst.

Der junge Mann, der wie das Todesopfer im ersten Semester Biologie studierte, habe etwa eine Woche vor der Tat drei Langwaffen in Österreich erworben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Die beiden bei der Tat verwendeten Waffen hat der 18-Jährige demnach bei einem Waffenhändler gekauft, die dritte bei einer Privatperson.

Update: Freitag, 28. Januar 2022, 10.12 Uhr


Tatwaffen aus Wien - Rechtsextreme Partei dementiert Mitgliedschaft

Von Sarah Hinney

Heidelberg. Der 18-Jährige, der am Montag in einem Hörsaal der Universität Heidelberg mit einem Gewehr eine 23-jährige Studentin tötete und drei weitere Menschen verletzte, hat die Waffen, die er bei sich trug, wenige Tage zuvor in Wien gekauft. Außerdem soll er Zeugen gegenüber angegeben haben, dass er dort einen Jagdschein erwerben wollte, das hat die Staatsanwaltschaft auf RNZ-Anfrage bestätigt.

Keine weiteren Erkenntnisse gebe es indes über die Mitgliedschaft des Studenten in der Partei "Der III. Weg". Die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Ermittler Hinweisen nachgehen, wonach der Tatverdächtige in der Vergangenheit Mitglied dieser rechtsextremen Partei gewesen sein soll.

Die Partei hat das am Mittwochabend auf ihrem Telegram-Kanal dementiert. Der Attentäter hätte lediglich einen nicht unterschriebenen Fördermitgliedsantrag an das Postfach der Partei gesendet. Da sich der Antragssteller unter den angegebenen Kontaktdaten nicht gemeldet habe, sei dieser zu den Akten gelegt worden. Später sei der Antrag von Polizisten im Rahmen einer Hausdurchsuchung am 20. März 2020 beim damaligen Parteivorsitzenden Klaus Armstroff beschlagnahmt worden. Ob diese Aussage stimmt, konnte die Staatsanwaltschaft auf RNZ-Anfrage am Donnerstag nicht beantworten.

Update: Donnerstag, 27. Januar 2022, 19.02 Uhr


Waffen in Österreich gekauft - Schütze kam mit Taxi

Heidelberg. (hob) Drei Tage nach der Amoktat im Neuenheimer Feld und den Schüssen im Hörsaal gibt es neue Erkenntnisse der Ermittlungsgruppe "Botanik" der Kriminalpolizei. Demnach haben sich die 23-jährige getötete Studentin, die aus Landau stammt, und der Täter offenbar nicht näher gekannt. Gesicherte Erkenntnisse zu dem Motiv des 18-Jährigen, der sich direkt nach der Tat selbst richtete, gibt es noch nicht. Dafür weiß man nun mehr darüber, woher die Waffen stammen und wie er von seinem Wohnort in Mannheim zum Tatort kam.

> Die Tatwaffen stammen aus Österreich: Laut Staatsanwaltschaft und Polizei kaufte der 18-Jährige vor etwa anderthalb Wochen in der Alpenrepublik drei Gewehre. Zwei dieser Waffen wurden neben 150 Schuss Munition am Tatort sichergestellt. Laut den bei der Wohnungsdurchsuchung gefundenen Kaufbelegen hatte er sie von Waffenhändlern erworben. Das dritte Gewehr, bei dem es sich um eine Büchse handelt und das von einem Privatverkäufer stammt, ließ er in der von ihm in Österreich noch zum Tatzeitpunkt angemieteten Ferienwohnung zurück. "Wir gehen aber nicht davon aus, dass er eigentlich dorthin fliehen wollte", sagte ein Polizeisprecher. Vielmehr glauben die Ermittler, dass auch der Suizid von Anfang an vom Täter geplant war. Noch ist unklar, ob die Waffenverkäufer sich strafbar gemacht haben, da der 18-jährige Deutsche keinen Waffenschein besaß. "Diese Überprüfung gestaltet sich wegen der unterschiedlichen Rechtslage in Österreich und Deutschland schwierig", so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

> Schütze kam mit einem Taxi ins Neuenheimer Feld: Es gilt als gesichertes Ermittlungsergebnis, dass der 18-Jährige sich von einem Taxi direkt ins Neuenheimer Feld fahren ließ und dort relativ schnell den Hörsaal im Gebäude 360 betrat, ohne sich lange zuvor auf dem Campus aufzuhalten. Die beiden Gewehre hatte er in einem Sportrucksack transportiert, den er auch später noch trug, als er sich bereits erschossen hatte. Dieser Rucksack war auch der Grund, warum die Polizisten sich ihm nicht sofort nähern konnten. Sie mussten sicher sein, dass darin kein Sprengstoff versteckt war.

> Junger Mann mit rechtsradikaler Vergangenheit: Der Täter, der aus Berlin stammt, war in früheren Jahren offenbar Mitglied der rechtsextremen Partei "Der III. Weg", trat aber bereits als 15-Jähriger schon wieder aus, wie ein Polizeisprecher berichtete. Zeugenaussagen aus dem persönlichen Umfeld des Todesschützen und die Auswertung des beschlagnahmten Handys, des Laptops und des Tablets ergaben laut den Ermittlern bisher keine Hinweise darauf, dass er sich radikalisiert haben könnte oder noch Kontakte ins rechte Spektrum pflegte. Unklar ist auch, was er mit seiner Textnachricht an seinen Vater kurz vor der Tat meinte. "Heute muss jemand bestraft werden", kündigte er darin an.

> Tatmotiv ist immer noch unklar: Nicht auszuschließen sei, dass eine psychische Erkrankung des 18-Jährigen ursächlich für die Tat gewesen sein könnte, so die Polizei. Zu Details dieser Erkrankung will die Polizei aber aus Rücksicht auf die Familie des Schützen, die ebenfalls schockiert sei, nichts sagen.

> Ermittlungen zu Falschmeldungen eingeleitet: Es kursieren in verschiedenen sozialen Medien falsche Nachrichten rund um die Tat und die möglichen Tatabläufe. Viele dieser Nachrichten sind nicht nur als Gerüchte einzustufen, sondern als gezielt lancierte falsche Nachrichten ("Fake-News"), um zu verunsichern und die Ermittlungen zu erschweren. Die betreffenden Nachrichten werden ausgewertet, gesichert und auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft. Gegebenenfalls werden entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, teilen die Ermittler auf der Website der Staatsanwaltschaft mit.

Update: Mittwoch, 26. Januar 2022, 20.44 Uhr


Polizei versucht Rekonstruktion der Ereignisse

Heidelberg. (dpa) Nach dem Amoklauf an der Universität Heidelberg versucht die Polizei, sich anhand von Zeugenvernehmungen und der Auswertung von Obduktionsergebnissen ein Bild von der Tat zu machen. "Die rund 30 in einem Hörsaal vom Täter überraschten Biologie-Studenten sind größtenteils befragt worden", sagte Polizeisprecher Patrick Knapp am Mittwoch in Mannheim. Sicherlich gebe es auch eine zweite Fragerunde. "Je tiefer wir die Dinge untersuchen, desto mehr neue Fragen tun sich auf."

Ein 18 Jahre alter Student hatte am Montag in einem Hörsaal mehrmals auf andere Studierende geschossen. Eine 23-jährige Studentin starb an den Folgen eines Kopfschusses, drei weitere Menschen wurden verletzt. Nach der Tat tötete sich der 18-Jährige selbst.

Hinweise zum Hintergrund erhoffen sich die Ermittler aus der Obduktion der Leiche des Täters und der der von ihm erschossenen 23-Jährigen. Diese könne etwa zeigen, wie nah der Amokschütze der Frau kam und ob sie ein Zufallsopfer oder gezielt ins Visier genommen war. Knapp: "Wir wollen die Tat so genau wie möglich rekonstruieren." Darauf, dass die beiden dasselbe Fach studierenden jungen Leute sich kannten, gebe es aber keinen Hinweis.

Zu den noch offenen Fragen gehört auch die, wie der in Mannheim wohnhafte Mann mit seinen zwei im Ausland gekauften Gewehren unbemerkt auf den Heidelberger Campus kam. Klar sei aber, betonte Knapp, dass der Amoklauf keinen politischen Hintergrund habe.

Inzwischen sind die Wohnung des Amokschützen und von ihm genutzte Räume bei seinen Eltern in Berlin durchsucht und elektronische Geräte sichergestellt worden. Der Vater hatte Knapps Angaben zufolge nicht lang vor der Tat eine WhatsApp-Nachricht erhalten, in der der Sohn die Tat ankündigte. Der Student schrieb, "dass Leute jetzt bestraft werden müssen". Die Eltern des jungen Mannes würden von der Berliner Polizei betreut, sagte Knapp. Auch sie litten enorm unter der schrecklichen Tat ihres Sohnes.

Update: Mittwoch, 26. Januar 2022, 13.14 Uhr


Die Verletzten sind "körperlich" auf dem Weg der Besserung

Von Sarah Hinney und Holger Buchwald

Heidelberg. Die neu gegründete Ermittlungsgruppe Botanik der Polizei soll nun die Hintergründe und Details zur schrecklichen Bluttat im Neuenheimer Feld aufklären, bei der am Montagmittag eine junge Frau ihr Leben verlor. Was man bislang über die Tat weiß und welche Fragen noch offen sind – ein Überblick:

> Was über die Tat bekannt ist: Am Montag um kurz vor 12.30 Uhr betrat ein 18-Jähriger den Hörsaal des Zentrums für biologische Grundlagenforschung im Gebäude INF 360, in dem sich 30 Studenten befanden, schoss dreimal und tötete sich danach vor dem Gebäude selbst. Ob die Opfer nahe beieinander saßen, ist unklar. Was dafür spricht: Es gab bei drei abgefeuerten Schüssen vier Verletzte.

> Was man über die Verletzten weiß: Der 18-jährige Täter verletzte insgesamt vier Personen. Eine 23-jährige Studentin starb wenige Stunden später an den Folgen eines Kopfschusses. Zwei weitere Frauen im Alter von 19 und 21 Jahren sowie ein 21-jähriger Mann wurden im Gesicht, am Bein und am Rücken "leicht bis mittelschwer verletzt". Sie wurden ambulant versorgt und befinden sich laut Polizei auf dem Weg der körperlichen Besserung. Eine erste Befragung der Opfer habe noch am Tag der Tat stattgefunden.

> Wer der Täter war: Es handelt sich um einen 18-jährigen Biologie-Studenten mit deutscher Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in Mannheim. Eigentlich stammt er aus Berlin. Da er im Oktober sein Studium in Heidelberg aufgenommen hat, ist er kurz vorher in die Quadratestadt gezogen. Vor Jahren soll er psychische Probleme gehabt haben, ob dies bei der Tat eine Rolle spielte, ist aber unklar. Die Staatsanwaltschaft hält sich aus Gründen der Persönlichkeitsrechte der Familie des Täters mit solchen Angaben zurück. Fest steht: Er ist nicht vorbestraft, ist polizeilich nicht bekannt. Er hatte nicht einmal einen Führerschein.

> Welche Anhaltspunkte für ein Tatmotiv es gibt: Bislang sei noch völlig unklar, ob der Täter und die Opfer sich kannten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Daher gebe es auch keine Erkenntnisse, ob es sich um eine Beziehungstat handelt. Dafür spricht, dass der Täter seinem Vater kurz vor der Tat eine Whatsapp geschrieben hatte, dass "heute jemand bestraft werden muss". Außerdem wünschte er sich in der Textnachricht eine Seebestattung und keine Beerdigung. Der Täter rechnete also damit, den Tag nicht zu überleben. Ein Abschiedsbrief wurde aber bei der Wohnungsdurchsuchung nicht gefunden.

> Was über die Waffen bekannt ist: Der Täter hatte zwei Gewehre sowie 100 Schuss Munition bei sich. Für die Tat benutzte er eine Schrotflinte. Die Waffen soll der 18-Jährige vor wenigen Tagen "im Ausland" gekauft haben. Mehr Informationen dazu gibt die Polizei nicht preis. Denn auch die Verkäufer haben sich strafbar gemacht, gegen sie wird ermittelt. Der 18-Jährige hatte keinen Waffenschein.

> Wie der Täter zum Tatort kam: Auch dazu wollen die Ermittlungsbehörden zum aktuellen Zeitpunkt noch nichts sagen. Unklar ist deshalb auch, ob er sich in den Stunden vor der Tat bereits im Neuenheimer Feld aufhielt.

> Wie die Ermittlungen jetzt weiter gehen: Die Ermittlungsgruppe "Botanik" der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg besteht aus insgesamt 32 Beamten. Ziele sind die Recherchen insbesondere zur Herkunft der Waffen sowie zum Tatmotiv. Hierzu wird das persönliche und universitäre Umfeld des Täters mit einbezogen, die digitalen Geräte, die in der Wohnung des 18-Jährigen gefunden wurden, durchforstet. Auch der Tatort wird noch von der Zentralen Kriminaltechnik untersucht, die beiden Leichen werden von der Rechtsmedizin der Universität Heidelberg obduziert.

> Was für die Opfer getan wird: Besonderes Augenmerk der Polizei liegt bei der Betreuung Betroffener, den Familien der Opfer und des Täters, aber auch der Studierenden, die während der Tat im Hörsaal waren. Das psychosoziale Beratungsteam des Polizeipräsidiums wird hier in Kooperation mit Notfallseelsorgern der Rettungskräfte sowie dem Opferbeauftragten der Landesregierung die Betreuungs- und Nachsorgefunktionen übernehmen. Die Universität verweist auf ihrer Seite auf Hilfsangebote. Die Peterskirche ist bis auf Weiteres täglich von 10 bis 22 Uhr für Gespräche mit Seelsorgern und Andachten geöffnet.

> Wie die Polizei mit Falschmeldungen umgeht: Schon nach kurzer Zeit kursierten am Montag in sozialen Netzwerken unterschiedliche Falschmeldungen, sogar Fotos eines angeblichen Täters. "Wir werden diese Falschmeldungen prüfen und zu gegebener Zeit auch Ermittlungen einleiten", teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit.

Info: Zeugen, die konkrete Hinweise rund um die Tat geben können, sollen sich beim Kriminaldauerdienst unter Telefon 0621 / 174-4444 melden.

Update: Dienstag, 25. Januar 2022, 19.33 Uhr


Angreifer war Biologie-Student und stammt aus Berlin

Heidelberg. (dpa) Der Amokläufer an der Heidelberger Universität stammt aus Berlin. Das erfuhr man am Dienstag aus Polizeikreisen. Nach Medienberichten soll der Mann im Stadtteil Wilmersdorf aufgewachsen sein. 

Der 18-jährige Biologie-Student hatte am Montag in einem Heidelberger Hörsaal auf Kommilitonen geschossen. Eine 23-Jährige Studentin starb an einem Kopfschuss. Eine 19- und eine 20-jährige Frau sowie ein 20-jähriger Mann wurden durch die Schüsse leicht verletzt.

Die Polizei geht davon aus, dass sich der deutsche Schütze, der in Mannheim wohnte, vor dem Gebäude selbst tötete. Die Gewehre soll er vor wenigen Tagen im Ausland gekauft haben.

Die drei bei dem Amoklauf in der Heidelberger Universität verletzten Studierenden sind nach ambulanter Behandlung wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Dies teilte die Polizei am Mittwoch mit. "Sie befinden sich auf dem Weg der Besserung." Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Am Montag hatte ein Student in einem Hörsaal mehrfach auf Studierende geschossen.

Update: Dienstag, 25. Januar 2022, 16.37 Uhr


OB Würzner sieht "Angriff gegen uns alle"

Heidelberg. (RNZ) Am Tag danach herrscht in Heidelberg derweil Fassungslosigkeit. Nach dem Amoklauf in einem Hörsaal nahe des botanischen Garten legten bereits am Montag Studenten und Angehörige Blumen und Kerzen nieder. Am Morgen ging der Betrieb in dem Gebäude weiter. Polizisten brachten Mitarbeiter in das Haus. Der Hörsaal wurde polizeilich versiegelt. Auch eine Polizistin zeigte sich betroffen und zündete eine Kerze an.

Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner erklärt derweil: "Wir alle sind entsetzt über das unfassbare Geschehen, das sich am Montag im Neuenheimer Feld abgespielt hat." Ein solches Verbrechen gegen die friedliche Gemeinschaft aus Lehrenden und Lernenden lasse alle fassungslos zurück. In Heidelberg seien Stadt und Universität auf das Engste und untrennbar verbunden. Ein Angriff auf die akademische Gemeinschaft sei ein "Angriff gegen uns alle". "Wir werden als Stadtgesellschaft zusammenstehen und Hass und Gewalt immer unsere Prinzipien entgegenhalten: Offenheit, Freiheit, Toleranz", so Würzner in einer Pressemitteilung der Stadt. 

Mit einer digitalen Gedenkfeier erinnert die Heidelberger Studierendenvertretung an die bei dem Amoklauf am Montag getötete Studentin. Es gebe auch zwei Orte des Gedenkens an der Neuen Universität in der Altstadt und am Ort des Geschehens im Neuenheimer Feld, sagte der Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft, Peter Abelmann, am Dienstag in Heidelberg. Am kommenden Montag sei in der Peterskirche eine zentrale Trauerfeier geplant.

Die Peterskirche stand den ganzen Dienstag offen, um einen Ort für Trauer, Stille und Gebet anzubieten. Seelsorger standen vor Ort für Gespräche bereit. Die Universität verwies auf ein breites Angebot von Hilfe für Angehörige, Opfer und Augenzeugen - von der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz über das Zentrum für Psychosoziale Medizin bis hin zur Psychosozialen Beratungsstelle.

Die drei Verletzten wurden nach ihren ambulanten Behandlungen in einer Klinik wieder entlassen. Sie befinden sich auf dem Weg der körperlichen Besserung.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist derweil zuversichtlich, dass die zur Aufklärung des Amoklaufs in Heidelberg eingesetzt 32-köpfige Ermittlungsgruppe (EG Botanik) "rasch Licht ins Dunkle" bringen wird. Er bat aber um etwas Geduld. "Jetzt ist die Stunde der Ermittler." Derzeit würden die bei einer SEK-Durchsuchung in den Räumlichkeiten des 18-jährigen Amokläufers sichergestellten digitalen Geräte ausgewertet, sagte Strobl nach der Kabinettssitzung am Dienstag in Stuttgart.

Davon verspreche man sich Hinweise auf das Motiv des Studenten, der bei seinem Amoklauf am Montag in einem Hörsaal der Universität Heidelberg auf vier Menschen geschossen hat. Eine 23-jährige Mitstudentin erlag wenige Stunden später ihren schweren Verletzungen, der mutmaßliche Täter aus Mannheim tötete sich nach den bisherigen Kenntnissen kurz nach seiner Flucht aus dem Hörsaal selbst. Er hatte zwei Langwaffen, darunter ein Schrotgewehr, und 100 Schuss Munition mit sich geführt.

Die Leichname des Täters und des Opfers befinden sich zur Obduktion bei der Rechtsmedizin der Universität Heidelberg. Beide waren Studenten der Bio-Wissenschaften; nach Strobls Angaben besuchten sie aber unterschiedliche Tutorien.  Der Innenminister bestätigte, dass der mutmaßliche Täter zu einem früheren Zeitpunkt in psychologischer Behandlung gewesen sein soll. Davon habe er auch gehört, so Strobl. Hinweise auf eine politisch oder religiös motivierte Tat lägen nicht vor.

Laut dem Innenminister wird sich die von der Staatsanwaltschaft Heidelberg geleitete EG Botanik vorrangig auf drei Dinge fokussieren: Erstens werde sie versuchen, die Herkunft der laut einem Kaufbeleg im Ausland erworbenen Waffen und der Munition, die der Amokläufer mit sich führte, zu ermitteln. Möglichweise hätten sich in diesem Zusammenhang weitere Personen strafbar gemacht.  Zweitens werde die Motivation des Täters ermittelt. Schließlich gehe es auch um die Betreuung der Zeuginnen und Zeugen der Tat. Man sei bereits auf 26 Studierende und zwei Angehörige zugegangen, die fachkundig betreut würden, so Strobl. "Es ist ein dramatisches Erlebnis, in gleichem Raum zu sein, wo die Tat stattfindet."

Am Montag waren nach Strobls Angaben um 12.24 Uhr die ersten sieben Notrufe aus dem Hörsaal bei der Polizei eingegangen. Um 12.30 Uhr seien die ersten drei Streifenwagen vor Ort gewesen, zwei Minuten später, um 12.32 Uhr meldete sich zudem der Vater des Täters beim Polizeirevier Mannheim Mitte. Sein Sohn hatte ihm per WhatsApp angekündigt, dass Leute jetzt bestraft werden müssten. Wann die WhatsApp-Nachricht abgeschickt worden ist, ist bislang öffentlich nicht bekannt.

Um 12.33 Uhr hätten die Beamten ihre Schutzwesten angelegt gehabt und dann in dem gemeldeten Gebäude Raum für Raum durchsucht, schilderte Strobl den Zeitablauf weiter. Um 12.43 Uhr hätten die Beamten dann den Hörsaal, in dem das Amokgeschehen stattgefunden hatte, betreten. Die 19 Minuten zwischen dem Eingang der ersten Notrufe und dem Eintreffen der Beamten am Tatort seien "ein sehr überschaubare und kurzes Zeitgeschehen", sagte Strobl. Insgesamt seien "sehr schnell" 472 Polizeibeamte im Einsatz gewesen.

Der Innenminister will gemeinsam mit der Universität Heidelberg und den Hochschulen insgesamt "kritisch" hinterfragen, ob der derzeitige Schutz der Hochschulen in Baden-Württemberg genüge. Klar sei, dass die Universität ein angstfreier Raum bleiben müsse.

Update: Dienstag, 25. Januar 2022, 14.02 Uhr


Das ist über den Amoklauf in der Uni bekannt

Heidelberg. (RNZ) Bei einem Amoklauf in einem Hörsaal der Universität Heidelberg im Neuenheimer Feld hat ein 18-jähriger Mann aus Mannheim auf vier Menschen - drei Frauen und ein Mann im Alter von 19, 20 und 23 Jahren - geschossen. Eine 23 Jahre alte Studentin erlag wenige Stunden später ihren schweren Verletzungen. Der Einzeltäter sei am Montagmittag mit einem Gewehr bei laufendem Tutorium in den Hörsaal im "Centre for Organismal Studies" gestürmt und soll dort vor 30 Anwesenden um sich geschossen haben. Das teilte die Polizei am Abend in einer Pressekonferenz mit.

>>>Das Minutenprotokoll des Amoklaufs lesen Sie hier<<<

Der Mann, der selbst Student sein soll, sei dann ins Freie gelaufen und habe sich selbst erschossen. Er soll einen Rucksack mit einer weiteren Waffe und 100 Schuss Munition bei sich getragen haben.

> Waffen im Ausland erworben: Der mutmaßliche Täter habe zwei Gewehre dabeigehabt, die Tatwaffe sei eine Schrotflinte gewesen. Die Waffen habe er vor einigen Tagen selbst im Ausland gekauft. Es gebe Kaufbelege. Zu klären sei nun, wer jemandem ohne Waffenschein eine Waffe verkaufe. Warum er mit dem Schießen aufgehört habe, wisse man noch nicht, sagte Siegfried Kollmar, Polizeipräsident in Mannheim. In seinem Rucksack wurden rund 100 Schuss Munition sichergestellt.

> Tat per Whatsapp angekündigt: Kurz vor dem Amoklauf soll der Schütze seine Tat angekündigt haben. Er habe eine Whatsapp-Nachricht an seinen Vater geschrieben, "dass Leute jetzt bestraft werden müssen", sagte Kollmar. Nach ersten Erkenntnissen soll der Täter keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben, hieß es. Man gehe eher von einer Beziehungstat oder psychischen Problemen aus.

> Nicht polizeibekannt: Der junge Mann sei bisher nicht polizeilich erfasst. Er habe auch keinen Führerschein gehabt. "Das ist schon sehr außergewöhnlich, diese Sachlage", sagte der Polizeipräsident. Weil bei der Leiche des jungen Mannes ein Rucksack mit unbekanntem Inhalt gewesen sei, habe die Polizei lange nicht zu dem Toten gekonnt. Es hätte sich um Sprengstoff handeln können, erklärte Kollmar. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg habe daher auch Entschärfer zur Untersuchung des Rucksacks geschickt.

> Neuenheimer Feld abgeriegelt: Das Neuenheimer Feld war am Montagnachmittag weiträumig abgesperrt. Die Polizei forderte Autofahrer auf, das Gelände zu umfahren, damit Rettungskräfte freie Fahrt haben. Die Polizei richtete eine Hotline für Angehörige ein. Auf dem Gelände der Universität standen Dutzende Polizei- und Krankenwagen.

> Würzner ist "schockiert": Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner erklärte: "Wir alle sind schockiert und entsetzt über den Amoklauf, der sich heute im Neuenheimer Feld abgespielt hat. Auf diesem Campus schlägt das Herz der Wissenschaftsstadt Heidelberg." Dass in diese Welt ein Gewalttäter eindringe und Menschen schwer verletze, mache ihn und die ganze Stadtgesellschaft fassungslos.

> Land trauert und setzt auf Aufklärung: Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) zeigte sich erschüttert: "Ich bin entsetzt. Es lässt einen sprachlos zurück, wenn unschuldige junge Menschen im Hochschulbetrieb so etwas erleben müssen." Ministerpräsident Winfried Kretschmann drückte den Opfern sein Beileid aus. "Die Nachrichten aus Heidelberg machen mich zutiefst betroffen. Wir sind an Ihrer Seite", teilte er mit. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Nun ist die Zeit der Ermittler, denn für uns alle ist es wichtig, die Hintergründe für die schreckliche Tat so schnell wie möglich aufzuklären."

> Bundesweite Anteilnahme: Bundeskanzler Olaf Scholz drückte seine Bestürzung aus. "Es zerreißt mir das Herz, solch eine Nachricht zu erfahren", sagte er am Montagabend in Berlin. "Mein Beileid ist bei den Angehörigen und den Opfern und natürlich bei den Studentinnen und Studenten der Universität Heidelberg." Bundesjustizminister Marco Buschmann dankte den Einsatzkräften.

Update: Montag, 24. Januar 2022, 21.55 Uhr


Heidelberg. (mare/mün/dpa) Bei einem Amoklauf in einem Hörsaal der Universität Heidelberg hat ein junger Mann eine Frau erschossen und drei Menschen verletzt. Der 18 Jahre alte Deutsche sei am Montagmittag mit einem Gewehr in einen Hörsaal mit etwa 30 Menschen gestürmt und habe um sich geschossen, teilte die Polizei mit. Der mutmaßliche Täter habe bei der Tat zwei Langwaffen dabeigehabt, darunter eine Schrotflinte, sagte Siegfried Kollmar, Polizeipräsident des Präsidiums Mannheim, bei einer Pressekonferenz am Abend in Mannheim. Das Geschehene sei "an Tragik nicht mehr zu überbieten".

Eine 23 Jahre alte Frau erlag nur wenige Stunden nach der Tat ihren schweren Verletzungen. Der 18-Jährige nahm sich nach Polizeiangaben selbst das Leben. Die Ermittler machten zunächst keine Angaben zu einem möglichen Motiv. Dafür sei es noch zu früh, sagte Andreas Herrgen, Leiter der Staatsanwaltschaft Heidelberg.

Nach früheren Angaben aus Sicherheitskreisen soll der Mann keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben. Man gehe eher von einer Beziehungstat oder psychischen Problemen aus, hieß es.

Kurz vor dem Amoklauf in Heidelberg soll der Schütze seine Tat angekündigt haben. Nach Angaben der Polizei schickte er unmittelbar zuvor eine Whatsapp-Nachricht an seinen Vater. Er habe geschrieben, "dass Leute jetzt bestraft werden müssen", sagte Siegfried Kollmar, Präsident des Polizeipräsidiums Mannheim, bei einer Pressekonferenz am Montagabend in Mannheim. In der Nachricht habe er sich außerdem eine Seebestattung gewünscht.

"Auch das werden wir noch verifizieren müssen, auch das werden wir noch nachvollziehen müssen", betonte Kollmar. "Wir werden sein Umfeld jetzt durchleuchten in den nächsten Tagen, mit Hochdruck." Die Ermittler wollen alle seine Aufenthaltsorte und Gesprächspartner der vergangenen Tage überprüfen.

Die Waffen habe sich der junge Mann, der in Mannheim gewohnt habe, nach bisherigen Erkenntnissen im Ausland besorgt. Weder er noch seine Angehörigen hätten Waffen besitzen dürfen. Der 18-Jährige sei nicht vorbestraft, sagte Herrgen. Die Tatwaffe soll eine Schrotflinte gewesen sein. Der Mann hatte noch mehr als 100 Schuss Munition dabei. Warum er mit dem Schießen aufgehört habe, wisse man noch nicht, sagte der Mannheimer Polizeipräsident Siegfried Kollmar. Das sei spekulativ, es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Person getroffen werden sollte. Der 18-Jährige hätte noch nachladen können.

Weil bei der Leiche des jungen Mannes ein Rucksack mit unbekanntem Inhalt gewesen sei, habe die Polizei lange nicht zu dem Toten gekonnt. Es hätte sich um Sprengstoff handeln können, erklärte Kollmar. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg habe daher auch Entschärfer geschickt, die den Rucksack untersuchten.

Nach dem Amoklauf an der Universität in Heidelberg hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Opfern sein Beileid ausgedrückt. "Die Nachrichten aus Heidelberg machen mich zutiefst betroffen. Meine Gedanken sind bei den Familien und ihren Angehörigen. Wir sind an Ihrer Seite", teilte der Grünen-Politiker mit. Er hoffe inständig, dass die Verletzten wieder gesund würden. Er dankte Einsatz- und Rettungskräften für ihre Arbeit. "Unsere Polizei ermittelt unter Hochdruck und tut alles dafür, um die Hintergründe der Tat schnell aufzuklären."

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich bestürzt. "Es zerreißt mir das Herz, solch eine Nachricht zu erfahren", sagte er nach der Bund-Länder-Runde zum künftigen Corona-Kurs am Montagabend in Berlin. "Mein Beileid ist bei den Angehörigen und den Opfern und natürlich bei den Studentinnen und Studenten der Universität Heidelberg."

Als der Täter kurz vor 12.30 Uhr in den Hörsaal kam, habe er einen hellen Rucksack mit sich getragen, in dem sich weitere Waffen und Munition befunden hätten. Nach der Tat sei der Mann aus dem Uni-Gebäude nach draußen geflohen und habe sich selbst getötet, bestätigte ein Polizeisprecher. Nach ersten Erkenntnissen soll er keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben. Man gehe eher von einer Beziehungstat oder psychischen Problemen aus, hieß es in den Sicherheitskreisen. Zur Identität der Verletzten und des Täters machte die Polizei zunächst keine Angaben. Unklar blieb vorerst auch, woher der Mann die Waffen hatte.

Schon kurz nach den Schüssen am Mittag hatte die Polizei erklärt: "Wir gehen nicht von weiteren Tätern aus." Zur Sicherheit werde das Gelände aber weiter abgesucht. Ein Spezialeinsatzkommando habe auf dem labyrinthartigen Gelände nach einem möglichen zweiten Täter gesucht. Gegen 15.15 Uhr dann die Entwarnung: Der Mann sei ein Einzeltäter gewesen. "Derzeit ist keine Gefahrenlage mehr gegeben."

Der Campus Neuenheimer Feld war am Nachmittag weiträumig abgesperrt. Die Polizei forderte Autofahrer auf, das Gelände zu umfahren, damit Rettungskräfte freie Fahrt haben. Die Polizei richtete eine Hotline für Angehörige ein. Am Gelände der Universität standen Dutzende Polizei- und Krankenwagen. Experten untersuchten den Rucksack, auch ein Gewehr war auf Bildern zu sehen. Vor den Absperrungen standen junge Leute beisammen.

Ein Bürgertelefon für Angehörige ist eingerichtet: Telefon 0621/1745055.

Studierende zeigten sich fassungslos. "Wir sind unendlich schockiert. Das ist eine Katastrophe, die sich allem Denkbaren zwischen Vorlesungen, Klausuren und Unileben entzieht", sagte Peter Abelmann, Vorsitzender der Verfassten Studierendenschaft.

Die Nachricht über den Amoklauf habe sich unter den Studierenden wie ein Lauffeuer verbreitet, sagte Abelmann. Einige hätten über Messenger-Dienste direkt über die Tat berichtet. Die Studierendenschaft sei in Gedanken bei den Betroffenen.

Die Heidelberger Universität bereitet eine Trauerfeier nach dem Amoklauf in einem Hörsaal vor. Genaue Pläne dazu konnte Rektor Bernhard Eitel am Montagabend noch nicht nennen. Die Hochschule überlege zudem, wie die Tat intern aufgearbeitet werden kann. Sie solle auf jeden Fall thematisiert werden. Beeindruckt zeigte sich Eitel sowohl von der schnellen Reaktion innerhalb der Universität als auch davon, wie rasch die Polizei nach Eingang des Alarms an der Einrichtung war. Das sei sehr gut gelaufen.

Den ganzen Tag erreichten ihn Bekundungen von Wissenschaftlern aus ganz Europa, die das Geschehen in Heidelberg verfolgten und Hilfe anböten. Gefühlt handle es sich auch um einen Angriff auf die Offenheit der Hochschulen und die akademische Tradition, so Eitel.

Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner hat nach dem Amoklauf in Heidelberg den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl ausgesprochen. "Wir waren nicht nur fassungslos, wir könnten es eigentlich gar nicht glauben, dass so etwas bei uns in Heidelberg passiert", sagte der parteilose Politiker. Würzner zeigte sich erleichtert, dass der Tatverdächtige schnell identifiziert werden konnte. 

Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Für die Verletzten und die Beteiligten, auch die im Tutorium dabei waren, hoffe ich auf baldige Genesung an Leib und Seele." Es sei eine "entsetzlich belastende Situation". Er fügte hinzu: "Die Wissenschaft weltweit, wir alle hier in Baden-Württemberg und darüber hinaus sind in Gedanken bei den Opfern und denen, die das Geschehene heute miterleben, verarbeiten und bewältigen mussten und müssen."

Die Einsatzkräfte seien schnell am Tatort gewesen und hätten die zunächst unübersichtliche Lage mit der Uni-Leitung zusammen schnell klären können. "Nun ist die Zeit der Ermittler, denn für uns alle ist es wichtig, die Hintergründe für die schreckliche Tat so schnell als möglich aufzuklären."

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) war am Nachmittag auf dem Weg zum Tatort. Sie habe sich zunächst mit Uni-Rektor Bernhard Eitel getroffen und wolle sich nun selbst ein Bild machen, teilte eine Sprecherin des Ministeriums mit. Sie zeigte sich erschüttert: "Ich bin entsetzt. Es lässt einen sprachlos zurück, wenn unschuldige junge Menschen im Hochschulbetrieb so etwas erleben müssen. Ich bin in Gedanken bei denen, die verletzt wurden und betroffen sind. Ich wünsche mir sehr, dass bald Genesung eintritt."

Der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh hat sich erschüttert über das Attentat in einem Hörsaal der Heidelberger Universität gezeigt. "Ich bin entsetzt über dieses Attentat. Wie kommt ein Mensch dazu, solch eine Tat zu begehen?", erklärte der Landesbischof. Die Peterskirche (Plöck 70) als Universitätskirche in Heidelberg ist am heutigen Montag bis 22 Uhr geöffnet, Seelsorgerinnen und Seelsorger sind vor Ort. "Ich trauere um die junge Frau, die getötet wurde, und ihre verzweifelten Angehörigen. Ich bete für die Verletzten und die Angehörigen, die sich um sie sorgen. Ich denke an die Studierenden, die erleiden müssen, wie verletzlich das Leben ist", sagte Cornelius-Bundschuh. Die geöffnete Peterskirche lade Menschen dazu ein, "Ruhe zu finden und neue Kraft zu schöpfen". Pfarrerinnen und Pfarrer seien ansprechbar, "um Menschen in ihrer Angst, Trauer und Wut beizustehen."

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hat sich nach Angaben der Diözese "schockiert" vom Amoklauf an der Heidelberger Universität gezeigt. "Fassungslos blicken wir in der ganzen Erzdiözese Freiburg nach Heidelberg. Ich bin entsetzt und zutiefst bestürzt über den Angriff, der sich dort heute Nachmittag in einem Hörsaal der Universität ereignet hat", sagte Burger am Montag einer Mitteilung zufolge. Er sei im Gebet bei den Opfern und ihren Angehörigen und danke den Rettungskräften für ihren Einsatz. Die Stadt Heidelberg liegt im Erzbistum Freiburg.

"Die Tat muss jetzt schnell aufgeklärt werden", forderte Burger. "Gewalt und Blutvergießen können niemals ein Weg sein, für was auch immer." Eine Seelsorgerin sei gerufen worden, um Studierende - insbesondere die Verletzten - zu betreuen.

Die Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner (Grüne) nahm Stellung zum Amoklauf: "Mit Schock habe ich heute von den Schüssen im Neuenheimer Feld in Heidelberg erfahren", schreibt sie in einer Presseerklärung. Sie hoffe auf eine vollständige Aufklärung der Tat. "Ich möchte mich bei den Einsatz- und Rettungskräften für ihre Arbeit bedanken." Allen Betroffenen sprach sie ihre Anteilnahme aus.

Update: Montag, 24. Januar 2022, 19.58 Uhr


Hinweis der Redaktion: Haben Sie suizidale Gedanken oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt? Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800/1110111 und 0800/1110222 sowie 116123. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter http://www.telefonseelsorge.de.

Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/adressen/ 

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