Auch Polizist Ekkehard Feßenbecker kam ein wenig ins Staunen, als Hans Winter ihm und Jürgen Baumann (von links) die Lücke in den Reihen der zehn Jahre alten Müller-Thurgau-Rebstöcke präsentierte. Foto: Popanda
Von Werner Popanda
Heidelberg-Rohrbach. "Gefüllte Weinblätter" sind auf den Esstischen der Rohrbacher Winzer wohl nicht unbedingt ein kulinarischer Knüller. Jedoch nicht, weil die Weinbauern diese mediterrane Spezialität nicht mögen, sondern weil es offenkundig deutlich mehr als einen Zeitgenossen gibt, der denkt, dass die in Wingerten sprießenden Weinblätter quasi nach Belieben gepflückt werden dürfen. Damit sich diese Klauerei nicht zu einer Art "Volkssport" entwickelt, gingen die beiden Polizisten Jürgen Baumann und Ekkehard Feßenbecker vom Revier Süd in diesen Tagen auf eine von insgesamt vier "Feldstreifen". Aber auch die Flur im Nachbarstadtteil Kirchheim soll insgesamt vier Mal in Augenschein genommen werden.
Unter dem Strich wolle man mit diesen Aktionen verhindern, "dass die Leute einfach in die Felder fahren und sich dort bedienen", erklärt Baumann. Zum Beispiel mit Weinblättern, die laut Feßenbecker um diese Jahreszeit normalerweise besonders zart sind. Witterungsbedingt seien sie, wie Hans Winter vom Weingut Winter berichtete, derzeit jedoch noch sehr klein, weshalb sich der Verlust bislang in Grenzen halte.
Wirklich gesucht würden große Blätter, in die etwas Wohlschmeckendes eingerollt werden könne. Auf den Rebstock wirke sich der Verlust derartiger Blätter selbstredend alles andere gut aus, denn die "Traube kann in der Blüte verrieseln". Das heißt, dass es zwar Blüten gebe, die allerdings nicht bestäubt würden und dann abfielen. Obendrein sei die Nährstoffzufuhr ohne Blätter deutlich schlechter, ergänzte Feßenbecker.
Allerdings beschränken sich manche Mitmenschen, die mit dem Eigentumsbegriff offenbar massive Probleme haben, keineswegs auf Blätter, sondern mopsen gleich ganze Rebstöcke. Wie sich Baumann erinnert, vermisste das Weingut Winter vor nicht allzu langer Zeit gleich 20 bestens veredelte Weinstöcke mit Spät- und Weißburgundertrauben. Er vermutet, dass sie als Zierelemente in einem Garten gelandet sind. Auch in dieser Saison wurden den Winters bereits mindestens ein Dutzend Rebstöcke von verschiedenen Parzellen geklaut, manche waren sogar schon neun Jahre alt. Noch weniger Verständnis bringt Baumann freilich für jene Vandalen auf, die Rebstöcke mutwillig zerstören, sie in der Mitte abschneiden oder herausreißen.
Noch sehr gut im Gedächtnis ist Winter ein Weinblätterdieb, den er darauf aufmerksam machte, dass die Wingerte kurz zuvor mit Schwefel gespritzt worden seien. Die Antwort: "Ach, das macht doch nichts, das waschen wir mit Wasser ab". Aber genau das funktioniert eben nicht, weiß Winter.
Mindestens ebenso unwiderstehlich wie frische Weinblätter scheinen auf den einen oder anderen "Mundräuber" fröhlich vor sich hin wachsende Erdbeeren zu wirken. Auch in dieser Hinsicht kann Winter ein garstiges Liedchen singen, denn seine Familie bewirtschaftet auch ein großes nicht umzäuntes Erdbeerfeld am Leimer Weg. Das heißt jedoch gewiss nicht, dass dort beliebig zugegriffen werden darf. Kirschen zum Beispiel werden auch gerne entwendet, sagt Baumann, und dann und wann auch von Bauern abgestelltes Holz.