Polizeichef Thomas Köber: "Die Reform hat etwas gebracht"

Ein Jahr Polizeireform: Thomas Köber sprach über den Ohrenabdruck von Tätern und eine Willkommenskultur für Flüchtlinge. Und darüber, dass auch bei ihm schon eingebrochen wurde.

13.02.2015 UPDATE: 14.02.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden

Polizeipräsident Köber. Foto: vaf

Von Holger Buchwald

Als Polizeipräsident hätte er es einfacher gehabt, wenn die Pressestelle nicht jeden Einbruch in Heidelberg gemeldet hätte. Das gibt Thomas Köber zu, als er zu Gast im Amtsstübel des Vereins Alt-Heidelberg in der Kettengasse ist. Ganz sicher seien auch die Mannheimer Schlimmeres gewöhnt. Trotzdem nehme er die Sorgen der Bürger sehr ernst, nachdem die Einbruchszahlen in der Stadt im letzten Jahr sprunghaft gestiegen sind: "Jeder lebt in seinem Umfeld. Und Sie fühlen sich bedroht", sagt er zu den 15 Zuhörern: "Das werfe ich niemandem vor." Köber kennt das aus eigener Erfahrung. Auch bei ihm in Ketsch wurde eingebrochen. Er weiß noch ganz genau das Datum: "Es war der 3. Oktober 2012. Wir waren an diesem Tag sogar zu Hause."

Eigentlich sollte es in Köbers Vortrag um die Polizeireform und die Bilanz nach einem Jahr gehen. Doch die Zuhörer interessierten sich vor allem für die tägliche Arbeit der Beamten und einzelne Kriminalitätsfelder. Die Einbrüche waren im letzten Jahr auch für Köber ein "extremes Problem": "Wir haben eine Sonderkommission mit 40 Polizisten aufgezogen und die Wohngebiete mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei überwacht." Solch einen Aufwand betreibe man sonst nur bei schweren Kapitalverbrechen. Köber: "Das war ein Kraftakt. Doch wir halten ihn seit August durch." Bis vor Kurzem hätten sich die organisierten Banden vor allem Tatorte in der Nähe von Autobahnen ausgesucht - wegen des schnellen Fluchtwegs. Doch seitdem die Polizei verstärkt Raststätten kontrolliere, konzentrierten sich die Einbrecher nun auch mehr auf die Innenstädte.

Schützen könnten sich die Bürger vor Einbrüchen, indem sie ihre Wohnung sichern. Vor allem helfe aber eine "aktive Nachbarschaft". "Kann ich Ihnen helfen?", dieser einfache Satz könne verdächtige Personen abschrecken. Denn so wird den möglichen Langfingern signalisiert, dass sie beobachtet werden. "Passen Sie aufeinander auf!", empfiehlt Köber: "Unterhalten Sie sich häufiger mit Ihren Nachbarn." Dann wisse man auch, ob diese wirklich ausziehen wollen, wenn Möbelpacker das Haus leer räumen, oder ob es sich doch um eine Diebesbande handelt.

"Die Reform hat etwas gebracht", ist sich Köber sicher. Langfristig, wenn die älteren Beamten in Pension seien, könnten 800 zusätzliche Polizisten die Reviere verstärken. Schon jetzt seien der Erkennungsdienst und die Kriminaltechnik personell aufgestockt worden. Letzteres sei auch wichtig, um Einbrecherbanden das Handwerk zu legen. "Unser Ehrgeiz ist es, 90 Prozent der Tatorte durch Kriminaltechniker überprüfen zu lassen." Die Experten suchen dabei nicht nur nach DNA-Spuren und nehmen Fingerabdrücke. Sie suchen auch nach dem Abdruck von Ohren - weil viele Täter an der Haustür lauschen, um zu überprüfen, ob noch Bewohner zu Hause sind. "Jeder Ohrabdruck ist einmalig und kann zweifelsfrei einer Person zugeordnet werden", plauderte Köber aus dem Nähkästchen.

Seit der Fusion mit der Polizeidirektion Heidelberg ist das Präsidium Mannheim für 1,7 Millionen Einwohner zuständig. "Natürlich konnte die neue Organisation nicht gleich vom ersten Tag 110 Prozent leisten", gibt Köber zu. Deshalb ist er stolz, dass sich die Statistik in den Deliktsfeldern Straßen- und Gewaltkriminalität, die direkt das Sicherheitsgefühl der Bürger beeinträchtigen, verbessert habe. Genaue Zahlen darf er erst vorlegen, wenn sie durch das Innenministerium freigegeben wurden.

Am Ende wurde Köber politisch: Es lohne sich, in Kinder und Jugend zu investieren. Denn so könne der Trend fortgesetzt werden, dass es immer weniger Tatverdächtige unter jungen Menschen gibt. Der Ausbau der Ganztagsschulen bringe viel, damit Schüler nicht auf dumme Gedanken kommen.

Was den Flüchtlingsstrom angeht, plädiert Köber für eine Willkommenskultur: "Das ist zielführender als Druck." Die 300 Flüchtlinge in Mannheim, die dezentral auf die Stadt verteilt sind, bereiteten der Polizei kaum Arbeit - ganz anders als die 200, die unter einem Dach leben. "Wir müssen die Asylbewerber in kleinen Gemeinden unterbringen, sonst droht die Gettoisierung." Das sehe man an den 1700 jungen Männern in Patrick-Henry-Village: "Dort haben wir jetzt eine eigene Dienststelle aufgebaut."

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