Mehrheit im Gemeinderat will den Heidelberger Sperrzeiten-Feldversuch beenden
Der Hauptausschuss stimmte mit zehn zu drei für kürzere Kneipenöffnungszeiten in der Kernaltstadt. Die CDU wartet noch ab.
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Im Gemeinderat zeichnet sich eine Mehrheit für eine neue Sperrzeitverordnung für die Kernaltstadt ab. Mit zehn zu drei Stimmen votierte der Haupt- und Finanzausschuss am Mittwoch für den Vorschlag der Verwaltung, wonach die Gaststätten zwischen Kurpfälzischem Museum und Karlsplatz künftig werktags um 1 Uhr und am Wochenende um 3 Uhr schließen müssten.
Nach der Sitzung gab es heftige Diskussionen im Foyer des Rathauses. Bürgeramtsleiter Bernd Köster rechtfertigte die Linie der Stadtverwaltung gegenüber einigen Altstadtwirten und Vertretern des Studierendenrates. "Wir stellen fast ein Viertel der Heidelberger Bevölkerung", regt sich eine Studentin auf. Eine Universitätsstadt mit rigiden Sperrzeiten möchte sie sich nicht vorstellen. Erst im Dezember 2014 hatte der Gemeinderat die alte Sperrzeitverordnung für die Altstadt gekippt, seit 1. Januar 2015 gilt dort die Landesregelung: Gaststätten dürfen von Montag bis Freitag bis 3 Uhr und in der Nacht zum Samstag und Sonntag bis 5 Uhr geöffnet bleiben.
Die Entzerrung der Besucherströme sei nicht eingetreten, gibt die SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster zu: "Man muss sich eingestehen, wenn sich eine Vermutung nicht bewahrheitet." Sie kündigte an, dass sechs der acht sozialdemokratischen Stadträte im Gemeinderat für die neue Sperrzeitverordnung stimmen werden. Auch die Grünen sind inzwischen mehrheitlich für kürzere Kneipenöffnungszeiten. Stadtrat Christoph Rothfuß verwies auf die aktuellen Lärmmessungen und die deutliche Überschreitung der Richtwerte. "Wir müssen den Feldversuch zulasten der Anwohner endlich beenden."
Die drei CDU-Mitglieder im Ausschuss, Jan Gradel, Kristina Essig und Thomas Barth, enthielten sich der Stimme. "Bis zur Gemeinderatssitzung am 20. Dezember werden wir uns eine Meinung erarbeitet haben", kündigte der Fraktionsvorsitzende Gradel an. Später, nach der Sitzung, sagte er aber auch: "Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn wir die Entscheidung des Gerichts abwarten."
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Hintergrund dieser Äußerung ist eine Normenkontrollklage, die Anwohner beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht haben. Sie wehren sich dagegen, dass der Gemeinderat 2014 die alte Sperrzeitverordnung abgeschafft hat. Sollten die Stadträte nun überhaupt keine neuen Kneipenöffnungszeiten beschließen, müssten die Mannheimer Richter nächstes Jahr über die Angelegenheit entscheiden.
Die Diskotheken Cave 54, Tangente und Club 1900 durften nach der alten Sperrzeitverordnung am Wochenende bis um 5 Uhr ihre Gäste bewirten. Solche Ausnahmen soll es mit der neuen Satzung nicht mehr geben. "Damals hatten wir Probleme mit den Wanderungsbewegungen der Kneipengänger", begründet Bürgermeister Wolfgang Erichson den Vorschlag der Verwaltung. Dies habe punktuell, im Bereich der Clubs, zu mehr Lärm geführt. Mit der neuen Verordnung strebe die Verwaltung eine generelle Beruhigung in der Altstadt ab 3 Uhr morgens an. Gegen den Vorschlag stimmten im Ausschuss die Stadträte Bernd Zieger (Linke), Waseem Butt (parteilos) und Matthias Niebel (AfD).