"Linda" kritisiert "wuchernde" Außengastronomie

Die Altstadt-Initiative "Linda" will, dass die Außengastronomie nicht mehr wild weiterwuchert. Mehr Rechte für Betroffene gefordert.

14.08.2013 UPDATE: 14.08.2013 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
Franz Dänekamp will, dass die Rechte von Außengastronomie-Anwohnern gestärkt werden. Foto: Hentschel
Von Micha Hörnle

"Lärm, Dreck und Randale" in der Altstadt - deswegen formierte sich vor knapp fünf Jahren die Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" (Linda). Auch wenn die hohen Wellen, die zum Runden Tisch Ende 2009 führten, etwas abgeebbt sind: Ganz erledigt ist das Thema nicht. Nun unternimmt Linda-Sprecher Franz Dänekamp einen weiteren Vorstoß: Die Außengastronomie, die ständig erweitert werde, solle nun bei jeder Neuregelung mit den direkt betroffenen Nachbarn besprochen werden, die hätten, ginge es nach Dänekamp, ein automatisches Anhörungsrecht - was zu mehr Rechtssicherheit und Frieden führen soll. Die RNZ fragte Dänekamp, der als Rechtsanwalt arbeitet, wie das gehen soll - und ob bisher die Nachbarn nie gehört wurden.

Herr Dänekamp, was ist denn verkehrt daran, dass sich Leute draußen bewirten lassen?

Nichts, wir sind ja nicht per se gegen Außenbewirtschaftung. Aber es geht uns auch um eine lebendige Stadt, die auch die Interessen der Nachbarn einbezieht. Es gibt viele Beispiele für gelungene Außengastronomie, aber auch Beispiele für überzogene, die in öffentliche Räume eingreift und sie für die private Nutzung freigibt.

Aber oft sind ja die Plätze ohne Außenbewirtschaftung leer und unwirtlich.

Es muss auch Plätze der Ruhe geben, die frei zugänglich sind. Das ist ja auch der eigentliche Sinn des öffentlichen Raums. Der neue Theaterplatz wäre ein Beispiel.

Geht denn das bisherige Maß an Außenbewirtschaftung über das für Nachbarn erträgliche Maß hinaus?

Es gibt Einzelsituationen, die selbst das Maß dessen, was die Stadt selbst vorgegeben hat, überschreiten. Vor allem geht es uns darum, dass es keinen Automatismus zu immer mehr Außenbewirtschaftung gibt. Würden wir die Dehoga, also den Hotel- und Gaststättenverband, fragen, wie viel ist genug, wäre die Antwort vermutlich klar, es ist nie genug.

Aber die Außenbewirtschaftung nützt doch gerade der Art von Gastronomie, die man am liebsten in der Altstadt hat: traditionelle Speiselokale, die keinen Lärm, Dreck und Randale verursachen.

Es sollte einen ausgewogenen Ausgleich im Dialog geben, wir wollen ja keine Friedhofsruhe in der Altstadt. Aber wir finden, dass der bisherige Weg zum Interessenausgleich Mängel hat, weil die Betroffenen zu wenig einbezogen werden. Unsere Befürchtung ist, dass die Außengastronomie sich immer stärker ausdehnt. Für uns Altstadtbewohner gibt es keine Lobby - die wirtschaftlichen Interessen sind dagegen gut vertreten. Im Übrigen sollte es keinen Wettlauf zwischen "guter" und "schlechter" Gastronomie geben. Das geht für die Altstadt nicht gut aus.

Wurden die Anwohner nie gehört, wenn es um die Außengastronomie ging?

Es gab wohl Fälle, aber kein einheitliches Vorgehen, vor allem nicht bei der Bewirtschaftung von Innenhöfen.

Sollen die Anwohner nur bei neuen oder auch bei bestehenden Außenbewirtschaftungen automatisch gehört werden?

Nur bei neuen oder wenn eine Erweiterung geplant ist. Bei den bestehenden liegt es an den Nachbarn, sich Gehör zu verschaffen.

Wie leicht ist es denn bisher für die Anwohner, sich zu informieren oder angehört zu werden?

Nicht so einfach. Bisher müssen sie selbst aktiv werden und die Erlaubnis des Wirts einsehen - was in der Vergangenheit auf den Ämtern oft verweigert wurde. Einfacher wäre es, die Betroffenen automatisch mitzunehmen.

Wieso kommt Ihr Vorstoß erst jetzt?

Es gibt heute eine klare Tendenz zur Ausweitung der Außenbewirtschaftung und zur Sperrzeitverkürzung, deswegen wird das Thema auch wichtiger. Früher war es eben ruhiger. Es gibt außerdem viel mehr Menschen in der Altstadt. Jetzt sollte man städtischerseits mit dem von uns vorgeschlagenen Verfahren auf die neue Situation reagieren.

Wer soll den Vorstoß durchsetzen?

Rechtlich gesehen könnten die Bürger flächendeckend Widerspruch gegen die Bescheide einlegen. Wir versuchen es jetzt erst einmal auf diese Weise, indem wir der Verwaltung den Vorschlag machen, bei jeder neuen Außenbewirtschaftungserlaubnis die direkten Nachbarn automatisch anzuhören. Eigentlich sollte das die Verwaltung schon von sich aus machen, um Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu gewährleisten.

Wissen Sie, wie andere Städte das regeln?

Ich habe gehört, dass Bruchsal zwar keine Regelanfrage bei den Betroffenen macht, aber sie anhört, wenn Konflikte drohen. Konstanz macht es offenbar ähnlich. Auch der Städtetag hat sich des Themas angenommen. Heidelberg könnte hier Vorreiter sein.

Aber mal ehrlich: Wenn die Stadt automatisch alle Anwohner fragt, ist das doch das Todesurteil für jede Außengastronomie.

Es geht nicht um alle Anwohner, sondern um die direkt betroffenen, die dann die Punkte einbringen, die in die Bewertung der Ämter eingehen. Bisher fehlte dieser Aspekt, denn es gab nur den Dialog zwischen Stadt und Wirt, wobei die Stadt oft der Argumentation des Wirtes folgte. Zu einem vollständigen Dialog gehören aber auch die direkten Nachbarn.

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