Kein Kino, kein Textilkaufhaus - Aber ein Supermarkt im Wormser Hof?

Gemeinderatsausschuss stimmt erstmals gegen einen "Einkaufsmagneten" am Theaterplatz - Der Eigentümer besteht weiter auf einem Supermarkt

22.05.2015 UPDATE: 23.05.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 12 Sekunden

Der Wormser Hof steht seit Januar 2014 leer. Foto: Alex

Von Micha Hörnle

Es sieht nicht gut aus, was die Pläne angeht, aus dem Wormser Hof ein Textilkaufhaus zu machen: Erstens erklärt Axel Manthey, der Geschäftsführer der Silva-Stiftung, der das Gebäude gehört, nach wie vor, es gebe aus dieser Branche keine Interessenten für den Komplex. Nur ein Supermarkt wolle ins Erdgeschoss. Und zweites scheint dieser Argumentation jetzt auch die Kommunalpolitik zu folgen: Mit knapper Mehrheit von neun zu acht Stimmen entschied sich der Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss dafür, "nicht an der Empfehlung des Innenstadtforums aus dem Jahr 2008/2009, den Wormser Hof als Einkaufsmagneten für die Altstadt zu entwickeln festzuhalten".

Alles Flehen und Argumentieren des obersten Wirtschaftsförderers Ulrich Jonas und von OB Eckart Würzner nützte nichts: Gebe man den Plan eines halbwegs großen Textilkaufhauses auf, "negiert man die einzige größere Einzelhandelsfläche in der Innenstadt für eine sehr lange Zukunft", so Jonas. Würzner beschwor, dass es hier nur um ein Geschäft "in der Größe von Bredl" gehe - und das fehle eben. Bredl, in der Hauptstraße 90 ansässig (und damit nur einen Katzensprung vom Wormser Hof entfernt), galt bis zur Schließung 2003 als eines der renommiertesten Bekleidungshäuser in der Stadt. Wenn man jetzt den Eigentümer von der Verpflichtung befreie, für ein hochwertiges und flächenmäßig großes Textilangebot zu sorgen, dann ist für Würzner am Ende der Status Heidelbergs als Oberzentrum in Gefahr.

Hintergrund

Würzner ist desillusioniert

hob. Mit den gescheiterten Plänen, im Wormser Hof ein Textilkaufhaus anzusiedeln, ist für Oberbürgermeister Eckart Würzner die letzte Chance vertan, den Einzelhandel im hinteren Teil der Hauptstraße aufzuwerten. Schuld daran

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Würzner ist desillusioniert

hob. Mit den gescheiterten Plänen, im Wormser Hof ein Textilkaufhaus anzusiedeln, ist für Oberbürgermeister Eckart Würzner die letzte Chance vertan, den Einzelhandel im hinteren Teil der Hauptstraße aufzuwerten. Schuld daran seien auch die Wünsche der Altstädter, die in der Bürgerbeteiligung mit aufgenommen wurden. "Wir hatten dort ursprünglich vor, so etwas wie einen großen Bredl anzusiedeln", sagte er im Rahmen einer Altstadtbegehung mit dem Verein Alt-Heidelberg. Doch laut Würzner war schon diese Fläche nach der Bürgerbeteiligung für die Hauptstraße 110 nicht mehr möglich. "Deshalb wollte kein Anbieter dort einziehen. Alle haben gesagt, sie bräuchten mindestens 8000 Quadratmeter."

Wenn der Eigentümer nun entscheide, dass er mit der "chaotischen Stadt" nicht mehr zusammenarbeiten wolle, könne der OB nichts dagegen tun. Wenn ein Supermarkt dort einziehe, hätten die anderen Lebensmitteläden in der Nachbarschaft aber kaum eine Überlebenschance.

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Das Problem war nur, dass gerade die Stadträte von SPD, Grünen und Bunter Linke sowieso nie die größten Freunde eines Textilhauses waren. Hier träumt man von einer vorwiegend kulturellen Nutzung - am besten eine Kombination aus Literaturhaus und Kulturkino. Diese Linie wird sich wohl auch am 25. Juni im Gemeinderat durchsetzen, denn das Würzner-Lager ist da in der Minderheit. Das wiederum hört Manthey mit Wohlgefallen: "Das ist eine gute Nachricht. Das spricht für die Einsicht der Ausschussmitglieder."

Denn Manthey hält es nach wie vor für ausgeschlossen, dass ein namhaftes Textil- oder Sporthaus an dieser Stelle anbeißt. Jonas wiederum glaubt, das sei vor allem eine Frage des Mietpreises, Manthey wolle schlicht zu viel. Doch der wehrt ab: "Es ist vor allem die Lage. Und wenn Interessenten aus dem Textilbereich Mieten genannt haben, zu denen sich der Umbau niemals lohnt, dann ist das eine nette Art, nein zu sagen." Kein Unternehmen habe den Mut, hier den Pionier zu spielen, und aus einer 1b-Lage eine 1a-Lage zu machen, das Risiko sei schlicht zu groß. Einmal abgesehen davon, dass vielen Textilketten Heidelberg mit seinen 150 000 Einwohnern einfach zu klein ist - die konzentrieren sich auf Städte ab 250 000 Einwohner.

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Überhaupt haben sich von 60 angefragten Unternehmen nur zwei für die "große Lösung" - 3500 bis 4000 Quadratmeter im Erdgeschoss und im ersten Stock - interessiert, die meisten wollten nur maximal 2000 Quadratmeter ebenerdig. Manthey ist sich sicher: "Die Zeit der großen Flächen im Einzelhandel ist vorbei." Deswegen hält er es auch für aussichtslos, noch einmal mit aller Macht nach Interessenten aus der Textilbranche zu suchen: "Das spricht sich doch auch herum, dass wir seit drei Jahren erfolglos nach einem Mieter suchen. Ich glaube mittlerweile nicht mehr an das weiße Kaninchen aus dem Zylinder."

Deswegen plädiert Manthey für seinen Nutzungsänderungsantrag: Ein Supermarkt soll ins Erdgeschoss einziehen, Rewe, Edeka und Tegut stehen in den Startlöchern. Das wäre nicht nur für die Altstädter gut, die seit Jahren keinen halbwegs großen Supermarkt mehr haben, sondern auch für die ganze Gegend: "Das ist ja auch ein Frequenzbringer", meint Manthey. Und viel mehr Anlieferverkehr als ein Textilhaus ziehe auch ein Lebensmittelmarkt nicht nach sich. Alle Interessenten hätten auch geschluckt, dass es keine Parkplätze gebe. Außerdem müsse ja der Supermarkt nicht ewig drinbleiben: "Vielleicht ändert sich ja wieder die Lage im Textilhandel, dann könnte man in vielleicht 20 Jahren wieder ganz neu planen" - mit anderen Worten: ein Supermarkt als "Zwischennutzung". Daher würde auch der Umbau des Komplexes ziemlich schmalspurig ausfallen, im Grunde wird auf einen neuen Anbau verzichtet, der unansehnliche, aus den fünfziger Jahren stammende des alten Kinos bliebe einfach stehen.

Und wie wäre es wieder mit einem Kino? Manthey winkt ab: Erstens könne und wolle er dem neuen Großkino in der Bahnstadt keine Konkurrenz machen, zweitens gebe das der Markt dort nicht her, wie man schon beim alten Ufa/Cinestar-Kino gesehen habe: "Die, die hier ein Kino fordern, sollten erst mal damit anfangen, sich eine Karte zu kaufen." Es sei höchstens Platz für einen kleinen Saal, etwa in der Größe des Karls᠆torkinos. Aber: Auch dafür würde Manthey eine ganz normale Miete nehmen, einen "Kulturrabatt" kennt er nicht.

Apropos "Zwischennutzung": Bisher gibt es keine Planungen, dass jemand übergangsweise in den Wormser Hof geht, damit das Gebäude wenigstens ein bisschen belebt ist. "Das müsste ja von der Stadt genehmigt werden - und eine solche Nutzung lohnt sich ja auch finanziell nicht, weil man dafür auf jeden Fall etwas umbauen müsste." Oder mit anderen Worten: Ein Supermarkt ist für Manthey die schnellste (und auch einzige) Möglichkeit, den seit eineinhalb Jahren andauernden Leerstand zu beenden.

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