"Heidelberg macht glücklich": Drei US-Studentinnen über ihr Leben in Heidelberg

Sie sind begeistert von der Diskussionskultur - Ihr Traum? Einfach hierzubleiben!

23.12.2015 UPDATE: 24.12.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Verliebt in Heidelberg (v.l.): Ariana Gunderson (23), Anne Aiello (23) und Zoe Glasser Breeding (21) würden gerne in Heidelberg bleiben - aber ihr Visum erlaubt das nicht. Foto: hen

Von Sebastian Riemer

Manchmal müssen sie sich schon ein wenig wundern über die Deutschen. "Hausschuhe zum Beispiel", sagt Anne - und schon müssen die beiden anderen lachen. "Die trägt man bei uns nur, wenn es eiskalt ist - und nicht permanent", meint Ariana. Oder die Sache mit der Höflichkeit. "Ich hielt einmal einer Frau im Restaurant die Türe auf", erzählt Zoe. "Die hat mich anguckt, als hätte sie das noch nie erlebt." Amerikaner würden andauernd "Danke" und "Sorry" sagen. "Deutsche verwirrt das nur", lacht Zoe.

Klar, es gibt kulturelle Unterschiede. Und doch könnten sich Anne Aiello, Ariana Gunderson und Zoe Glasser Breeding nichts Besseres vorstellen, als nach ihrem Auslandsjahr einfach hier zu bleiben. In Heidelberg. Die drei Studentinnen sind im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms seit Juli in Deutschland. Nach zwei Monaten Sprachkurs in Köln kamen sie im Oktober in ihre Heidelberger Gastfamilien.

"Ein Glückstreffer, denn ich wollte in eine richtig deutsche Stadt", meint Ariana. Heidelberg, das ist für die 23-jährige Ethnologie-Studentin richtig deutsch: "Alt, klein, sauber, wunderschön - und überall Fahrräder." Sie liebt, dass sie alles mir ihrem Fahrrad, das sie "Heidi" getauft hat, erledigen kann. Auch Zoe, die Molekulare Biotechnologie studiert, ist überwältigt von der Schönheit der Altstadt: "Ich fühle mich, als würde ich in einem Museum leben", sagt Zoe. Was manche Heidelberger schaudern lässt, meint die 21-Jährige als Kompliment.

Richtig ins Herz geschlossen haben die Drei aber die Menschen - auch, wenn das gar nicht so leicht war. "Zum Glück waren wir vorbereitet", erzählt die 23-jährige Anne. In einem Vorbereitungskurs zu Hause erklärte der Dozent: US-Amerikaner seien wie Pfirsiche, weich und süß - beißt man aber zu tief rein, ist da ein harter Kern. Schnell zugänglich also, aber allzu private Themen - Kummer und Sorgen - müssen in Alltagsgesprächen vermieden werden. Deutsche dagegen seien wie Kokosnüsse: Die Schale ist schwer zu knacken. Wer an das süße, saftige Innere will, muss einige Mühe auf sich nehmen. "Hat man es aber geschafft, hat man einen Freund fürs Leben", so Ariana.

Was alle Drei total überrascht hat: Wie Deutsche über Politik reden. "Bei uns ist das ein Tabuthema", sagt Ariana, "nur, wer sich gut kennt - und politisch auf einer Linie ist - spricht darüber." Bei einem Ferienjob in Washington musste sie sogar unterschreiben, nicht mit den Kollegen über Politik zu sprechen. "Hier ist das ganz anders: Alle interessieren sich dafür, haben unterschiedliche Meinungen - und reden dennoch darüber, ohne zu streiten." Die deutsche Diskussionskultur beeindruckt die Studentinnen. Und natürlich sprechen viele sie auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump an, den die meisten Deutschen für komplett verrückt halten. Ariana spricht Klartext: "Trump ist fremdenfeindlich. Wer, wie wir, so wundervolle Erfahrungen im Ausland macht, kann gar kein Fan von ihm sein."

Dass Deutschland aktuell so vielen Flüchtlingen Zuflucht bietet, finden die Studentinnen großartig. Gemeinsam haben sie schon zwei Mal in Patrick Henry Village beim Klamottensortieren geholfen. "In den USA ist diese Multikulturalität ganz normal", sagt Biochemie-Studentin Anne. Dass ihr Heimatland dagegen nur so wenige Flüchtlinge aufnehme, sei wirklich schlimm.

Momentan suchen die drei Studentinnen eine Praktikumsstelle. Denn im Februar beginnt die Praxisphase ihres Programms. Im Juli 2016 müssen sie dann zurück in die USA, das Visum läuft aus. "Aber ich komme wieder, ganz sicher", sagt Ariana. "Ich würde hier gerne arbeiten und leben." Zoe und Anne nicken heftig. "Heidelberg macht glücklich", meint Anne.

Nur ein Klischee über Deutschland müssen sie dann doch noch ausräumen. "Ihr seid gar nicht pünktlich", lacht Anne. "Mein Deutschlehrer kam ständig zu spät zum Unterricht."

Info: Wer ab Oktober 2016 einen US-Studenten aufnehmen möchte, wendet sich an die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (Telefon: 0228 / 44601140; E-Mail: nadja.bornscheuer@ giz.de). Infos: www.bundestag.de/ppp.

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