Ab 1. Januar kommt im Heidelberger Stadtgebiet der E-Tarif in Bus und Bahnen. Der Haken: Nur Smartphone-Besitzer profitieren. F: Archiv
Von Holger Buchwald
Es ist ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt. Daher ist Rüdiger Schmidt, Geschäftsführer der Unternehmensgesellschaft Verkehrsverbund Rhein-Neckar (URN), gespannt darauf, wie der elektronische Tarif (E-Tarif) in Heidelberg angenommen wird.
Herr Schmidt, können wir bereits ab 1. Januar mit dem E-Tarif für Smartphone-Nutzer rechnen?
Ja, die technischen Fragen sind geklärt. Wir hatten - in der Hoffnung, dass der Gemeinderat grünes Licht gibt - schon einmal alles vorbereitet. Jetzt, da die Entscheidung gefallen ist, wird der E-Tarif ab 1. Januar verfügbar sein. Er funktioniert über die Software "Touch & Travel". Hierfür müssen sich die Fahrgäste eine App herunterladen und sich einmalig im Internet registrieren. "Touch & Travel" funktioniert bundesweit. Wenn Sie die App aber in Heidelberg benutzen, wird automatisch der E-Tarif berechnet.
Warum haben Sie sich ausgerechnet Heidelberg für dieses Pilotprojekt ausgesucht?
Wir wollten den E-Tarif zuerst in einem kleineren Gebiet einführen, um das Ganze überschaubar zu halten. Dass Heidelberg den Zuschlag bekommen hat, ist schon ein bisschen Zufall. Allerdings passt Heidelberg ganz gut zu dem neuen Angebot. Denn hier wird schon lange über ein günstiges Kurzstreckenticket diskutiert. Mit dem E-Tarif können Fahrgäste in Ziegelhausen einen Kilometer mit dem Bus bergauf fahren und zahlen dafür 1,20 statt 2,40 Euro.
Für welche Kunden ist der neue Tarif gedacht?
Uns geht es vor allem um Gelegenheitsnutzer, die nur selten mit Bus und Straßenbahn fahren, wenn zum Beispiel ihr Auto in der Werkstatt ist. Für sie möchten wir die Hemmschwelle zum Umsteigen senken. Alle anderen, die regelmäßig unser Angebot nutzen, fahren natürlich sehr viel günstiger mit unseren Zeitkarten.
Welche Mehreinnahmen versprechen Sie sich?
Keine. Ganz im Gegenteil: Wir rechnen bei diesem Pilotprojekt sogar mit Mindereinnahmen. Daher wollen wir uns die Verluste auch zum Teil ausgleichen lassen und haben die Stadt deshalb um Zuschüsse gebeten. Mit dem E-Tarif werden wir die Tarifergiebigkeit, also die Einnahmen pro Fahrt und pro Person, nicht anheben.
Wenn das System irgendwann im ganzen Verkehrsverbund eingeführt wird, rechnen Sie aber doch sicher mit einer Zunahme bei den Fahrgastzahlen und dadurch mit höheren Einnahmen.
Ja, schon. Es gibt hierzu aber noch überhaupt keine Erfahrungswerte. Die ganze Republik schaut auf uns.
Einige Stadträte kritisierten, dass nun der E-Tarif eingeführt werden soll, es aber für Leute, die kein Smartphone nutzen können oder wollen, keinen Kurzstreckentarif gibt. Wann kommt endlich die Taste an den Fahrkartenautomaten, mit denen ich Tickets für bis zu drei Haltestellen lösen kann?
Der E-Tarif eignet sich nicht für den Automaten. Und mit seiner Einführung ist auch das Thema Kurzstreckenticket noch nicht vom Tisch. Allerdings haben wir dieses bisher aus guten Gründen noch nicht eingeführt. Jetzt wollen wir erst einmal schauen, wie die "Touch & Travel"-Variante angenommen wird. Dann wird sich zeigen, ob das Kurzstreckenticket überhaupt noch notwendig ist.
Trotzdem: Warum wurde das Kurzstreckenticket nicht schon längst eingeführt? 1,20 für maximal drei Haltestellen zu berechnen, kann ja wohl nicht so schwierig sein.
Das wäre natürlich eine lösbare Aufgabe, die aber richtig viel Geld kostet. Mit einem Kurzstreckenticket würde ich nämlich viele herkömmliche Fahrscheine durch günstige ersetzen.
In der Innenstadt wird das aber mit dem City-Tarif für 1,20 Euro schon gemacht.
Das ist der Status quo. Der ist aber ungerecht. Zwischen Hauptbahnhof und dem Karlstor sollen die Fahrgäste nur 1,20 Euro zahlen. Innerhalb von Ziegelhausen oder Kirchheim aber 2,40 Euro. Diese Ungerechtigkeit wird über den E-Tarif beseitigt.
Wann kommt der E-Tarif für den gesamten Verkehrsverbund?
Wir werden das Pilotprojekt im Laufe des Jahres 2016 evaluieren. Nach einer Marktforschungsanalyse werden wir dann entscheiden, wie es weitergeht.