Die Kindertagesstätte Klingenstraße bedarf dringend einer umfassenden Sanierung. Doch der Stadt fehlt das Geld. Foto: Marcus Deschner
Von Marcus Deschner
Hirschhorn. Für erheblichen Wirbel sorgten die Kindergartengebühren in der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Sozialausschusses am Donnerstag. Das in der Mark-Twain-Stube tagende Gremium hatte sich mit Zahlen zu beschäftigen, die der Magistrat vorgelegt hatte. Diese sahen teils kräftige Erhöhungen der bisherigen Sätze vor. Damit waren Elternbeiräte und Eltern nicht einverstanden und erschienen in großer Zahl zu der Sitzung.
Um es vorwegzunehmen: Der Ausschuss rang sich nach knapp zwei Stunden zu keiner Empfehlung durch, sondern verwies die Angelegenheit in die nächste Stadtverordnetenversammlung, die in zwei Wochen zusammentritt. Gleichzeitig wurde angedeutet, dass der Punkt auch wegen wahrscheinlich dann noch immer nicht geklärter Fragen wieder von der Tagesordnung genommen wird.
Hintergrund der Überlegungen zu einer Erhöhung der Gebühren war neben jährlich wiederkehrenden hohen Defiziten im Kindergartenbereich und einem Investitionsstau in der Hirschhorner Kindertagesstätte ein Entschluss der hessischen Landesregierung, nach dem ab 1. August der Elternanteil eines Kindes im Alter von drei bis sechs Jahren für eine tägliche Betreuung von sechs Stunden vom Land übernommen werden soll. Dafür rechnet dieses mit monatlichen Kosten von durchschnittlich 136 Euro, was in Hirschhorn ungefähr auch der Fall ist.
Allerdings geht man in der Verwaltung davon aus, dass viele Eltern nach einer Freistellung der ersten sechs Stunden ihr Kind auch ganztags in die Betreuung geben wollen. Denn die Erhöhung der Betreuungszeiten würde laut Vorlage die Eltern derzeit monatlich nur etwa 60 Euro kosten.
Da zudem die Kinderzahlen steigen, müsste zusätzliches Personal eingestellt werden, was die Finanzlücke noch vergrößern würde. Gleichzeitig sitzt das Land der Stadt durch die in der Schutzschirmvereinbarung getroffenen Abmachungen im Nacken. Die sahen teilweise Gebührenerhöhungen um zehn Prozent in den Vorjahren vor, wurden so aber nie umgesetzt. "Noch ist nichts beschlossen", stellte Bürgermeister Oliver Berthold in der Sitzung klar. Aber man sei verpflichtet, die tatsächlichen Zahlen einzubringen. Er erläuterte, dass die Elternbeiträge im Jahr 2010 nur zehn Prozent der Gesamtkosten im Kindergartenbereich abgedeckt hätten, 2017 seien es 17 Prozent gewesen.
Und das im Schutzschirmvertrag angepeilte "Konsolidierungsziel" von 330.000 Euro sei weit verfehlt worden. So habe man tatsächlich nur 190.000 Euro erreicht. Unter anderem weil die Streckung der Reinigungsintervalle vom Gesundheitsamt abgelehnt worden sei, man wieder eine Hauswirtschafterin eingestellt und die Gebühren jährlich um nur drei Prozent erhöht habe.
Aufgrund der städtischen Finanzknappheit habe man auch Investitionen in die Kindertagesstätte Klingenstraße immer wieder verschieben müssen. Um den Zustand zu ändern, machte die Verwaltung eine Modellrechnung zur Erhöhung der Gebühren unter Einbeziehung des künftigen Zuschusses vom Land auf.
Demnach müssten die Eltern für die täglich sechsstündige Betreuung eines Kindes in den ersten zwei Lebensjahren statt bislang insgesamt 5096,40 Euro künftig 9144 Euro bezahlen. Die Betreuung in den weiteren drei Lebensjahren kostete die Eltern bisher 4647,60 Euro und ist künftig kostenfrei.
Unterm Strich sparten die Eltern über die ganzen fünf Jahre betrachtet so monatlich sogar zehn Euro. Bei einer neunstündigen Betreuung entstünden hingegen Mehraufwendungen für die Eltern von monatlich 53,01 Euro, wurde ausgerechnet. Berthold gab auch zu bedenken, dass stets die Bürger die Defizite tragen müssten. Wenn nicht über eine Gebührenerhöhung für die ersten zwei Lebensjahre der Kinder, dann womöglich über höhere Grundsteuern ein Leben lang.
Zu dem "horrenden Vorschlag dieser Gebührenerhöhung" meldeten sich mehrere Eltern zu Wort und lehnten diese ab. Die Modellrechnung sehe zwar schön aus, weil die Zahlen "über die Jahre geglättet wurden", kritisierte eine Mutter: "Die geplante Erhöhung tut verdammt weh." Zumal der Kindergarten Klingenstraße "eine Bruchbude" sei. "Wenn man jetzt die Gebühren erhöht, kommen dann überhaupt noch junge Familien nach Hirschhorn?", warf ein Vater ein. Ein anderer wies darauf hin, dass umliegende Gemeinden weitaus günstigere Gebührensätze hätten.