Die Eberbacher Tierärztin Dr. Julia Link mit ihrem Beagle in der Praxis. Das Bild entstand noch in Zeiten vor Corona, inzwischen gelten auch in der Tierarztpraxis verstärkte Hygienemaßnahmen. Archivfoto: privat
Von Martina Birkelbach
Eberbach. Über die Veränderungen, die Sars-CoV-2 in die Tierwelt gebracht hat, haben wir mit Dr. Julia Link gesprochen, die seit zwei Jahren die Kleintierarztpraxis in der Eberbacher Itterburg betreibt. Die Tierärztin spricht auch über die Ansteckungsgefahr von Mensch auf Tier und umgekehrt und es geht um "Tiere unterm Weihnachtsbaum".
Frau Dr. Link, die viel diskutierte Frage zuerst: Können Tiere sich mit Sars-CoV-2 infizieren und dann wiederum andere Tiere bzw. den Menschen anstecken? Und kann ein infizierter Mensch sein Tier anstecken?
Dr. Julia Link: Mittlerweile ist bekannt, dass sich leider auch Tiere mit Covid-19 infizieren können. Hierzu zählen aber vor allem marderartige Tiere, wie in erster Linie Nerze und Frettchen. Hauskatzen können sich in sehr seltenen Einzelfällen auch mit dem Virus infizieren, wobei hier bisher in den vergangenen Monaten seit Beginn der Pandemie nur ein Fall am Friedich-Löffler-Institut bestätigt wurde. Eine Weitergabe des Erregers von Katzen an den Menschen ist jedoch nach wie vor nicht bekannt. Man ist derzeit der Meinung, dass von Haustieren keine Gefahr für den Menschen ausgeht. Dennoch sollten infizierte Personen Abstand zu ihren Haustieren halten. Hunde und Rinder haben nur eine niedrige Empfänglichkeit. Zu Pferden ist bisher nichts bekannt.
Wie würde sich eine Covid-Infektion bei Katzen auswirken?
Das ist derzeit noch nicht genau bekannt. Katzen können symptomlos sein, aber Antikörper ausbilden. In meiner Praxis ist noch kein Fall von einem infizierten Tier aufgetreten.
Wie hat die Corona-Pandemie Ihren Praxis-Alltag verändert?
Der Praxis Alltag hat sich schon stark verändert. Es werden selbstverständlich verstärkte Hygienemaßnahmen umgesetzt und die Behandlung der Tiere findet – und das bedauern wir am meisten – größtenteils leider ohne Besitzer statt, da wir in den Behandlungsräumen den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht gewährleisten können. Die meisten Tiere tolerieren das jedoch sehr gut und die Besitzer haben die Möglichkeit von außen durch das Fenster die Behandlung ihrer Lieblinge mitzuverfolgen. Die Kommunikation findet dadurch teilweise auch an der Terrassentür oder am Fenster zum Behandlungsraum statt, um den Eingangs- und Wartebereich nicht zu überfüllen. Zudem haben wir extra auf unserer überdachten Terrasse eine Sitzgelegenheit eingerichtet, um den Sicherheitsabstand zu gewährleisten. Wir danken den Kunden für ihr Verständnis und das uns entgegengebrachte Vertrauen.
Inwieweit fühlen Tiere mit, wenn sich die Menschen verängstigt fühlen?
Tiere reagieren sehr unterschiedlich auf die Gefühle ihrer Besitzer, und viele Haustiere erkennen die emotionale Situation ihrer Besitzer und zeigen sehr unterschiedliches Verhalten.
Laut diverser Berichte haben sich seit Beginn der Pandemie viele Menschen ein Haustier angeschafft. Wie macht sich das in Ihrer Praxis bemerkbar?
Die Anzahl der Neuanmeldungen von Haustieren, vor allem von Hunden und Katzen, ist bei uns in der Praxis in den vergangenen Monaten stetig gewachsen und unsere Terminsprechstunde ist sehr gut ausgebucht.
Kann ein Haustier ein Mittel gegen Einsamkeit sein?
Ja, Tiere können uns in der Einsamkeit trösten und in der derzeitigen Situation Halt geben. Aber dennoch sollte man sich nicht unüberlegt ein Haustier holen, denn ein Haustier ist kein Stofftier, dass man in die Ecke legen kann, wenn man es nicht mehr braucht. Mit der Anschaffung eines Haustieres übernimmt man eine lebenslange Verantwortung für das Tier und muss eine tiergerechte Haltung und Pflege sicherstellen.
Was raten Sie vor der Anschaffung eines Haustieres?
Man sollte sich Gedanken darüber machen. Sich auch die Frage stellen, ob man genug Zeit für sein Tier hat. Hunde beispielsweise müssen mehrmals am Tag Gassi gehen. Man muss sich überlegen, ob man das Tier eventuell mit zur Arbeit nehmen kann und wer es versorgt, wenn man krank ist oder in Urlaub fahren möchte. Eine weitere Frage ist, ob man die räumlichen Möglichkeiten hat, um ein Tier artgerecht zu halten. Man sollte sich über die Tierart und seine Bedürfnisse vorab gut informieren; welches Tier passt zu mir?
Der Tierhandel im Ausland, etwa der Straßenhunde in Rumänien, erlag zu Beginn der Pandemie den Ausfuhrbeschränkungen. Wie sieht es jetzt aus und ist es überhaupt sinnvoll, sich ein Tier aus dem Ausland zu holen?
Prinzipiell ist es sehr erfreulich, wenn man einem Tier ein tolles neues Zuhause geben kann, egal ob aus dem Ausland oder aus dem nahegelegenen Tierheim. Jedoch sollte man sich vorher genau informieren, wo das Tier herkommt und wer es verkauft, da derzeit der illegale Welpenhandel aus Massenvermehrungen leider immer noch boomt. Zudem können Tiere aus dem Ausland mit den sogenannten Auslandserkrankungen, wie etwa Leishmaniose, Ehrlichiose oder Herzwürmer infiziert sein, die gegebenenfalls eine aufwendige und teils lebenslange Therapie bedürfen.
Hunde, Katzen, Meerschweinchen und Co. können auch mit einem Klick online gekauft werden, was halten Sie davon?
Gar nichts!
"Tiere unterm Weihnachtsbaum": Ihre Meinung?
Tiere sind Lebewesen und keine Geschenke, die man bei Nichtgefallen einfach umtauschen oder zurückbringen kann. Dies sollte jedem bewusst sein.
Frau Dr. Link, vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest ohne Einsätze.